AboAbonnieren

Neuer AnbieterAngehörige empört über Kostenanstieg in Brühler Seniorenheim

Lesezeit 3 Minuten
Zu sehen ist der Senioren-Wohnpark Brühl.

Im Senioren-Wohnpark Brühl haben sich die Serviceleistungen erheblich verteuert.

Der neue Dienstleister wirbt angesichts hoher Personalkosten um Verständnis für seine Kalkulation.

Irgendwo zwischen Unverständnis und Wut bewegt sich die Gemütslage bei Helga Obladen-Huthmacher. Ihre 90-jährige Mutter lebt seit 2021 in einem Seniorenheim am Brühler Balthasar-Neumann-Platz. Sie kann kaum noch gehen, braucht Hilfe, um den Alltag zu bewältigen.

Vieles erledigen Tochter und externe Dienstleister. „Trotzdem benötigt sie noch kleinere Serviceleistungen, wie etwa das Annehmen von Postpaketen oder auch eine Reaktion, wenn sie ihr Notrufarmband betätigt“, erklärt Obladen-Hutmacher.

Bisher habe die Mutter zusätzlich zur Miete 150 Euro gezahlt und derartige Leistungen durch das Personal des Hauses in Anspruch genommen. Durch die Insolvenz des Betreibers, der Bielefelder Levantus-Gruppe, habe sich dies Anfang März 2024 jedoch verändert.

Tochter beschreibt emotionale Reaktion auf Preissteigerung

„Der neue Servicedienstleister fühlt sich an den alten Vertrag nicht mehr gebunden. Er bietet den Bewohnern stattdessen einen neuen Servicevertrag an, mit Leistungen, die meine Mutter gar nicht benötigt – das soll nun 475 anstelle der bisherigen 150 Euro kosten. Also mehr als dreimal so viel“, erklärt sie.

Ihre Mutter können sich dies schlichtweg nicht leisten. „Nach Bekanntwerden der Preise habe ich ältere Menschen weinend im Haus angetroffen. Für mich hat dieses Geschäftsgebaren etwas von Erpressung“, sagt Helga Obladen-Huthmacher. Weil sie den neuen Vertrag nicht abgeschlossen habe, würden keine Pakete mehr angenommen und „der Notruf darf nicht mehr an die Pforte gerichtet werden“.

Stattdessen habe man ihr gegenüber erklärt, andere Seniorenwohnheime in Brühl riefen ähnliche Preise auf. „Ja, dort ist es teurer – aber dort weiß man seine Angehörigen wenigstens gut versorgt“, echauffiert sie sich mit Blick auf die jüngste Pleite des Betreibers, der zuvor bereits zwei weitere vorausgegangen waren.

Tatsächlich hatte erst 2019 die Convivo-Gruppe das Haus übernommen. Nach deren Insolvenz war die Levantus-Gruppe seit 2023 am Ruder, ehe auch diese Gesellschaft insolvent ging und aus dem Levantus Park der Senioren-Wohnpark Brühl wurde.

Losgelöst vom Vermieter, der nicht von der Insolvenz betroffenen FR Real Estate, erbringt nun Jan Hillmann mit seiner Gesellschaft die besagten Serviceleistungen im Haus.

Mein Preis beruht anders als der über viele Jahre nicht angepasste vorherige auf einer realistischen Kalkulation
Serviceanbieter Jan Hillmann

Er bestätigt, dass der von ihm als „Paket Regeldienstleistungen“ angebotene Service „exakt die gleichen Leistungen umfasst wie vorher der Grundservice-Vertrag“. Dazu zählen etwa die 24-Stunden-Besetzung der Pforte, die Bereitstellung von Personal, das beim Eingang von Notrufen die erforderlichen Schritte einleitet, eine Beratung bei der Wohnraumgestaltung für die Anpassung an sich verändernde Lebenssituationen und die Bereitstellung von Gemeinschaftsräumen für private Feiern.

Auch die Preisanpassung von vormals 150 auf 475 Euro bestreitet er nicht. „Mein Preis beruht anders als der über viele Jahre nicht angepasste vorherige auf einer realistischen Kalkulation. Ich strebe bei einer Auslastung des Hauses von über 90 Prozent eine schwarze Null an“, sagt er. Noch liege die Auslastung bei 80 Prozent.

Hohe Kosten, um die Mitarbeiter zu entlohnen

Hillmann verweist auf hohe Kosten insbesondere, um seine Mitarbeiter zu entlohnen. Allein die Besetzung der Rezeption erfordere fünfeinhalb Vollzeitjob-Stellen. Hinzu kämen Ausgaben für Miete, Energie und externe Buchhaltung. Bislang sei bei Weitem nicht kostendeckend gearbeitet worden, erklärt er. Drei Insolvenzen in den vergangenen Jahren seien dann auch kein Zufall.

Hillmann betont jedoch, jene Bewohner nicht zu benachteiligen, die nicht direkt seine Kunden seien. Wer die Service-Pauschale weiterhin über den Vermieter entrichte, erhalte von ihm dieselben Dienste wie die eigenen Kunden. Also auch Hilfe bei Notfällen.

„Die Kosten dafür werde ich dann dem Vermieter in gleicher Höhe in Rechnung stellen“, sagt er. Es sei damit zu rechnen, dass der Vermieter seine Verträge dann auch anpasse. „Aber das ist nicht meine Entscheidung“, so Hillmann. Die eigenen Kunden könnten weitere Dienstleistungen buchen. Auch seien Leistungen aus Kulanz möglich. Dazu gehöre etwa die Annahme von Paketen.