Das Wasser der Erft hat einst den Auwald Kerpener Broich entstehen lassen, inzwischen fehlen die regelmäßigen Überflutungen.
Sommerserie „Unser Wasser“Der Wald des Kerpener Broich dient als Hochwasserschutz
Grün schimmern Moose im gedämpften Licht unter dem Dach niedriger Gehölze auf den zerteilten Stammabschnitten der Stieleiche. Weich und nachgiebig wie ein Kissen fühlen sie sich unter der Hand an. Unter der Moosschicht zersetzten eine Fülle unterschiedlicher Käfer, Mikroorganismen und Pilze das Totholz und bildeten die Grundlage für die Artenvielfalt des Kerpener Broich, erläutert Revierförster Florian Claßen.
Zwischen einem Stück halb zersetzter Rinde und Stamm zieht er ein Netz dunkelbrauner, beinahe schwarzer Fasern hervor. Es sind Myzele des Hallimasch, der sich vom Baumgewebe ernährt. Am Sterben der Eiche habe der Pilz wohl einen wesentlichen Anteil gehabt, erklärt Florian Claßen. Der Hallimasch sei aber nur ein Faktor in einem komplexen Krankheitsgemenge von Schädlingen wie dem Eichenprachtkäfer, dem Eichensplintholzkäfer und Umweltfaktoren wie die Trockenheit der letzten Jahre.
Stieleichen, Eschen, Flatterulmen, Wildkirschen, Spitzahorne, Feldahorne und den Bergahorn benennt Claßen als die typischen Bäume in der Waldgemeinschaft des Kerpener Broich, nach Einschätzung des Revierförsters wohl der schönste und gemessen an seinem Artenreichtum wertvollste Wald im Rhein-Erft-Kreis.
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Der Förster hat tote Bäume fällen lassen, um Gefahren für Erholungssuchende abzuwenden
Nährstoffreicher Boden mit einem Übermaß an Stickstoff begünstigten die üppige Vegetation. Doch die Idylle zeigt sich getrübt, wenn Claßen auf der kurzen Strecke des Weges zwischen dem Forsthaus in der Broichmühlenstraße und dem Erftflutkanal auf hoch gewachsene, abgestorbene Eschen hinweist. Es sind kahle Baumleichen. Häufig innerhalb eines Jahres würden die Bäume an einem aus China importierten Pilz, dem Falschen Weißen Stängelbecherchen sterben. Am Wegesrand habe er die toten Bäume schon fällen lassen, um Gefahren für Erholungssuchende abzuwenden.
Dank der derzeitig kühlen und feuchten Witterung habe sich der Bergahorn – nur ein kleiner Restbestand sei geblieben – etwas erholt. Sie litten an der Rußrindenkrankheit, verursacht durch einen Pilz aus Nordamerika, der vor allem bei Trockenheit und Hitze gedeihe.
Mit gezielten Anpflanzung der typischen Auwaldbaumarten versucht der Förster die Verluste auszugleichen. Als Grundursache für die weit verbreitete Stamm- und Wurzelfäule der Bäume nennt Förster Claßen die Sümpfungsmaßnahmen, also das Abpumpen von Wasser aus den Tagebauen mit Beginn im Jahr 1953. Der Grundwasserspiegel liege heute bei etwa 200 Metern unter Flur.
Der Wald hat wie ein Schwamm große Mengen Wasser aufgenommen
Experimente vor 25 Jahren, den Wald künstlich aus der Erft zu fluten, wurden bald aufgegeben, erinnert sich Claßen. Vielen Nachteilen standen keine Vorteile für die Natur gegenüber. Das Wasser sei schnell wieder versickert, habe sehr viel Müll in den Wald geschwemmt und Neophyten wie Indisches Springkraut, die Herkulesstaude und das giftige Jakobskreuzkraut in Fülle mitgebracht.
Als Hochwasserschutz spiele der Wald nach wie vor eine große Rolle, das habe die Flutkatastrophe 2021 gezeigt. Der Wald habe wie ein Schwamm große Mengen Wasser aufgenommen. Chancen, dass aus dem heutigen, ehemaligen Auwald wieder ein echter Auwald wird, sieht Claßen derzeit nicht. Mit Rücksicht auf tief liegende Baugebiete und Autobahnen in Tieflage werde man auch nach Ende der Braunkohle weiter sümpfen müssen. Er erwarte dann einen Grundwasserspiegel von rund acht Metern unter dem Wald. Für die Wurzeln einer Auwaldvegetation bedürfe es aber eines Grundwasserspiegels von höchstens einem Meter unter Flur.
Wasser ist für die Entstehung eines sogenannten Auwaldes unerlässlich. Ein hoher Grundwasserstand und regelmäßige Flutungen sind die beiden Voraussetzung, damit ein ganz besonderer Lebensraum mit einer hohen Artenvielfalt entstehen kann. Seit 2004 ist der Kerpener Broich an der Erft nach europäischen Richtlinien als schützenswertes Fauna-Flora-Habitat Gebiet ausgewiesen und zwar als Hartholz-Auwald. Von einem „ehemaligen Auwald“ spricht der Förster Florian Claßen lieber.
Der Boden sei durch die Grundwasserabsenkungen im Rahmen der Tagebaue wieder trocken geworden, die Überflutungen blieben aus. Einen ersten Schritt zur Trockenlegung des von vielen Erftarmen durchzogenen einstigen Auwaldes habe man schon mit dem Bau des Erftflutkanals im Jahr 1867 getan. Man zwang die Erft in eine neue schnurgerade „Flut“, also in ein neues Flussbett.
Die Gründe dafür lagen auf der Hand. Die vielen Überschwemmungen des Waldes und der Felder just zur Erntezeit bereiteten Bauern Probleme. Weidevieh war durch bleihaltiges Wasser aus den Bleiminen in Kommern und Mechernich verendet, und bei den Menschen hatte sich das Sumpffieber ausgebreitet, eine Art Malaria. Seit 1953 tue die Sümpfung im Vorfeld der Braunkohlentagebaue ihr übriges zur Trockenlegung des Waldes.