Der 40-jährige Bergheimer soll in anderen Fällen schon mehrfach den „Hitlergruß“ gezeigt und „Heil Hitler“ gerufen haben.
GerichtsverfahrenNeue Erkenntnisse nach Prügelattacke durch die Polizei in Bergheim

Ein Video wurde von der Gewaltattacke gedreht. Dort ist zu sehen, wie die beiden Polizeibeamten auf den Bergheimer einprügeln.
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Die Szenen auf dem Video wirken verstörend. Zwei Polizisten in Bergheim sollen einen Randalierer einen Tag vor Heiligabend am Eingang vor einem Mehrfamilienhaus am Wohnpark Zieverich mit rabiaten Methoden überwältigt haben. Einer der Beamten prügelte auf den Mann mit einem Schlagstock ein und verpasste ihm Tritte, während sein Kollege den Rucksack des Opfers wegwarf und auf seinem Kopf eine Pfefferspraydose zertrümmerte. Anschließend nahmen die Beamten den Mann mit in die Gewahrsamszelle.
In der folgenden Strafanzeige auf der Wache schrieben die beiden Beamten eine Strafanzeige wegen Widerstands gegen Vollzugsbeamte. Offenbar ahnten die Anzeigenerstatter nicht, dass ein Anwohner die Szene per Handy gefilmt hatte. Der Clip, der kurz nach dem Vorfall im Internet kursierte, zeigte keine Widerstandshandlungen des Opfers. Die Aufnahme deutete vielmehr auf unrechtmäßige Polizeigewalt hin. Daraufhin leitete die Vorgesetzten auf der Wache in Bergheim Ermittlungen gegen die beiden Polizisten ein. Die beiden Beamten wurden nach wenigen Tagen von Dienst freigestellt. Die Ermittlungen übernahmen Beamte des Polizeipräsidiums in Köln.
Bergheim: Wahrscheinlich ist eine Anklage wegen Körperverletzung
Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus Ermittlerkreisen erfuhr, neigen sich die Nachforschungen in dem Fall dem Ende zu. Mehrere Gespräche führten die Ermittler in den vergangenen Wochen. Offenbar läuft das Verfahren auf eine Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung zu. Die tatverdächtigen Polizisten haben bisher zu den Vorwürfen geschwiegen. Der Bochumer Anwalt Michael Emde, der einen der beiden beschuldigten Beamten verteidigt, wollte sich nicht zur Verdachtslage äußern, sondern „erst einmal das Ergebnis der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen abwarten“.
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Das mutmaßliche Opfer hatte Anfang Januar im Gespräch mit dieser Zeitung seine Erlebnisse geschildert. Früher habe es wegen seines Alkoholkonsums „auch schon mal Probleme mit der Polizei“ gegeben. Aber so einen Ausbruch von Gewalt gegen ihn habe er noch nicht erlebt.

Ein Video, das in sozialen Netzwerken kursiert, zeigt offenbar einen Angriff von zwei Polizisten auf einen Mann im Wohnpark Zieverich. Der Vorfall soll sich bereits im Dezember zugetragen haben.
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Den Ermittlungen zufolge soll ein Streit mit der Freundin des späteren mutmaßlichen Opfers den Einsatz ausgelöst haben. Offenbar hatte 40-jährige Arbeiter ordentlich dem Bier zugesprochen, als er seine Freundin aufforderte, ihn in die gemeinsame Wohnung zu lassen. Ein späterer Test ergab einen Wert von zwei Promille, heißt es. Die Frau aber weigerte sich, die Tür zu öffnen. Der Mann soll an der Haustür so laut geworden sein, dass Nachbarn die Polizei riefen. Die beiden Einsatzkräfte sollen einen Platzverweis ausgesprochen haben. Als der Mann nicht gehen wollte, sollen die Polizisten ohne Vorwarnung zugeschlagen haben. In seinem Rucksack fanden sich einige Bierflaschen. Später dann sollen die Beamten in der Strafanzeige das Tatgeschehen verfälscht haben.
Nach Recherchen dieser Zeitung ist der 40-Jährige in der Vergangenheit bereits häufiger wegen rechtsextremer Staatsschutzdelikte bei Justiz und Polizei aktenkundig geworden. So erhielt der eine Geldstrafe wegen Volksverhetzung. Ferner wurde er wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen ebenfalls zur Kasse gebeten. Zwei Anklagen sind bei Gericht noch anhängig.
Eine Hauptverhandlung sollte eigentlich am 9. Januar vor dem Amtsgericht in Bergheim stattfinden, die jedoch kurzfristig aufgehoben wurde, weil eine Beiakte nicht vorlag. Ein neuer Termin steht noch nicht fest. „Dem Angeklagten wird in diesem Verfahren die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in drei Fällen, davon in zwei Fällen tateinheitlich mit Beleidigung vorgeworfen. Er wird unter anderem beschuldigt, den „Hitlergruß“ gezeigt beziehungsweise „Heil Hitler“ gerufen zu haben“, schreibt das Amtsgericht auf Anfrage dieser Zeitung.
Der 40-jährige Bergheimer war am Mittwoch für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Wann die polizeilichen und staatsanwaltlichen Ermittlungen abgeschlossen sein werden, ist noch unklar.