Nitrat im Grundwasser im Rhein-Erft-KreisLandwirte im Fadenkreuz von Kritikern
- Nitrat im Grundwasser ist ein echtes Problem.
- Wird mehr Stickstoffdünger ausgebracht, als die Pflanzen aufnehmen können, wird der Überschuss aus dem Boden ausgewaschen und sickert nach und nach in die Schichten, aus denen Trinkwasser gewonnen wird.
- Kein Wunder also, dass Landwirte immer öfter im Fadenkreuz von Kritik stehen.
Rhein-Erft-Kreis – Cornel Lindemann-Berk hat die alten Aktenordner hervorgeholt. Ganze Stapel türmen sich auf seinem Schreibtisch, der ansonsten von zwei Computerbildschirmen beherrscht wird. Genaue Buchführung über den Verbrauch an Dünger auf Gut Neu Hemmerich gab es schon vor der Erfindung der Excel-Tabelle. Der Landwirt zeigt Aufzeichnungen von Ende der 70er-Jahre, in denen er von Hand eingetragen hat, wie viel Dünger er ausgebracht hat.
Die Landwirtschaft gilt als Verursacher erhöhter Nitratwerte im Grundwasser. Wird mehr Stickstoffdünger ausgebracht, als die Pflanzen aufnehmen können, wird der Überschuss aus dem Boden ausgewaschen und sickert nach und nach in die Schichten, aus denen Trinkwasser gewonnen wird.
Pauschale Vorwürfe gegen Landwirte lässt der Frechener, der das Gut seiner Familie bei Bachem jahrzehntelang bewirtschaftet und jetzt seinem Sohn übergeben hat, aber nicht gelten. „Bauern müssen in Kreisläufen denken“, sagt er. Und erklärt, wie es geht. Die Nährstoffe, die seine Pflanzen – Weizen, Braugerste, Dinkel, Mais, Rüben und Kartoffeln – dem Boden entzogen hätten, bekomme er wieder zurück. Als Mist, Gülle oder Gärrest aus der Biogasanlage. Dann könne man den Einsatz mineralischer Dünger deutlich zurückfahren.
Gefahr für Säuglinge
50 Milligramm Nitrat darf ein Liter Trinkwasser enthalten, so schreibt es die Trinkwasserverordnung vor. Ein Wert, der in Deutschland häufig überschritten werde, wie Dr. Nils Cremer sagt. Er ist beim Erftverband Fachmann für die Grundwasserqualität. Ursache für die erhöhten Nitrate sei der Düngerüberschuss aus der Landwirtschaft, ist Cremer sicher. Wie viel Stickstoffdünger ein Bauer ausbringen darf, ist in der Düngeverordnung geregelt. Der Stickstoffüberhang darf ab diesem Jahr nicht über 50 Kilo pro Hektar und Jahr liegen, ermittelt im Durchschnitt von drei Jahren, bisher waren es 60 Kilo.
Der Stickstoff, der nicht von den Pflanzen aufgenommen wird, sickert in den Boden. „Pro Jahr wandert er um einen Meter senkrecht in die Tiefe“, sagt Cremer. Bis das Nitrat dann die erste Grundwassersohle erreiche. Dort wandere es mit der Strömung dann auch in vertikaler Richtung. Es werde im Boden auch abgebaut, aber: „Das Potenzial ist endlich.“
Das Trinkwasser von Nitrat zu reinigen sei aufwendig und mache das Wasser teurer. Der Stoff ist vor allem für Säuglinge gefährlich, er kann Blutarmut auslösen und die Sauerstoffversorgung einschränken. (uj)
Vor dem Düngen stehe die Bodenprobe, mit der ermittelt werde, wie viele Nährstoffe der Boden brauche. Denn klar sei, sagt Lindemann-Berk: „Wenn man dem Boden mehr Nährstoffe entzieht, als man ihm zuführt, fährt man schlechte Erträge ein.“ Moderne Technik helfe auch auf andere Weise, Dünger zu sparen. GPS in den Traktoren sorge dafür, dass kein Ackerstreifen zweimal mit Nährstoffen versorgt werde.
„Intelligenter Pflanzenbau“ ist laut Cornel Lindemann-Berk die Antwort auf die trockenen Sommer, die künftig vermutlich eher Regel als Ausnahme werden und den Wasserverbrauch in die Höhe treiben könnten.
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Wenn Pflanzen im Frühjahr wenig gedüngt würden, entwickelten sie weniger Halme, dafür mehr Wurzeln und seien besser gerüstet für den Wassermangel. Bewässern lohne sich bei Getreide nicht – und bei Kartoffeln leide der Geschmack.