Brühl – „Schon wieder ein Stromausfall“, stöhnt der Leiter des Bereiches Sicherheit im Phantasialand, Holger Hermer. Es ist Ostermontag kurz vor 14 Uhr. Gerade zeigen Holger Hermer und die Marketing-Direktorin Birgit Reckersdrees Pressevertretern und Fotografen die stählernen Treppen und Fluchtwege an der Achterbahn „Colorado“, die im Falle eines Unfalles oder Stromausfalles von den Fahrgästen zu einem gefahrlosen Rückzug benutzt werden können, als schon wieder alle Fahrgeschäfte im Vergnügungspark still stehen. Zum dritten Mal an diesem Wochenende.
Geduldig sitzengeblieben
Auf den Start ihrer Bahn warten darum die Fahrgäste im „Colorado“-Zug vergeblich. Sie bleiben aber geduldig auf den Sitzen in der Warteposition an der ersten steilen Steigung, von der die schnelle Fahrt erst losgehen sollte, bis Mitarbeiter des Phantasialandes die ersten zum steilen Abstieg bitten, zunächst aus den Bänken zuoberst, und sie die Treppe abwärts begleiten. Ihre Kinder halten sie dabei an der Hand oder tragen sie gleich auf dem Arm hinunter.
Am Würmlings-Express kommt eine Hebebühne zum Einsatz. Der lang Kranarm wird hoch zu den Waggons der Bahn gefahren, damit die Gäste sicher hinausklettern können.
„Das läuft alles wie geschmiert. Alle sind völlig gelassen und ruhig“, beschreibt einer der Gäste, die den Abstieg schon geschafft haben, die laufende Evakuierung. Er gibt sich als Feuerwehrmann zu erkennen, der ein freien Tag im Vergnügungspark genießen wollte.
Jana Kluge und Verena Stelthave aus dem Sauerland sind sichtlich enttäuscht. Zum zweiten Mal am Ostermontag hat sie der Stromausfall erwischt. Nach dem ersten um kurz vor 12 Uhr habe es etwa eine Stunde gedauert, bis die Fahrgeschäfte wieder angelaufen seien. Ob sie jetzt noch einmal auf das Anfahren der Attraktionen bis zum frühen Abend warten wollten, wussten die zwei Freundinnen noch nicht. „Wir haben einen Spaziergang gemacht, während die Fahrgeschäfte stillstanden“, sagte ein Besucher noch am Sonntag.
Aber kurz nach dem Stromausfall am Montagnachmittag wurde es voll an den Kassen des Phantasialandes. Besucher wollten den Eintrittspreis zurückerhalten. Eine Entschädigung sei allerdings nicht vorgesehen, da die Eintrittskarte ohnehin im April ein Sonderangebot sei, nach dem Motto „Einmal zahlen, zweimal kommen“, sagte Birgit Reckersdrees noch vor dem zweiten Stromausfall am Montagnachmittag. Eine Haltung, die das Unternehmen nach dem zweiten Stromausfall des Tages korrigierte. Besucher erhielten ihr Geld zurück oder auf Wunsch eine Ersatzkarte.
Im Falle eines Stromausfalles würden die Fahrgeschäfte unabhängig von der Stromzufuhr immer bis zur nächsten Bremse fahren, erläuterte Birgit Reckersdrees. Dort gebe es sichere Ausstiegsmöglichkeiten für die Fahrgäste. Horrorszenarien wie das Überkopf-Hängenbleiben am höchsten Punkt in einer Achterbahn könnten nicht geschehen. Den physikalischen Gesetzen der Schwerkraft folgend, würden die Bahnen eben immer hinunter kommen, auch ohne Stromzufuhr.
Gleichzeitig sei die Kommunikation der Mitarbeiter per Funksystem innerhalb des Parks sowie die Beleuchtung in den Hallen über Notstromaggregate sichergestellt. Erst nach einem Sicherheitscheck laufe der normale Fahrbetrieb wieder an, so die Sprecherin. Rund 500 Haushalte waren von den Stromausfällen an den Osterfeiertagen betroffen, die bis zu einer Stunde andauerten. Dann hatten die Stadtwerke die Versorgung wieder hergestellt. „Zur Ursache können wir noch immer nichts sagen“, sagte Netzmanager Fritz Wittig von den Stadtwerken Brühl. Er vermute, dass ein Kabelfehler einen Kurzschluss ausgelöst habe, dabei sei wohl eine alte Muffe am Einspeisungspunkt in Schwadorf „hochgegangen“. Diese Muffe müsse dann wohl auch das zweite Kabel beschädigt haben, das nach dem ersten Stromausfall die Versorgung übernommen habe. „Aber das ist nur eine Vermutung. Genaueres wissen wir erst, wenn der Kabelmesswagen seine Untersuchungen abgeschlossen hat“, sagte Wittig.
Um 17 Uhr war der Strom wieder da – allerdings fiel kurze Zeit später der Strom in weiten Teilen von Hürth aus. Ein Fehler im Umspannwerk Kalscheuren, der nichts mit Brühl zu tun habe, hieß es am Abend. Das Brühler Phantasialand schloss wie gewöhnlich um 18 Uhr seine Pforten, da hatten allerdings viele Gäste schon von sich aus den Park verlassen.
Erster Stromausfall am Ostersonntag
Bereits am Sonntag gab es in dem Freizeitpark keinen Strom mehr: Der Ausfall dauerte 40 Minuten.
Kabelbrand führte 2001 zu Großfeuer
Im Sommer 2001 hatte ein technischer Defekt einen Kurzschluss ausgelöst, der zu einem Kabelbrand und schließlich einem Großfeuer der Achterbahn des Phantasialandes führte. 63 Personen wurden verletzt. Die Achterbahn brannte völlig ab.
In der Nachfolgezeit hatte das Phantasialand unter einem großen Besucherschwund zu leiden.