Für die neunjährige Melina aus Bedburg gibt es Hoffnung, denn für sie wurde ein passender Stammzellspender gefunden.
Flutopfer und BlutkrebsMelina aus Bedburg hofft wieder auf ein normales Leben
Was sich Melina wünscht? Eigentlich nur ein normales Leben. Alles das, was gerade nicht geht, weil sie an Leukämie erkrankt ist. „Spielen mit Freundinnen“, sagt sie. Ein Eis in ihrem Lieblingseiscafé in Bergheim-Oberaußem. Oder eine Achterbahnfahrt im Phantasialand. Das wäre mal was. Einfach mal den Spieß umdrehen. Denn Achterbahn ist bisher immer nur das Schicksal mit ihr gefahren. Melina hat mit ihren neun Jahren schon mehr Höhen und Tiefen erlebt als manche Menschen in ihrem ganzen Leben.
Bis zum Sommer 2021 hat Melina Frisch noch mit ihrer Familie in Gemünd gelebt, am Zusammenfluss von Olef und Urft. In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli kam das verheerende Hochwasser, das der Familie Frisch das Dach über dem Kopf nahm – der erste schwere Schicksalsschlag für Melina.
Das war nach der Flut unbewohnbar
„Wir haben in einem dreistöckigen Haus gelebt“, sagt Mutter Nadine Frisch. In der Nacht hätten sie nach oben flüchten müssen. Es gab keinen Weg mehr aus dem Haus. „Das untere Stockwerk stand unter Wasser.“ Und da das alte Bauernhaus zu einem großen Teil aus Stroh und Lehm gebaut ist, war es danach unbewohnbar.
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Überall in der Eifel suchten die Menschen nach der Flut nach Wohnungen. Die siebenköpfige Familie Frisch musste in ihrer Not daher bis ins rund 80 Kilometer entfernte Bedburg ausweichen, um eine neue Bleibe zu finden. Hier mieteten die Frischs zwei Wohnungen, hier fanden sie eine neue Heimat. Melina besuchte die Anton-Heinen-Schule in Kirdorf und gewann neue Freundinnen.
Doch dann schlug das Schicksal ein zweites Mal zu. Im November vorigen Jahres wurde Melina krank, Husten, Schnupfen, Fieber, eigentlich ein gewöhnlicher Infekt, dachte Mutter Nadine Frisch. Doch Melina erholte sich nicht richtig. Nach zwei Wochen war das Fieber zwar weg, aber die Neunjährige war ungewöhnlich blass.
Abermals ging es zum Kinderarzt, der ihr auch Blut abnehmen ließ. Mittwochs ging sie noch in die Schule, doch als die Ergebnisse der Blutuntersuchung eintrafen, musste Nadine Frisch ihre Tochter aus dem Unterricht holen. Verdacht auf Leukämie. „Das war der letzte Tag, an dem ich in der Schule war“, erinnert sich Melina an jenen Tag im Dezember.
Der Verdacht bestätigte sich, das Mädchen kam in die Uniklinik Düsseldorf, wo auch sofort die belastenden Chemotherapien begannen. Seitdem verbringt Melina die meiste Zeit mit ihrer Mutter im Krankenhaus, und dort zumeist in Isolation. Kontakt mit anderen Kindern ist ihr nicht erlaubt, damit sich unter den ohnehin angeschlagenen Kranken keine Infekte verbreiten können.
Die Zeit vergeht träge. Einmal am Tag kommt eine Lehrerin für eine Stunde im Krankenhaus vorbei, um den Schulstoff mit Melina durchzuarbeiten. „Ich telefoniere jeden Tag mit meinem kleinen Bruder“, sagt Melina. Auch die Oma ist ein Gesprächspartner. Mit den Schulfreundinnen schreibt sie über das Handy. Und mit der Mama spielt sie viel. Wenn Melina daheim ist, soll sie möglichst in den eigenen vier Wänden bleiben. Spaziergänge sind die Ausnahme.
Die Erleichterung bei der Bedburger Familie ist riesig
Am Mittwoch dann erreichte die Familie zuhause eine E-Mail aus dem Krankenhaus. „Es ist ein passender Knochenmarkspender gefunden worden“, sagt Nadine Frisch. Die Erleichterung sei riesig. „Diese ganze Ungewissheit seit der Diagnose war so schlimm.“
Obwohl es nun Hoffnung für Melina gebe, wolle sie weiterhin die Öffentlichkeit suchen und dazu aufrufen, sich bei der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) registrieren zu lassen, in der Hoffnung, als Stammzellspender in Frage zu kommen. Und: „Wir wollen Danke sagen. Es haben uns so viele Menschen unterstützt und sich registrieren lassen. Das war überwältigend und hat Mut gemacht.“ V
ermutlich Anfang Mai soll die Stammzelltransplantation stattfinden. Von da an muss Melina noch ein halbes Jahr mit allen Einschränkungen leben, die sie nun auch erduldet, und Medikamente nehmen. Doch dann wird sie hoffentlich Eis aus ihrer Lieblingseisdiele essen und auch endlich Achterbahn fahren können.
Die Stammzellspende
Die Stammzellspende läuft in der Regel weitaus weniger aufwendig, als viele Menschen denken. Zunächst muss man sich bei der DKMS registrieren lassen: Mithilfe des Registrierungssets macht man zuhause einen Wangenabstrich mit einem Stäbchen und schickt die Probe ein. Kommt man als Spender in Betracht, erfolgt zur Sicherheit noch eine Blutprobe. Stimmen alle Voraussetzungen, kommt es zur Transplantation.
In 90 Prozent der Fälle läuft das wie bei einer Blutspende ab, nur in zehn Prozent der Fälle sind eine Narkose und ein operativer Eingriff nötig, bei dem die Stammzellen aus dem Knochenmark etwa der Hüfte entnommen werden. Der Blutkrebspatient erhält die Stammzellspende dann wie bei einer Bluttransfusion – und erhält so die Chance auf ein neues Leben.