Fast verhungerte AlinaStiefoma macht dem Bergheimer Jugendamt schwere Vorwürfe
Bergheim – Es gibt einen Menschen im Leben der fast verhungerten Alina, der hat das Kind von der Geburt an aus tiefstem Herzen geliebt – und dieser Mensch ist auch heute noch eine der wichtigsten Bezugspersonen für die Kleine. Es ist die Stiefoma von Alina, die im Prozess gegen die wegen versuchten Mordes angeklagte Mutter Monika S. vor dem Kölner Landgericht aussagte. In ihrer mehrere Stunden dauernden Aussage schilderte sie eindrücklich, wie sie sich die ersten Jahre um Alina und auch den ein Jahr jüngeren Bruder kümmerte.
Nachdem sich Monika S. von ihrem Ehemann – dem Sohn der Stiefoma – getrennt hatte, war es Doris W. (50, alle Namen geändert) nicht mehr möglich, Alina zu sehen. Monika S. hatte ein striktes Kontaktverbot ausgesprochen. Selbst der Ex-Ehemann, der leibliche Vater des jüngeren Bruders, durfte seinen Sohn nicht in der Wohnung besuchen, sondern musste auf der anderen Straßenseite warten, wenn er das gerichtlich erstrittene Besuchsrecht in Anspruch nahm.
Bis Alina drei Jahre alt war, hatte Monika S. der Stiefoma erlaubt, das Kind am Wochenende regelmäßig zu sich zu holen.
Fall Alina: Stiefoma sorgt finanziell für Bergheimer Familie
Doris W., die als Haushälterin in einer Familie mit Kindern arbeitet und selbst zwei Söhne großgezogen hat, sorgte sich offenbar sehr um Alina. Sie füllte der kleinen Familie, die ständig Geldsorgen hatte, nahezu täglich den Kühlschrank mit Lebensmitteln, finanzierte die Einrichtung der Vier-Zimmer-Wohnung in Niederaussem. Von der Richterin auf die finanzielle Summe angesprochen, die in all den Jahren dabei zusammen kam, antwortete sie: „Bei uns in Windeck bekommen sie dafür ein halbes Einfamilienhaus.“
Doch dankbar zeigte sich Monika S. nicht – das Gegenteil war der Fall. Die Zeugin gab vor Gericht an, ein Telefonat zwischen ihrem Sohn und Monika S. mitgehört zu haben, in dem die Mutter gesagt haben soll: „Sag der blöden Kuh, wir brauchen noch 'ne Wickelkommode, dann gibt die Alte auch mehr Kohle.“
Stiefoma wendet sich immer wieder an das Bergheimer Jugendamt
Neben der finanziellen Seite boten Doris W., ihr Ehemann und ihre gesamte Familie Alina die Förderung, die so sehr fehlte: Sie gingen mit ihr in den Tierpark oder auf den Spielplatz und malten, spielten und sangen mit ihr. Von Lebensmittelunverträglichkeiten, mit der die Mutter später die starke Gewichtsabnahme von Alina begründete, oder Verhaltensauffälligkeiten, gar geistigen Behinderungen, sei zu keinem Zeitpunkt die Rede gewesen. „Alina hat alles gegessen und getrunken und auch vertragen. Sie war ein ganz normales, fröhliches, zugewandtes Kind.“
Ab dem Zeitpunkt, als Alina nach dem Willen ihrer Mutter immer seltener zu Doris W. durfte, hatte die Stiefoma wiederholt Vernachlässigungen an der Kleinen festgestellt. „Sie hatte einen wunden, sogar blutenden Po.“ Als auch ihr Sohn wiederholt berichtete, wie nachlässig und desinteressiert Monika S. im Gegensatz zu dem jüngeren Bruder mit Alina umging, hatte sich Doris W. entschlossen, das Jugendamt zu informieren. Nicht nur einmal, sondern immer wieder, „weil nichts geschah“.
Bergheimer Jugendamt kündigte Besuche im Vorfeld an
Unverständlich fand sie die Vorgehensweise des Amtes, die Besuche der Familienhelferin grundsätzlich vorher anzukündigen. „Zwei Tage vorher wurde dann die Wohnung auf Vordermann gebracht, damit alles gut aussah.“ Empört habe sie dann nachgefragt: „Trinken Sie eigentlich nur Kaffee da oder schauen Sie sich auch mal die Kinder an?“ Denn die Kinder seien ungepflegt gewesen.
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Doris W. hatte Alina vom ersten Tag im Krankenhaus, als sie den Hungertod vor Augen hatte, regelmäßig besucht. Mit Tränen in den Augen schilderte die Stiefoma die rasante Entwicklung, die Alina seitdem durchgemacht habe: Fast schon „moppelig“ sei Alina inzwischen, „ungemein wissbegierig, fröhlich, lacht viel“. Und sie habe mit ihrem „charmanten Wesen das komplette Klinikpersonal um den Finger gewickelt“. Inzwischen lebt Alina in einem Kinderheim, wo sie regelmäßig von Doris W. besucht wird. „Ich tue alles, was in meiner Macht steht, um Alina zu helfen“, betonte sie vor Gericht.
Polizei findet „überall totes und lebendes Ungeziefer“
Ein Beamter der Kriminalpolizei schilderte am Freitag vor Gericht den desolaten Zustand der Wohnung. Die Beamten hatten die Räume durchsucht, nachdem Alina in lebensbedrohlichem Zustand ins Krankenhaus gebracht worden war.
„In den Räumen war überall totes und lebendes Ungeziefer, verschimmelte Essensreste, meterhohe Müllsäcke und eine verdreckte Voliere mit zwei Frettchen“. Die Tiere hatten Flöhe. Monika S. sei „geschockt“ gewesen über den polizeilichen Einsatz.
Wo war Alina am 21. August, als ihr Zustand bereits lebensbedrohlich war und das Jugendamt vergeblich vor der Tür stand? Monika S. hatte behauptet, das Kind sei bei Bekannten. In den Akten ist von dem Verdacht die Rede, die Mutter habe Alina im Schrank versteckt.
Handyauswertungen ergaben nach Auskunft des Beamten, dass das Paar sehr wohl um den bedrohlichen Zustand des Kindes wusste. „Er hat Angst, dass Alina eines Tages da liegt und nicht mehr aufwacht,“ schrieb Monika S. in ihrem Handy.