Der 26-jährige Bedburger hatte 2021 bereits kandidiert, war knapp unterlegen. Es kommt 2025 erneut zum Duell mit Georg Kippels (CDU).
Fast 94 Prozent RückhaltSPD-Kandidat in Rhein-Erft fände es „unsäglich, Scholz abzusäbeln“
„Völker, hört die Signale, auf zum letzten Gefecht!“ Am Ende ließ die Saalregie in knackiger Lautstärke die „Internationale“ ertönen. Das alte Kampflied der sozialistischen Arbeiterbewegung passte ganz gut zur Stimmung im Quadrath-Ichendorfer Bürgerhaus: Unbeeindruckt vom Ampel-Aus und von schlechten Umfragewerten gaben sich die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, die am Samstagvormittag zum Parteitag und zur Kandidatenaufstellung des SPD-Kreisverbandes nach Bergheim gekommen waren, kämpferisch, zuversichtlich und angriffslustig – allen voran Aaron Spielmanns.
Der stellvertretende SPD-Kreisvorsitzende aus Bedburg wurde mit Blick auf die voraussichtlich am 23. Februar stattfindende vorgezogene Bundestagswahl mit großer Mehrheit zum Direktkandidaten fürs mittlere und nördliche Kreisgebiet gewählt. In Bergheim, Bedburg, Elsdorf, Kerpen, Frechen, Pulheim und Hürth geht er damit wie schon 2021 wieder als Herausforderer des Bedburger Christdemokraten Georg Kippels ins Rennen.
Dieser hatte den Wahlkreis Rhein-Erft I vor drei Jahren relativ knapp gewonnen und will wieder antreten. Dass Kippels am kommenden Samstag bei der CDU-Aufstellungsversammlung in Bergheim-Oberaußem erneut nominiert wird, gilt als sicher.
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Derweil durfte sich Spielmanns bereits über ein klares Votum freuen. Der 26-Jährige erhielt bei drei Nein-Stimmen und einer Enthaltung 61 von 65 gültigen Stimmen, also fast 94 Prozent. In seiner Bewerbungsrede hatte Spielmanns, der beim Landschaftsverband in der Eingliederungshilfe für Kinder mit Behinderungen arbeitet, den Fokus auf das Thema soziale Gerechtigkeit speziell auch im Rhein-Erft-Kreis gelegt.
„Jedes sechste Kind im Kreisgebiet lebt in Armut. Jeder sechste Arbeitnehmende im Kreis bekommt nur einen Niedriglohn. Bei den höchsten Nettokaltmieten in NRW liegen wir gleich hinter Düsseldorf, Köln und Bonn. All diese Dinge sind Ausdruck immer größer werdender Ungerechtigkeiten. Es ist entscheidend, dass wir diese Ungerechtigkeiten bekämpfen, denn Ungerechtigkeiten verursachen Unzufriedenheit. Und hier wird es gefährlich, denn diese Unzufriedenheit benutzen andere Parteien, um unsere Gesellschaft zu spalten, um Angst zu sähen und um Hass zu schüren“, sagte Spielmanns.
Er sprach sich unter anderem für die Einführung einer Kindergrundsicherung, für auskömmliche Mindestlöhne, für mehr kommunalen Wohnungsbau und einen Mietpreisdeckel aus: „Unser Maßstab ist Gerechtigkeit. Wir wollen Entlastung für jene, die viel leisten, und nicht für jene, die sich viel leisten können.“
Während nach dem Ampel-Ende scharfe Kritik an der FDP, der Spielmanns mangelnde Kompromissfähigkeit und staatspolitische Verantwortungslosigkeit vorwarf, nicht fehlen durfte, war die anderswo in der SPD schwelende Kanzlerkandidaten-Diskussion rund um Olaf Scholz und Boris Pistorius in Bergheim kein großes Thema. Auch hinter vorgehaltener Hand sprach sich niemand für einen Kandidatenwechsel aus.
„Ein bisschen Grummeln gibt’s immer. Aber nach meinem Eindruck steht bei uns eine deutliche Mehrheit hinter Olaf Scholz“, erklärte der Kreisvorsitzende Helge Herrwegen. Auch Aaron Spielmanns stärkte dem amtierenden Bundeskanzler den Rücken: „Mit Olaf Scholz als Führungspersönlichkeit bin ich sehr zufrieden, und ich halte nichts davon, jetzt überstürzt den Kandidaten zu wechseln. Ich denke, dass es am Ende aus Olaf Scholz hinauslaufen wird und dass dies auch die richtige Entscheidung für den Wahlkampf ist. Persönlich fände es auch unwürdig und menschlich unsäglich, einen Kanzler, der in den vergangenen Jahren eine sehr schwierige Regierung geführt und immer den Rückhalt der Partei hatte, jetzt, wo es mal nicht so rosig aussieht, gleich wieder abzusäbeln.“