Der Schutz von Frauen und ihrer Kinder gegen Gewalt war Thema einer Juso-Veranstaltung im Bedburger Rathaus.
InfoveranstaltungVerein setzt sich an Rhein und Erft gegen Gewalt an Frauen ein

Janin Harig (rechts) und Sabrina Prior schildern im Rollenspiel die schwierige Situation misshandelter Mütter.
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Im vergangenen Jahr hat die Polizei des Rhein-Erft-Kreises etwa 1600 Fälle häuslicher Gewalt erfasst; die Dunkelziffer dürfte noch deutlich höher sein. Ungefähr drei Viertel der Opfer sind Frauen. Im Saal des Rathauses Bedburg schilderten Janin Harig und Sabrina Prior vom Frauenhaus Rhein-Erft, wie sie betroffenen Frauen helfen und welche bürokratischen und juristischen Herausforderungen auf Mütter warten, wenn sie eine durch Gewalt geprägte Beziehung verlassen haben.
Denn auch nach einem Umzug in das geschützte Umfeld des Frauenhauses sind sie gezwungen, binnen weniger Wochen den Vätern einen Umgang mit den gemeinsamen Kindern zu ermöglichen. Eine Entscheidung, die der Gesetzgeber zur Wahrung des Kindswohls getroffen hat, erläuterte Harig. In der Praxis tritt allerdings oft der genau entgegengesetzte Effekt ein: „Häufig sind die Kinder Zeugen geworden, wie ihre Väter ihre Mütter misshandelt haben. Dieses frühe Wiedersehen kann bei ihnen eine Retraumatisierung auslösen.“ Dazu kommt die belastende und potentiell gefährliche Situation für die Mütter, die die Kinder dem Vater übergeben müssen.
Rhein-Erft: Frauenhaus als sicherer Zufluchtsort für Opfer von Gewalt
In einem Rollenspiel rekonstruierten Harig und Prior die Odyssee der Frauen zwischen Ämtern, Gutachtern und Richtern. Stets mittendrin: die Kinder, die immer wieder ihre schlimmen Erfahrungen erzählen müssen: „Sie fühlen sich mitunter schuldig an der Gewalt in der Familie. Manche Kinder ziehen sich deshalb komplett zurück, andere werden aggressiv.“ Immer wieder kommt es dabei zu Fällen, die die Sozialarbeiterinnen trotz ihrer jahrelangen Erfahrung auch persönlich mitnehmen. So berichteten sie von einem Vorfall, als nur der entschlossene Einsatz der Kinder verhindert hat, dass ihre Mutter von ihrem Partner umgebracht wurde.
In dieser Situation kann das Frauenhaus ein sicherer Zufluchtsort sein. Gegründet 1989 von einer Gruppe von Frauen im Erftkreis, wird es heute von einem Verein getragen. Hier gibt es zehn Räume für Frauen und ihre Kinder, insgesamt 24 Plätze. Rückendeckung bekommt der Verein vom Kreis, der über seinen Haushalt den Großteil der Sach- und Personalkosten übernimmt. Dazu kommt ein kleiner Zuschuss des Landes, erläuterte Janin Harig: „So sind wir in der Situation, dass wir keine Frau aus finanziellen Gründen abweisen müssen, auch wenn wir natürlich weiter Spenden brauchen.“
Neben der Betreuung der Frauen ist das Netzwerken eine wichtige Aufgabe des Frauenhauses: „Wir tauschen uns regelmäßig mit Jugendämtern und Jobcentern aus“, berichtete Sabrina Prior, auch der Draht zur Polizei ist gut: „Häufig vermittelt uns die Polizei betroffene Frauen. Oft ist es auch möglich, dass die Frauen ihre persönlichen Gegenstände unter Polizeischutz aus ihren Wohnungen holen können.“
Für die Expertinnen steht fest: Gewalt in Beziehungen kommt in jedem gesellschaftlichen Milieu vor und kann viele Gesichter haben: „Wenn sich eine Frau plötzlich von ihren Freunden und Freundinnen zurückzieht, kann das ein Anhaltspunkt für partnerschaftliche Gewalt sein, oder wenn eine Frau in Gegenwart ihres Partners stark eingeschüchtert wirkt. Vieles zeigt sich auch anhand nonverbaler Hinweise.“
Hier kann hilfreich sein, ein offenes Gesprächsangebot zu machen, rät Sabrina Prior: „Es kommt natürlich auf die individuellen Umstände an. Viele Frauen sorgen sich, dass man ihnen die Misshandlungen nicht abnimmt. Wenn man ihnen dann signalisiert, dass man ihnen glaubt, öffnen sie sich oft von selbst.“
Spende über 7000 Euro von SPD-Organisationen an das Frauenhaus
Die Veranstaltung „Gewaltschutz rettet Leben“ wurde von der Fachstelle Gewaltprävention des Arbeiter-Samariter-Bunds, den Jusos Rhein-Erft und den SPD-Frauen Rhein-Erft organisiert. In ihrem Rahmen wurde eine Spende in Höhe von 7000 Euro an das Frauenhaus übergeben, die die beiden SPD-Organisationen rund um den Weltfrauentag vor Supermärkten im Kreis gesammelt hatten.
In den vergangenen beiden Jahren war es bei dieser Aktion immer wieder zur Konfrontation mit aggressiven Männern gekommen, auch waren einige Passantinnen bei diesem Thema in Tränen ausgebrochen, berichtete die Juso-Kreisvorsitzende Nina Wolff: „Das war in diesem Jahr anders. Wir haben nicht nur einen Rekordbetrag gesammelt, sondern sind auch mit vielen Menschen zu diesem Thema ins Gespräch gekommen.“
Das Frauenhaus Rhein-Erftkreis ist unter der Telefonnummer 02237/7689 erreichbar, seine Adresse ist geheim. Unter der Nummer 116 016 erreichen Betroffene rund um die Uhr und in 18 Sprachen das „Hilfetelefon – Gewalt gegen Frauen“. Dort sind zusätzlich auch Online-Beratungen, Beratungen in Gebärdensprache sowie in leichter Sprache möglich. Das Frauen-Info-Netz gegen Gewalt zeigt die ungefähren Standorte und die Auslastung von Frauenhäusern an.
Die Kreispolizeibehörde rät in Gefährdungssituationen unbedingt den Notruf 110 zu wählen. Betroffene und ihre Angehörigen können sich zudem an den polizeilichen Opferschutz wenden. Hinweise zum Verhalten in Akutsituationen, zu einstweiligen Anordnungen nach dem Gewaltschutzgesetz (z.B. Annäherungs- bzw. Kontaktverbot) sowie zu Rechten und Ansprüchen sind online abrufbar.