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Teamgeist steht im Vordergrund

Lesezeit 3 Minuten
Das Foto zeigt die ukrainische Juniorenmannschaft, die für den FC Schwadorf startet. Lasse Küttler

Die Mannschaft um Sponsor Baris Yanmaz (l.), dem Vereinsvorsitzenden Georg Kowalewski (2.v.r) und Trainer Ievgenii Nazarov (r.) nach dem Auswärtssieg bei GW Brauweiler.

Gelebte Integration: Ukrainische Fußballjunioren machen dem FC Schwadorf große Freude.

Sie spielen für den SC Schwadorf, tragen jedoch die Trikots ihres ukrainischen Vereins: Seit dieser Saison tritt die ukrainische U16-Mannschaft des FC Metalist 1925 für den FC Schwadorf im regulären Ligabetrieb an. Das Teilnehmerfeld der B-Junioren-Sonderstaffel 2024/25 führt das Team von Trainer Ievgenii Nazarov, Ex-Fußballprofi und Inhaber der UEFA-A-Trainerlizenz, nach sechs Spieltagen ohne Punktverlust mit 50:1 Toren an und ist so mit breiter Brust in die Herbstferien gegangen.

Deutlich unterfordert ist die talentierte Mannschaft demnach, die am liebsten in der Mittelrheinliga an den Start gegangen wäre. Jedoch stimmte der Fußball-Verband Mittelrhein dem Antrag nicht zu, und weil bei einer anonymen Umfrage zwei teilnehmende Vereine gegen eine Einbindung der Mannschaft stimmten, musste sie in der Sonderstaffel starten. Mit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine begann für die Mannschaft eine Reise, die niemand hätte vorhersehen können.

Das Team, damals noch die U13 der Akademie des FC Metalist Kharkiw, war eine Nachwuchsmannschaft des ukrainischen Profiklubs und musste überstürzt aus ihrem Heimatland fliehen. Ohne Eltern, in ein neues und vor allem fremdes Land. Das Einzige, was den 16 Jungs blieb, waren ihre Mannschaftskollegen und ihr Trainer. Für viele ist dieser nicht nur ihr „Fußballlehrer“, sondern wurde in dieser Zeit auch zum Sorgeberechtigten und zweiten Vater.

Sport als Integrationshilfe

Dank Sponsor Baris Yanmaz, einem Projektentwickler aus Brühl, konnten sie auf einem ehemaligen Bauernhof in Badorf unweit des Fußballplatzes des FC Schwadorf unterkommen und dort leben. „Ich empfinde es als menschliche Verpflichtung, den Menschen zu helfen, die von heute auf morgen alles verloren haben“, sagt der Wahl-Brühler Yanmaz.

Der Verein stellte dem Team seinen Platz für das Training zur Verfügung, was diesem sehr geholfen hat. Einerseits um den Sport auszuüben, den sie alle lieben und andererseits, um sich zu integrieren und den Krieg für kurze Zeit zu vergessen. „Wir sehen alles täglich im Fernsehen und auf Social Media, der Fußball ist eine große Ablenkung vom Krieg und macht Spaß“, sagte der 15-jährige Verteidiger David Khazan.

Große Belastung

Falls sie mal nicht am Ball sind, gehen sie an umliegenden Schulen in Brühl zur Schule, zocken Fifa an der Playstation oder gehen zusammen schwimmen. Ein Highlight für die Jungs sind die Champions-League-Spiele vom amtierenden ukrainischen Meister Shakhtar Donetsk, die in Gelsenkirchen ausgetragen werden. Dort wirken sie beim Rahmenprogramm mit und treffen viele weitere Ukrainer. Doch auch in Deutschland steht das Team vor Herausforderungen. Die meisten Eltern der Spieler befinden sich in der Ukraine.

„Es ist sehr belastend. Aber wir spielen auch für unsere Eltern und vertreten das ganze Land“, sagte David. Einige Spieler wurden zwar von großen Vereinen abgeworben und es gab immer wieder Versuche, das Team zu spalten, jedoch haben sie die Phase überstanden und sind weitergewachsen. Mittlerweile spielen auch Ukrainer aus anderen Wohnorten in der Mannschaft.

Familiäres Miteinander

In den letzten Jahren wurden vor allem Freundschaftsspiele durchgeführt, damit die Jungs überhaupt Spielpraxis sammeln können, weil es ihnen nicht möglich war, in einer Liga anzutreten. Auch in dieser Saison spielen sie neben dem Ligaalltag Testspiele gegen höherklassige Mannschaften wie Borussia Dortmund oder auch Arminia Bielefeld. Dort messen sie sich mit Mannschaften auf ihrem Niveau. Das Ziel für die Jungs ist klar.

„Wir alle haben den Traum, Profi zu werden“, erklärte David. Doch am wichtigsten wäre es ihnen, zusammenzubleiben und zusammen Fußball zu spielen. Maksym Sazonov ist Torwart und ergänzt: „Wir sind eine Familie, wir halten und sind immer zusammen“.