Initiator war das Bündnis „Gemeinsam für Brühl“, dem mehr als 30 Organisationen, Vereine und Institutionen angeschlossen sind.
Rathausplatz überfülltTausende Teilnehmer bei Demo gegen Rechtsextremismus in Brühl
„Ich finde, dass alle Menschen auch Ausländer hier zu uns gehören“, sagte Helen (10). Stolz hielt sie am Freitagabend ihr selbstgebasteltes Plakat in die Höhe, auf dem sie ihre Botschaft auch aufgeschrieben hatte: „Jeder gehört zu uns“.
Helen war mit ihren Eltern zur Demonstration auf den Balthasar-Neumann-Platz gekommen. Initiator dort war das Bündnis „Gemeinsam für Brühl“, dem mehr als 30 Organisationen, Vereine und Institutionen angeschlossen sind. Sie alle haben die Brühler Erklärung unterschrieben, in der sie sich dazu bekennen, die Demokratie zu verteidigen.
Nach Bekanntwerden der geheimen Treffen von AfD-Funktionären mit Rechtsextremisten im November in Potsdam und den menschenverachtenden Plänen, die dort geschmiedet wurden, war es vielen Menschen eine richtige Herzensangelegenheit, für die Demokratie auf die Straße zu gehen. In nur einer Woche hat das Organisationsteam dann eine Demonstration auf die Beine gestellt, die es bisher so in Brühl noch nicht sehr oft gegeben hat.
Brühl: Organisationsteam schätzt 5000 Teilnehmerinnen
Denn mehrere tausend Menschen fühlten sich angesprochen. Treffpunkt war gegen 18 Uhr auf dem Balthasar-Neumann-Platz. Von dort ging der Demonstrationszug über die Clemens-August-Straße und die Uhlstraße zum Rathausplatz. Der allerdings war schnell überfüllt, obwohl einige Demonstranten noch gar nicht losgegangen waren. Am Ende standen die Menschen vom Marktplatz über den Rathausplatz bis weit in die Uhlstraße hinein. Die Polizei sprach von etwa 2500 bis 3000 Teilnehmern, das Organisationsteam schätzte sogar, dass etwa 5000 Menschen zu der Demonstration gekommen waren.
Und allen war es wichtig, dabei zu sein. „Ich habe richtig Angst um unsere Demokratie in Deutschland“, sagte Angelika Friederitzi. Sie sei gekommen, weil sie in einem freien und vielfältigen und bunten Deutschland leben möchte. „Mit Nazis - das hatten wir ja schon, das war scheiße“, ergänzte Gerry Esser. Auch Heidi und Norbert Lenz waren aus nur einem Grund dabei: „Wir sind für die Demokratie und gegen die Ideologie der Braunen“, sagten sie einvernehmlich.
Viele der Demonstranten hatten selbst gebastelte Plakate mitgebracht mit klaren Forderungen wie „Stopp die AfD“ und „Nazis raus“. Andere hatten so wie Helen ihre Empfindungen aufgeschrieben: „Die Welt ist bunt“, oder „Jeder gehört zu uns“. Viel Applaus und Jubel erhielten die Redner, Jannine Sekic etwa vom Stadtjugendring und Katrin Saß-Blauhut von der evangelischen Kirche: Brühls erste stellvertretende Bürgermeisterin Pia Regh rief alle auf, in diesem Jahr zur Wahlurne zu gehen und warb auch um die Mitgliedschaften in den demokratischen Parteien.
Gebraucht werde eine Allianz der Mitte und ein Schulterschluss der Demokratinnen und Demokraten, die in der Vielfalt der Stimmen zusammenführen. „Zusammenführen, um tragfähige Kompromisse zu erarbeiten, hinter denen sich möglichst viele versammeln können“, so Regh. Konsens und Kompromiss – das sei die große Stärke der Demokratie.
Demo gegen Rechts: Gänsehautmomente in Brühl
Klare Kante gegen Rechtsextreme zeigte auch Matthias Pampus-Meder, Geschäftsführer des Brühler Eisenwerke: Das Eisenwerk Brühl beschäftige über 1600 Menschen aus 36 Nationen. Mehr als 50 Prozent der Mitarbeitenden hätten einen Migrationshintergrund. „Ich bin stolz auf diese Mannschaft und die Vielfalt“, sagte der Geschäftsführer.
Entsetzt habe auch ihn das Treffen Rechtsradikaler mit Vertretern der Werteunion, der AfD und einzelnen Unternehmern, bei dem Schlagworte wie Remigration und Internierungslager diskutiert wurden. Alle demokratischen Kräfte und Verantwortlichen in Politik, Kirche und Unternehmen rief er auf, jetzt klare Kante zeigen gegen Rechtsextremismus zu zeigen. Es dürfe einfach nicht sein, dass sich Menschen, die in Deutschland zu Gast sind oder dauerhaft dort leben, fürchten müssen, weil sich ihre Wurzeln im Ausland befinden.
Musikalisch begleitet wurde die Demo von den Trommlern von Sambasurium. Voller Emotionen waren auch die Lieder, die von der Bühne aus vorgetragen wurden. So sangen die Pfadfinder zum Beispiel das Lied der „Moorsoldaten“. Noch mehr Gänsehautmomente gab es, als die Brühler Musikerin Nina Anders mit ihren Chören und dem Chor der Demonstranten laut „Imagine“ von John Lennon sangen.
Die Veranstalter äußerten sich am Ende sehr zufrieden über die Resonanz. Die Polizei sprach von einer ruhigen und friedlichen Veranstaltung. Einzig wurde wohl ein Eimer voll Wasser vom Hochhaus auf dem Balthasar-Neumann-Platz auf die Demonstranten gekippt. Einige Personen sollen zudem auch schroff angerempelt worden sein.