In Quadrath-Ichenedorf gab es einst eine Glashütte. Eine Legende besagte, dass die Queen Staatsgäste aus Ichendorfer Gläsern trinken ließ.
Serie „Unser Wasser“Die abenteuerliche Geschichte um den Glasbläserbrunnen Quadrath-Ichendorf
Dichtung und Wahrheit, eine geradezu kriminalistische Recherche und ein Dementi aus dem Buckingham-Palast – eine abenteuerliche Geschichte mit Legendencharakter umweht den Glasbläserbrunnen in Quadrath-Ichendorf. 1963 wurde der Brunnen mit der darauf stehenden Figur eingeweiht. Der Künstler, dem die Stadt die Skulptur verdankt, heißt, ja wie heißt er eigentlich? „Gilbert Kroff“ nennen ihn die Verfasser des Bergheimer Stadtführers „Denkmäler und Kunstwerke in Quadrath-Ichendorf, Kenten, Ahe, Thorr, Bergheimerdorf, Zieverich, Paffendorf und Glesch“, erschienen 2011.
Rüdiger Schünemann-Steffen, Verfasser des „Straßennamen-Lexikons des Rhein-Erft-Kreises“, wollte vor Jahren Genaueres über diesen Gilbert Kroff wissen, aber ein solcher Künstler schien nicht zu existieren. Schünemann-Steffen recherchierte akribisch. Ein Aufruf bei der Kölnischen Rundschau brachte Licht ins Dunkle: „Nicht Kroff habe der Mann geheißen, sondern Kruft“, hieß es später in der Redaktion.
Heinz Boecker, früherer Vorsitzender des Quadrath-Ichendorfer Heimatvereins, fand den richtigen Nachnamen in seinem Archiv. Und Josef Blum, ein Schulfreund Krufts, erzählte eine Anekdote über die Entstehung der Skulptur, die der Künstler zunächst als nackte Figur geplant hatte. Das aber gefiel dem Gemeinderat nicht, also entschied Kruft: „Ich muss däm Kähl he en Botz ahndunn!“ – Er bewarf die Männlichkeit der Figur mit Gips: „Su, do häste ding Botz!“
Kruft war 1963 Student bei den Kölner Werkschulen; er hatte sich um den Auftrag beim Gemeinderat beworben und den Zuschlag erhalten. Der Künstler zog später nach Italien, arbeitete in der Kunstgießerei Venturi Arte in Bologna und starb 2015.
Verein kümmert sich um Erinnerung an die Glashütte
Der Ichendorfer Glasbläser Hans Kirsch hatte per Foto Modell gestanden und später Irritationen unter Kennern verursacht. Sein damaliger Chef hatte ihm bei der Fotosession gesagt: „Halt die Pfeife doch mal anders!“ Michael Hölzemer erklärt: „Man sieht nur die rechte Hand am Holz, die linke dürfte mit dieser Handhaltung heftige Brandblasen davongetragen haben.“ Hölzemer ist Gründer und Vorsitzender des Vereins Ichendorfer Glasmuseum, der sich seit 2002 mit großem Engagement um die Erinnerung an die Glashütte kümmert.
Mit seiner Frau Pauline Delsing, der Schatzmeisterin des Vereins, betreibt er ein „Museum aus dem Koffer“, wie sie sagen, sie organisieren mobile Ausstellungen, zum Beispiel demnächst in den Räumen der St. Augustinus Gruppe, der Behindertenhilfe an der Hauptstraße 45-47 in Bergheim. Im Kulturbahnhof Gleis 11 an der Frenserstraße 11 sind seit einigen Jahren kunstvoll gestaltete Gläser aus der Ichendorfer Glashütte zu sehen.
Die Glashütte wurde 1898 gegründet und hatte sich im Laufe der Jahrzehnte zu einem mittelständischen Unternehmen mit bis zu 700 Mitarbeitenden entwickelt. Das Unternehmen produzierte in Spitzenzeiten täglich 30.000 Gläser, davon wurden 80 Prozent ins Ausland exportiert, es war die größte Kelchglasproduktion Deutschlands. Die Firma schloss 1986, auch ein Rettungsversuch des Burgenkönigs Herbert Hillebrand war gescheitert. Noch heute kann man Ichendorfer Glas aus Mailand beziehen.
Die Legende besagte, dass auch die britische Queen ihre Staatsgäste im Buckingham Palast aus Ichendorfer Gläsern trinken ließ. Michael Hölzemer schrieb daraufhin an den Buckingham Palast eine entsprechende Anfrage, erhielt aber 2012 die ernüchternde Antwort eines Buckingham-Beauftragten: „I'm afraid I have been unable to find anything.“ Die hoffnungsvolle Interpretation dieser Aussage: Es scheint im Archiv des Buckingham Palast eine gewisse Unordnung zu herrschen…