Konkurrenz durch SupermärkteBio-Hofladen im Ritzenhof gibt nach 17 Jahren auf
Elsdorf-Niederembt – „Da geht Pioniergeist verloren“, klagt Katharina Hanen merklich bedrückt. Nach 17 Jahren schließt der Naturkost-Hofladen mit dem Bioland-Siegel auf dem Ritzenhof zum Jahresende. Erhalten bleibt der Verkauf von Kartoffeln aus eigenem Anbau, Hühnern, Masthähnchen aus eigener Haltung und Eiern.
„Die Märkte sind als Konkurrenten zu stark“, sagt Peter Hanen (55). Gegen die Konkurrenz kommen man nicht mehr an. Supermärkte führten inzwischen Bioprodukte und lockten dadurch die Kundschaft weg, die bislang aus dem weiteren Umland nach Niederembt zum Einkaufen gekommen sei. Zudem gibt es in Sindorf eine große Filiale eines Spezialisten für Bioprodukte.
„Nur mit den Pluspunkten Beratung, Freundlichkeit und Dienstleistung kann man das nicht aufrechterhalten“, ergänzt seine Frau Katharina (54). Zudem seien die Kinder der Bio-Generation, die mit Produkten des Ritzenhofs aufgewachsen seien, inzwischen aus dem Haus, die Haushalte vieler Kunden entsprechend kleiner.
Ständige Kontrollen
Nur ein paar Prozent der Stammkundschaft wohne in Niederembt, viele kämen aus Bedburg, Bergheim oder dem weiteren Umland. Sie fanden im Ritzenhof ein Lebensmittel-Vollsortiment. Von Brot über Milchprodukte, Käse, Fleisch, Wurst, Nudeln, Kartoffeln, Gewürze, Getränke, Wasch- und Putzmittel, Haushaltswaren und natürlich Obst und Gemüse bekamen die Kunden alles in geprüfter Bio-Qualität.
„Und alle Produkte haben kurze Wege“, betont Katharina Hanen. Die zugekauften Lebensmittel stammen von zertifizierten Betrieben. Über die üblichen EG-Vorschriften hinaus stehen die Waren des Ritzenhofs unter ständiger Kontrolle des Verbandes Bioland, dem Familie Hanen seit 15 Jahren angehört. Zudem wird der Einkauf ökologisch unbedenklich verpackt nach Pionierideen von Katharina Hanen.
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Als es auf dem Ritzenhof vor Jahren immer schwieriger wurde, mit der Vollblutzucht Geld zu verdienen, kam Katharina Hanen die Idee der Hofvermarktung. Vor 17 Jahren startete der Verkauf, zwei Jahre später – so lange muss sich jeder Betrieb bewähren – erhielt der Ritzenhof das Bioland-Zertifikat. „Das ist mein Baby“, sagt sie wehmütig. Seit etwa zwei Jahren sei der Umsatz rückläufig, benennt Katharina Hanen (54) das Problem. Im November haben sie und ihr Mann Peter dann nach einem Gespräch mit dem Steuerberater entschieden, den Hofladen aufzugeben.
Tasse Kaffee mit Schwätzchen
„Wir haben selber noch Probleme, zu begreifen, dass hier ab dem Jahreswechsel kein Laden mehr sein wird“, räumt Katharina Hanen ein. Auch viele Kunden seien traurig. Ebenso wie zahlreiche Kinder in Kitas und Schulen, die vom Ritzenhof ihr Frühstück und Zutaten für das Mittagessen geliefert bekamen. Von vielen Kunden, „die gerne auch beim Einkauf eine Tasse Kaffee zum Schwätzchen getrunken haben“, kenne sie nicht nur die Namen, sondern auch die kleinen und großen Sorgen.
Die Geschichte
Um 1570 wurde der Gutshof am Ende der heutigen Hahnenstraße erbaut. Nach 1500 war Heinrich zu Goltstein Herr in Niederembt. Der Goltsteinhof war laut Ritterzettel von 1610 landtagsfähig, besaß also mindestens ein turmbewehrtes Haus innerhalb eines Grabengevierts als Voraussetzungen für den Sitz eines Landtagsmitglieds.
Im 17. Jahrhundert kam Peter Simonius, genannt Ritz, Herr auf Gut Etgendorf nördlich von Niederembt, nach dem Ableben von Herzogin Jakobe von Jülich, die unter dubiosen Umständen in Düsseldorf zu Tode kam, in den Besitz des Guts. Seither ist es als Ritzenhof bekannt.
Vor 40 Jahren erwarben die Eltern von Peter Hanen, die bis dahin Gestütsmitarbeiter auf Schloss Frens in Quadrath-Ichendorf waren, das Anwesen, betrieben dort ein Vollblutgestüt, bis 2009 einen Reitstall und eine Pferdepension. Seitdem hält die Familie Hanen Hühner und betreibt Landwirtschaft für den Privatgebrauch. Vor 17 Jahren wurde der Hofladen eröffnet. (ftz)
„Man muss sich schon beherrschen, dass man nicht zusammen heult“, schildert Katharina Hanen die letzten Wochen im Hofladen. Bis Silvester werden alle Waren mit großen Rabatten verkauft, „obwohl es mir widerstrebt, Bioprodukte zu verramschen“, sagt Katharina Hanen. Was dann noch in den Regalen steht, übernimmt ein befreundeter Bioland-Händler.
Ganz aufgeben wollen die Hanens den Hofverkauf aber nicht. Ihre eigenen Produkte sollen in einem kleineren Raum angeboten werden. Dazu gehören Hähnchen, Hühner, Eier und Kartoffeln. Denn die Landwirtschaft und die Hühnerhaltung mit 3000 frei laufenden Legehennen – ebenfalls Bioland-zertifiziert – will Peter Hanen weiterführen. Voraussichtlich wird der Hofverkauf im neuen Jahr donnerstags und freitags am Nachmittag und samstagvormittags geöffnet haben.