Während die rot-grüne Ratsmehrheit zukunftsweisende Projekte sieht, kritisieren die politischen Gegner die Wirtschaftspolitik.
Haushalt beschlossenIn Brühl wächst der Schuldenberg um 24 Millionen Euro
Brühl wird 2025 kräftig Schulden machen. Der mit den Stimmen des rot-grünen Mehrheitsbündnisses und Eckhard Riedel (Volt) verabschiedete Haushalt sieht bei Erträgen in Höhe von 171,9 Millionen und Ausgaben von 196 Millionen Euro ein Defizit von 24,1 Millionen Euro vor. Diese Zahlen weichen vom Haushaltsentwurf ab, den Bürgermeister Dieter Freytag (SPD) Ende Oktober vorgestellt hatte.
Ein „ganz aktuell durchgeführtes Controlling“ hat eine Verbesserung von rund 5,9 Millionen ergeben, sodass 2024 lediglich mit einem Defizit von 14,8 Millionen Euro gerechnet werde, so die Verwaltung. „Die schlechten Jahre verschieben sich aber nur“, erklärte Kämmerer Rolf Radermacher. Zwar ist 2025 ein Verzicht auf eine Gewinnentnahme bei den Stadtwerken möglich, der tiefe Griff in die Kasse des Versorgers ist jedoch 2026 in Höhe von 16,6 Millionen Euro und 2028 (15 Millionen) vorgesehen, um zu vermeiden, ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen.
Unmittelbar auf die Bürger wirkt sich die Schieflage im Haushalt nicht aus: 2025 wird es in Brühl keine Steuererhöhungen geben. Die werden aber in den folgenden Jahren kommen. So soll 2026 der Gewerbesteuersatz von 460 auf 500 Punkte steigen und ein Jahr später der Hebesatz für die Grundsteuer B von 700 auf 900 angehoben werden.
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CDU kritisiert kurzfristige Information über neue Zahlen scharf
CDU-Vize Frank Pohl, der den erkrankten Vorsitzenden Holger Köllejan vertrat, kritisierte die kurzfristige Information scharf: „Meiner Fraktion stellt sich die Frage, warum dieser Controlling-Bericht erst wenige Tage vor Jahresende durchgeführt wurde. Diese Vorgehensweise ist ein Schlag ins Gesicht der ehrenamtlich tätigen Ratsmitglieder, die viele Stunden über einen Haushaltsentwurf beraten, der am Ende ohnehin obsolet ist.“
Wenn Freytag den Eindruck erwecken wolle, dass er ein gut bestelltes Feld hinterlasse, sei das mitnichten so. „Fakt ist und bleibt, dass dieser Haushalt 2025 hochdefizitär ist und für die Zukunft Schlimmes befürchten lässt“, so Köllejan. Er kritisiert die hohen Personalkosten, die in Brühl deutlich über dem Kreisdurchschnitt lägen. Jochem Pitz, Fraktionschef der FDP, stimmte zu: „Den Verwaltungsapparat auf eine solche Größe wie heute aufzublähen“, sei ein entscheidender Fehler.
Pitz beklagte fehlenden Willen zu sparen und Projekte wie den Bürgerpark in Brühl-Ost für über drei Millionen und die Umgestaltung des Clemens-August-Campus für 3,9 Millionen Euro kritisch zu hinterfragen. Er forderte: „Die Stärkung der Gewerbebetriebe muss ganz oben auf der Agenda stehen.“ In diesem Punkt folgte ihm Markus Hausmann (Bündnis Deutschland). „Brühl muss attraktiver für Gewerbeansiedlungen werden“, sagte er und sprach sich für „eine Revitalisierung der Innenstadt“ und die Erweiterung des Phantasialands aus.
Größeres wirtschaftspolitisches Engagement verlangen auch die Christdemokraten etwa mit Blick auf den Abschied der Deutschlandzentralen von Renault und Nissan. „Ich frage mich, warum hat Renault auch noch das Schulungszentrum aus Brühl abgezogen und nach Wesseling verlagert? Mit welchem Einsatz hat Brühl für dessen Verbleib in Brühl gekämpft?“, so Fraktionsvize Pohl. Kritisch sieht er die geplanten Gewinnentnahmen bei den Stadtwerken. Diese seien existenzgefährdend, vermittelten zudem den Kunden ein falsches Bild von der Preisgestaltung.
Jobst Schmidt (AfD) beklagte, die Kommunen steckten in einer „tiefen Krise“. Ursache sei insbesondere die Bundesgesetzgebung der vergangenen Jahre. Die Aufnahme von Migranten überfordere Kreise und Kommunen, und die Klimaschutzpolitik sei ein Kostentreiber.
Das sieht Simone Holderried, Fraktionschefin der Grünen, ganz anders. Sie verwies auf die Milliarden-Ausgaben nach Naturkatastrophen wie im Ahrtal, die eben Folge der Klimaerwärmung seien. Im Bereich Umwelt- und Klimaschutz zu sparen, sei kurzsichtig. Holderried sieht in der jüngeren Ratsarbeit „wegweisende Beschlüsse für zukunftsfähiges Brühl“ und verwies auf den frühen Einstieg in die kommunale Wärmeplanung und den Innovationsfond für städtische Schulen, der moderne Lernwege und das Ausprobieren neuer Ideen ermögliche.
Fortschritte erkennt sie auch im Bereich Mobilität, etwa mit der Einführung des stationsbasierten Systems bei der Ausleihe von E-Scootern. Holderried warb für den interfraktionellen Austausch zur Mobilitätswende und eine breite Bürgerbeteiligung. „Es muss uns gelingen, die Bürger rechtzeitig mitzunehmen.“
Marcus Venghaus, Fraktionsvorsitzender der SPD, fand für den Rathausneubau, das neue Gebäude der Erich-Kästner-Realschule, den laufenden Umbau des Janshofs und den Start zur Errichtung der Feuerwache lobende Worte. Endlich könne der zweizügige Ausbau der Pingsdorfer Grundschule in Angriff genommen werden und der Ausbau der Pestalozzi-Schule stehe nun „ganz oben auf der Agenda“. Auch beim Ausbau der Kitas sei man „einen großen Schritt weitergekommen“.
SPD-Fraktionschef Marcus Venghaus kritisiert Land und Bund
Bund und Land warf er „einen verantwortungslosen Weg“ im Umgang mit den klammen Kommunen vor. „Klimawandel, Verkehrswende und der Sanierungsstau der letzten 30 Jahre lassen sich nicht einfach wegsparen oder digitalisieren“, so Venghaus.
Eckhard Riedel (Volt) machte Vorschläge, um die finanzielle Situation zu verbessern. Er warb für Einsparungen, eine Zweitwohnsitzsteuer und eine Infrastrukturförderabgabe. Gäste in Hotels oder Ferienwohnungen sollten fünf Prozent extra für Übernachtungen zahlen, um Straßen, Gehwege und öffentliche Toiletten in Schuss halten zu können.