AboAbonnieren

„Das war entwürdigend“Stadtrat fordert nach Vorfall öffentliche Toiletten in Bergheim

Lesezeit 3 Minuten

Stadtrat Winfried Kösters meint, in Bergheim fehlen öffentliche Toiletten.

Bergheim – In Bergheim fehlen öffentliche Toiletten. Das meint Stadtrat Winfried Kösters (parteilos, FDP-Fraktion). Er hat Bürgermeister Volker Mießeler einen Brief geschrieben, in dem er von einem Anruf berichtet, der ihn sehr beschämt habe.

Ein 90-jähriger Bergheimer, dessen Namen er nicht nennen wolle, habe ihm erzählt, dass er, weil er in der Innenstadt keine öffentliche Toilette gefunden habe, sich an den Rand gestellt und in die Hose gemacht habe. „Für mich war das entwürdigend“, schreibt Kösters. Der Mann habe hörbar darunter gelitten, was ihm widerfahren sei. „Es hat mich zutiefst beschämt.“

Personal eines Cafés lässt Bergheimer nicht auf die Toilette

Der Mann müsse nahezu jede Stunde eine Toilette aufsuchen, in der Regel gehe er dafür in Cafés, berichtet Kösters. Momentan hätten die aber alle geschlossen und das Personal einer Bäckerei habe ihn nicht auf die Toilette gehen lassen, unter Berufung darauf, dass wegen der Pandemie alles zu sei.

Kösters verweist darauf, dass bereits 1999 der erste Bergheimer Ortsvorsteher Axel Damerow eine öffentliche Toilette in der Innenstadt gefordert habe. Außerdem, sagt Kösters, werde die Gesellschaft immer älter. Das sei seit Jahren klar. „Dass Menschen in jedem Alter am gesellschaftlichen Leben teilhaben sollten, müsste auch politischer Konsens sein.“ Das setze aber voraus, dass man jederzeit seine Notdurft verrichten könne, ohne dafür erst einkehren zu müssen.

„Die Kreisstadt Bergheim bedauert den Sachverhalt“

„Die Kreisstadt Bergheim bedauert den beschriebenen Sachverhalt“, heißt es aus dem Rathaus. Es gebe öffentliche Toiletten an den Friedhöfen in Bergheim, Niederaußem, Oberaußem und Quadrath-Ichendorf montags bis donnerstags von 7 bis 16, sowie freitags von 7 bis 13 Uhr. Zu den Öffnungszeiten könnten Menschen auch im Rathaus, im Medio, im Kaufland und im Intro auf Toilette gehen. Für Winfried Kösters ein nur schwacher Trost: „Je nachdem, wo der 90-Jährige steht, kommt er nicht mehr schnell genug dorthin.“

Die Verwaltung teilt aber auch mit, dass im Rathaus eine weitere öffentliche Toilette in Planung sei, „je ein von außen und ein von innen zugängliches separates Behinderten-WC“. Aus Schutz vor unbefugtem Zutritt dürften diese beiden Toiletten nicht untereinander verbunden sein. „Die Toilette wird barrierefrei und rollstuhlgerecht sein.“ Allerdings nicht für jeden zugänglich, sondern nur für Menschen, die einen Euro-Schlüssel besitzen, einen Einheitsschlüssel für Menschen mit körperlicher Behinderung, die damit Zugang zu behindertengerechten sanitären Anlagen und Einrichtungen erhalten.

Das könnte Sie auch interessieren:

Es wird derzeit der Ausschnitt in der Rathausfassade geplant, im ersten Quartal des kommenden Jahres soll alles fertig sein. Für Veranstaltungen in der Innenstadt werden zudem rollstuhlgerechte Dixi-Toiletten aufgestellt.

„Alle anderen Menschen werden aber damit bis auf weiteres die öffentlich zugänglichen Toiletten im Intro und im Kaufland von 7 bis 22 Uhr und darüber hinaus – sofern in diesen Zeiten geöffnet – in Gaststätten oder bei Veranstaltungen im Medio zur Verfügung haben“, schreibt die Verwaltung.