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Deutschlandzentrale in BergheimHändler AO will Amazon und Otto Konkurrenz machen

Lesezeit 4 Minuten

Täglich werden mehrere Tausend Haushaltsgeräte in Bergheim an- und ausgeliefert.

Bergheim – „Ende November erst der Black Friday, an dem wieder drei- bis viermal so viele Bestellungen wie an normalen Tagen eingegangen sind. Jetzt der Endspurt im Weihnachtsgeschäft, und im Januar kommt dann erfahrungsgemäß eine weitere große Nachfragewelle, auf die wir uns jetzt schon vorbereiten müssen. Man kann schon sagen: Bei uns brennt im Moment die Hütte. Aber keine Sorge: Wir haben alles im Griff.“

Christian Thieme bleibt auch im größten Stress gelassen. Der Deutschland-Manager des Online-Händlers AO untertreibt zudem gern ein wenig. Denn die „Hütte“, von der er spricht, ist mit rund 33.000 Quadratmetern Nutzfläche so groß wie fünf Fußballfelder. Und sie brennt zum Glück auch nur im übertragenen Sinn. Es wäre auch schade um Zigtausende Kühlschränke, Herde, Waschmaschinen, Trockner, Fernseher und andere Haushaltsgeräte, die in der riesigen Halle westlich von Paffendorf darauf warten, an Kundinnen und Kunden in ganz Deutschland ausgeliefert zu werden.

AO-Chef: „Das Rheinland ist für uns sehr günstig gelegen“

2014 wagte der Online-Versand AO aus Großbritannien, der auf seinem Spezialgebiet „weiße Ware“ seit mehr als 20 Jahren zu den Marktführern zählt, den Sprung nach Deutschland. Die erste Halle in Bedburg wurde schnell zu klein. Schon 2016 stand der Umzug in den Neubau an der Ben-Cammarata-Straße in Bergheim an.

Christian Thieme managt das Deutschlandgeschäft.

„Das Rheinland ist für uns strategisch und verkehrstechnisch sehr günstig gelegen. Von der Bergheimer Zentrale aus beliefern wir über Nacht mit großen Lkw 17 AO-Umschlagslager im gesamten Bundesgebiet und von dort mit unseren Auslieferfahrzeugen unsere Endkunden“, berichtet Thieme. „Bestellungen aus dem näheren Umkreis gehen direkt in die Kundenhaushalte.“

Bergheim: AO will Amazon und Otto Konkurrenz machen

Im Angebot hat ao.de – die englische Abkürzung steht für „Appliances Online“ („Haushaltsgeräte Online“) – zwar auch kleinere elektrische Haushaltshelfer wie Kaffeemaschinen, Staubsauger und Mikrowellen sowie TV- und Audiogeräte. Dieses Segment soll ausgebaut werden, doch noch werden etwa 90 Prozent des deutschen Jahresumsatzes (rund 270 Millionen Euro) mit weißer Ware erzielt. Hier hat AO alle namhaften Hersteller im Programm und will Branchenriesen wie Amazon oder Otto Konkurrenz machen.

„Das Großgeräte-Sortiment erfordert ein spezialisiertes Logistik- und Liefersystem. Immerhin schicken uns die Hersteller an manchen Tagen bis zu 5000 Einheiten, von den viele nach kurzer Verweilzeit gleich wieder ausgeliefert werden“, sagt Logistik-Chef Marcus Weiss. Die gut 150 logistischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Bergheim sind an sechs Tagen in der Woche im Dreischichtendienst im Einsatz und müssen rund 70.000 Geräte im Blick behalten, die in Blöcken oder Hochregalen bis unters 13 Meter hohe Hallendach gestapelt sind.

Logistik-Chef Marcus Weiss (2.v.r.), Christian Brüggemann, Michael Klink und Kevin Kesap sowie rund weitere 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bilden die Bergheimer Mannschaft des Online-Elektrohändlers AO.

Für Laien ist das Gewusel der kreuz und quer durch die Halle düsenden Gabelstapler schwer zu durchschauen, doch man entdeckt auch Einrichtungen, die in einer solchen Halle nicht unbedingt erwartet werden. So gibt es eine Recycling-Station, wo Styroporteile und Pappe für die Wiederverwertung aufbereitet werden. Im hauseigenen Fotostudio werden Produktbilder für die Internetplattformen angefertigt. Und es gibt einen Retourenbereich, wo jedes vom Kunden zurückgeschickte Gerät von Technikern gecheckt wird. „Viele dieser Sachen können wir nach gründlicher Prüfung beispielsweise als neuwertige B-Ware auf Ebay anbieten“, erläutert Retouren-Experte Michael Klinke.

Verschiedene Bereiche in Bergheim zuhause

Auch die Personalverwaltung, die Finanzbuchhaltung, die Online-Bestellannahme und nicht zuletzt die Abteilung Kundenservice mit einem großen Callcenter sind in Bergheim untergebracht.

„Der Kundenservice ist bei AO tatsächlich das A und O“, betont Thieme, „das ist neben guten Preisen der entscheidende Bereich, in dem wir uns auf dem hart umkämpften Online-Versandmarkt positiv von unseren Mitbewerbern abheben wollen.“ Unter anderem setze man auf versierte Telefonberatung bei technischen Fragen, auf eine zeitgenaue Lieferung zum vereinbarten Termin und auf einen Bringservice mit Zwei-Mann-Teams und eigener Fahrzeugflotte. Die Lieferung endet bei AO nicht an der Bordsteinkante, sondern am von den Kunden gewünschten Aufstellort – auch wenn es mal in die oberste Hochetage geht. Aber auch für ein gutes Betriebsklima in der rund 400-köpfigen Belegschaft wird einiges getan.

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Auszeichnungen durch namhafte Branchenportale und viele positive Kundenbewertungen dienen Thieme als Beleg für die richtige Strategie. Und manchmal knallen im Zentrallager auch die Sektkorken – so Ende vergangenen Jahres, als das zweimillionste AO-Deutschland-Gerät ausgeliefert wurde.