Kaltherzig und gehemmtPsychologen stufen Alinas Mutter als schuldfähig ein
Bergheim/Köln – Was geht in Menschen vor, die tage-, wochen- und monatelang dabei zusehen, wie ein Kind immer schwächer wird, weil es dem Hungertod nahekommt? Monika S. (24, alle Namen geändert) und ihrem ein Jahr jüngeren Partner war wohl bewusst, dass sich die damals fünfjährige Alina Anfang 2020 in einem lebensbedrohlichen Zustand befand.
Wie anders ist die Äußerung des Partners zu verstehen, der sich fragte, ob Alina „eines Morgens einfach nur noch da liegt und nicht mehr aufwacht“. So dokumentiert es ein Chatverlauf auf dem Mobiltelefon von Monika S. Die Antwort auf die eingangs gestellte Frage versuchten Psychologen und Psychiater am neunten Verhandlungstag vor dem Landgericht zu geben. Dort sitzen Monika S. und ihr inzwischen Verlobter wegen versuchten Mordes auf der Anklagebank.
Der Aachener Psychologe Hans Jürgen Kunert hatte Monika S. sieben Stunden in der Haft untersucht und sie einem mit 1000 Fragen umfassenden Testverfahren zur Frage der Intelligenz und Persönlichkeit unterzogen. Dabei hat er einen Intelligenzquotienten (IQ) von 108 Punkten (Durchschnitt: 100) festgestellt: „Sie hat intellektuelles Potenzial“, sagte Kunert. Weniger positiv sind hingegen die charakterlichen Defizite, die der Sachverständige hervorhob. Von „Empathiemangel, Kaltherzigkeit und geringer Frustrationstoleranz“ war die Rede. Monika S. sei „misstrauisch, gehemmt und extrem selbstbezogen“. Sie sei „kaum in der Lage, sich den Anforderungen des Alltags zu stellen“. Was Verantwortungslosigkeit, Unzuverlässigkeit, fehlende Hilfsbereitschaft und Kritikfähigkeit betrifft, sprach der Gutachter bei Monika S. Von einem „Pulverfass“. Die Mutter neige dazu, aufgrund ihres manipulativen Verhaltens „andere, für sich arbeiten zu lassen, um ihre Interessen durchzusetzen“ und gebe gern dann auch „anderen die Schuld für Dinge, die sie zu verantworten hat“. Monika S. verspüre „keinen Leidensdruck“ und handele nach dem Prinzip: „Alles ist gut, wir kriegen das schon hin.“
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Weil sie aber auch immer wieder Phasen habe, „wo sie gut funktioniert“, seien bei ihr die „extrem ausgeprägten Defizite“ lediglich Persönlichkeitsakzentuierungen und nicht etwa krankhafte Störungen, die eine verminderte Schuldfähigkeit nach sich ziehen würden, betonte Kunert. Dies ist bedeutsam für die strafrechtliche Verantwortlichkeit.