Der Bergheimer Ortsteil Ahe gilt als sozialer Brennpunkt. Hier herrschen Armut, Arbeitslosigkeit und Resignation. Doch das ändert sich langsam.
Sozialer BrennpunktWie aus Bergheim-Ahe ein Vorzeigequartier werden soll
Der kleine Ortsteil Ahe ist das Sorgenkind der Kreisstadt. Hier leben Menschen aus 59 Nationen. Ein Fünftel davon ist arbeitslos. Und fast die Hälfte der Kinder und Jugendlichen ist abhängig von staatlichen Leistungen.
Doch Ahe hat auch viel Potenzial: Der Ortsteil bietet Platz für zwei weitere Neubaugebiete, die Menschen sind deutlich jünger als im Bergheimer Schnitt. Die Stadt will dieses Potenzial nun nutzen – und den Menschen in Ahe eine andere Perspektive geben. Ortsbürgermeister Winfried Kösters, der Leiter der Stabsstelle nachhaltige Sozialplanung Tom Juschka und Kämmerer Matthias Esser erklären, wie das funktionieren soll.
Bergheim: Ahe ist tief gespalten
Das größte Problem sei, der aufkeimenden Resignation in der Aher Bevölkerung entgegenzuwirken, sagt etwa Kösters. „Wir müssen den Menschen wieder Mut machen.“ Mut machen — das sollen auch die drei Strategiekonferenzen. Auf ihnen haben Stadt und Bürger Ideen gesammelt, wie sich das Leben im Ortsteil verbessern lässt. Das Ergebnis: ein Leitbild, an dem sich alle künftigen Maßnahmen in Ahe orientieren sollen.
Das Leitbild sei aus der Mitte heraus entstanden, erläutert Kösters. „Von den Menschen, die in Ahe leben oder dort beschäftigt sind. Das Leitbild besteht aus Punkten, an denen alle arbeiten wollen.“ Gemein ist allen Punkten das Ziel, die Menschen, Generationen und Kulturen im Ort zusammenzuführen. Doch das ist laut Kämmerer Matthias Esser nicht einfach: „Ahe ist tief gespalten zwischen dem alten Ort, dem Neubaugebiet und dem Wohnpark“, sagt er.
Investitionen in Bildung und Jugendarbeit
Die ersten fünf Projekte zielen dementsprechend auf alle Aher Bürger ab. Noch 2023 soll die Kinder- und Jugendarbeit im Ort ausgebaut werden, im September ist ein Interkultureller Tag geplant. Außerdem wollen Kösters und die Stadt die medizinische Versorgung und die vorschulische Bildung in Ahe verbessern.
„Kein Kind vom Elternhaus in die Schule“ heißt das entsprechende Programm. Auch die Aufwertung des Stadtteils lässt sich die Verwaltung einiges kosten. 800.000 Euro will sie investieren, um das leerstehende Gebäude Wohnpark 18 zu kaufen. 700.000 Euro fließen in einen Kunstrasenplatz, 31.000 Euro in die Jugendförderung.
Den größten Teil machen Investitionen in Bildung aus: Für vier Millionen Euro erweitert die Stadt die Grundschule am Schwarzwasser. Für sechs Millionen Euro baut sie einen sechsgruppigen Kindergarten. Zudem gibt es Gespräche mit Investoren über den Bau von altersgerechten Wohnungen oder eines Versorgungsunternehmens.
Auch eine Kinderärztin will die Stadt nach Ahe holen. In Richtung Sindorf und in Richtung Heppendorf gibt es noch Platz für Baugebiete. Sollten Stadt und Investoren alle ihre Pläne wahr machen, ist für mögliche Neubürger direkt gesorgt. „Wir kümmern uns um die nötige Infrastruktur. Neue Leute können wir also sofort einbinden“, erläutert Juschka.
Fast die Hälfte der Jugendlichen lebt von Sozialleistungen
Doch für Kösters, Juschka und Esser steht auch fest: Es braucht Geduld. „Das wird kein Sprint, sondern ein Marathon“, sagt Kösters. Ende vergangenen Jahres hatten 3964 Menschen in Ahe ihren Hauptwohnsitz. Mit 42,3 Prozent hatte fast die Hälfte davon keinen deutschen Pass. Ein Sechstel der Menschen in Ahe hat die rumänische Staatsbürgerschaft. Dahinter folgen mit großem Abstand polnische, marokkanische, spanische und türkische Staatsbürger. Eine kleine Anzahl Aher kommt aus Syrien, der Ukraine, Afghanistan und dem Irak. Mehr als ein Viertel der Aher Bürger ist unter 18 Jahren alt — und davon wiederum leben laut Daten der Stadtverwaltung rund 49 Prozent von sozialen Transferleistungen.
Der Titel des neuen Leitbilds — Aktiv Heimat Erleben — ist übrigens ein Apronym. Die Anfangsbuchstaben der drei Wörter ergeben den Ortsnamen „Ahe“. Zufällig ist der Titel nicht ausgewählt worden. Er steht symbolisch für das Ziel aller Beteiligten: Die Menschen sollen sich mit ihrem Ortsteil identifizieren können.