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Die Gefahr lauert überallBergheimer berät Alkoholkranke

Lesezeit 4 Minuten
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Burkhard Thom ist seit 29 Jahren abstinenter Alkoholiker, heute schreibt er Bücher über die Sucht und berät Menschen.

Bergheim – Weil die Gefahr überall und folglich auch im Himbeer-Schoko-Kuchen im Café Extrablatt lauern könnte, fragt Burkhard Thom beim Bestellen vorsichtshalber nach: „Ist da Alkohol drin? Dann hätte ich ein Problem und müsste mir etwas anderes aussuchen.“ Der freundliche Kellner schaut ein wenig verdutzt, eilt aber gleich in die Küche und kehrt mit der erhofften Antwort zurück: „Nix drin. Alkohol kostet extra.“

Erfreut gönnt sich Thom die süße Versuchung, aber ein bitterer Beigeschmack bleibt: „Mir macht es nichts aus, im Café oder Restaurant immer und immer wieder die gleiche Frage stellen zu müssen. Aber ich weiß, dass es anderen alkoholkranken Menschen peinlich ist. Weshalb schreibt man es wie bei anderen Zusatzstoffen nicht einfach auf die Karte, wenn in einem Gericht Alkohol drin ist? Der Stoff steckt nämlich in vielen Produkten, in denen man ihn nicht unbedingt vermutet, und es stimmt auch nicht, dass er sich beim Kochen komplett verflüchtigt.“

Ehe des Bergheimers stand auf dem Spiel

Weil Burkhard Thom keiner ist, der seinen Ärger tatenlos in sich hineinfrisst, steht für ihn im neuen Jahr gleich ein Besuch bei Ingrid Hartges, der Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes, im Terminkalender. „Würde der Dehoga all seinen Mitgliedsbetrieben offiziell empfehlen, Alkoholverwendung deutlich sichtbar auf den Speisekarten anzugeben, wären wir einen guten Schritt weiter. Nach meinen bisherigen Eindruck ist der Verband da durchaus aufgeschlossen.“

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Der Zievericher fordert, dass Alkohol als Zusatzstoff immer gekennzeichnet wird. 

Als seit 29 Jahren abstinenter Alkoholiker weiß der Mann aus Zieverich, wovon er spricht. „Als ich damals aufgehört habe, stand ich ganz kurz davor, meine Gesundheit, meine Ehe, meine Persönlichkeit, mein ganzes Leben durch die Trinkerei zu zerstören. Eine ganze Kiste Bier am Tag und einiges mehr war ganz normal. Ich kenne die Folgen, ich weiß aus eigener Erfahrung, wie sehr die Betroffenen und vor allem auch ihre Angehörigen leiden. Und ich weiß auch, wie schwer es ist, dauerhaft und konsequent die Finger von dem Zeug zu lassen. Weil ich so dankbar bin, es geschafft zu haben, möchte ich auch anderen dabei helfen“, erzählt der 71-jährige Rentner.

Bergheimer schrieb Bücher über Sucht

Von Ruhestand kann bei Burkhard Thom allerdings keine Rede sein kann. Seit er die Rente durch hat, ist Thoms Helfermission quasi zum ehrenamtlichen Vollzeitjob geworden. Er reist von Bergheim aus kreuz und quer durch die Republik, um in Kliniken und bei Selbsthilfegruppen Vorträge zu halten. Er berät Betroffene am Telefon, er betreibt emsig Ratgeber-Seiten und Podcasts im Internet, und er hat auch schon mehrere viel beachtete Bücher rund um die Sucht veröffentlicht.

Nach „Alkohol – Die Gefahr lauert überall“ (2016) erschien im vergangenen Jahr im Schwarzbuch-Verlag der Titel „Alkohol – Ein Hilfeschrei, Ratgeber und mehr“. Ein Blick in die fast durchweg positiven Rezensionen etwa auf Amazon zeigt, dass viele Leserinnen und Leser vor allem Thoms empathische Herangehensweise schätzen und seine Fähigkeit, persönliche Erfahrungen und Fachwissen zum Thema Sucht hilfreich miteinander zu verknüpfen. „Ich denke und schreibe nicht von oben herab, sondern als einer, der das alles selber am eigenen Leib erfahren hat“, sagt Burkhard Thom selbst.

Schwerpunkt liegt auf Angehörigen

Einen Schwerpunkt legt er auf die Angehörigen von Alkoholkranken. „Das ist eine Betroffenen-Gruppe, die oft vernachlässigt wird. Dabei gibt es in Deutschland rund zwei Millionen Alkoholiker und Alkoholikerinnen, aber etwa acht Millionen Menschen, die im direkten Umfeld leben und erheblich mitleiden“, erklärt Thom, „viele Angehörige investieren beispielsweise unglaublich viel Kraft in den Versuch, die Sucht ihres Partners vor der Außenwelt zu verbergen. Dieser Co-Alkoholismus geht zuweilen bis zur Selbstverleugnung und kann Symptome ähnlich wie bei Depressionen oder Burnouts zur Folge haben.“

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Thom selbst hat sich vor fast drei Jahrzehnten übrigens von heute auf morgen selber trockengelegt, was er heute allerdings niemandem mehr empfiehlt. „Das kann körperlich gefährlich werden und die Erfolgsaussichten sind gering. Man sollte beim Entzug und auch danach unbedingt fachmedizinische Betreuung in Anspruch nehmen.“ Auch ist Thom ein strikter Verfechter des Null-Alkohol-Ansatzes: „Ich rühre wirklich keinen Tropfen mehr an, auch nicht versteckt in Bratensoßen, Mundwasser oder Süßspeisen. Das bleibt eine lebenslange Herausforderung. Aber es lohnt sich: Ich jedenfalls bin erst ohne Alkohol ein glücklicher Mensch geworden.“