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Rehe „live“ erlebenExkursion zur Sophienhöhe mit der Forschungsstelle Rekultivierung

Lesezeit 4 Minuten

So nah kamen die Beobachter dem Wild bei der Exkursion nicht. Tierfotograf Franz Kirstein hat die Ricke mit ihren beiden Kitzen für die Forschungsstelle abgelichtet.

  1. Melanie Gutmann und Gianna Krauß von der Forschungsstelle Rekultivierung haben auf eine Exkursion eingeladen, um Rehe einmal „live“ zu sehen.
  2. Zu ihren Aufgaben gehört das „Monitoring“, das Beobachten und Erfassen der Entwicklung von Fauna und Flora der rekultivierten Flächen.
  3. Unser Autor hat sich mit weiteren Naturbegeisterten auf die Suche nach dem Wild gemacht und dabei einiges gelernt.

Elsdorf – Ein rundes Dutzend Menschen ist am Abend zum Wanderparkplatz an der Sophienhöhe gekommen, um Rehe einmal „live“ zu sehen. Zur Exkursion hatten Melanie Gutmann und Gianna Krauß von der Forschungsstelle Rekultivierung eingeladen. Durfte man den Weg rauf auf die Sophienhöhe noch vernehmlich schnaufen, mit den Sohlen über der Kies schlurfen oder laut scherzen, so gebietet Melanie Gutmann auf den letzten paar Hundert Metern zum Wildbeobachtungsposten die „lautlose Pirsch“.

Nur, wie macht man das? Gutmann bietet dazu ein passendes Bild an, nämlich so leise zu gehen wie „ein Raubtier auf Beutefang“. Jeder Schritt scheint plötzlich zu schallen, der trockene Weg ist voller schrappender Kieselsteine, knackender Äste und raschelnden Laubes. Oft sucht man die nächste saftige Grasnarbe vergebens, die den Schritt dämpfen könnte. Und bloß nicht husten, auch wenn es noch so sehr in der Kehle kitzelt.

Im Gänsemarsch

Nach einer weiteren Biegung aufwärts zum Plateau, der wie ein Tafelberg angelegten Höhe, öffnet sich die Bewaldung und gibt nach rechts einen weiten Blick in ein Tal mit einem Wasserlauf frei. Selbst mit dem Fernglas ist hier kein Wild zu entdecken.

Mit dem Fernglas konnte man immerhin Rehe entdecken.

Noch eine Kurve weiter führen Gutmann und Krauß die Gruppe im Gänsemarsch auf eine Anhöhe mit den Überresten alter Eichen und Buchenstämme, die hier im Halbkreis in den Boden eingelassen sind. Als Totholz für Spechte und Lebensraum für viele Insekten sind die Stämme zur Unterstützung der jungen Vegetation aus dem Hambacher Forst hierher gebracht worden.

Und da sind sie, in gut 200 Metern Entfernung sind zwei Rehe zu sehen. Eines macht sich nach kurzer Zeit aus dem Staub. Ein anderes hat noch die Ruhe weg und äst. Dann hebt es den Kopf, wendet den Blick in Richtung Menschengruppe und stellt die Lauscher auf. Es verharrt einen Moment, bis es ohne Eile im Gebüsch verschwindet.

Fremden Geruch gewittert

Die Gruppe sei sehr leise gewesen und habe die Tier nicht schon beim Anmarsch in die Flucht geschlagen, lobt Gutmann später. Die scheuen Tiere verfügten nämlich über ein ausgezeichnetes Gehör. Leider habe der aufkommende Wind einen vorzeitigen Strich durch die Rechnung gemacht und den Geruch der Gruppe Richtung Rehnase getrieben. Die wittere fremde Gerüche auf 300 Meter. Aber wir seien dennoch „sehr nahe“ an die Tiere herangekommen.

Melanie Gutmann zeigt das Gehörn eines Rehbocks.

Rehe zählten zum „Schlüpfertypus“, weil sie vor Feinden im Fluchtmodus mit bis zu vier Meter langen Sprüngen Unterschlupf im nächsten Gebüsch suchten, hatte die Gruppe an Wegbiegungen von der Georessourcen-Managerin Melanie Gutmann und ihrer Assistentin, der Studentin Gianna Krauß, gelernt.

Zu ihren Aufgaben gehöre das „Monitoring“, das Beobachten und Erfassen der Entwicklung von Fauna und Flora der rekultivierten Flächen. Aber auch das tatkräftige und kribbelige Umsiedeln von Ameisenhaufen, Schicht für Schicht, an einen windgeschützten, teils sonnigen Standort gehöre dazu. „Man muss die Königin finden und mit den Fingern in die Transportbehältnisse heben“, erzählt Gutmann.

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Was das Reh angehe, biete die Sophienhöhe mit ihrer vergleichsweise jungen Vegetation, der als „Naschkatze“ bekannten kleinsten heimische Art der Hirschfamilie beste Bedingungen. „Mal hier, mal da“ verzehrten die Rehe nur die jüngsten Triebe, die saftigsten Früchte, Pilze, Eicheln und Pflanzen mit dem höchsten Nährstoffgehalt. Als „Konzentratselektierer“ bezeichneten sie darum Biologen. Bemerkenswert sei das Verhalten des weißgefleckten Kitzes und der Ricke bei Bedrohung. Da versuche das weibliche Tier den Beutegreifer vom Nachwuchs abzulenken.

Die Kröte begegnete der Gruppe beim Abstieg.

Riechen könne er das Kitz nicht, es habe keinen Eigengeruch. Bei der Mahd erweise sich ein solches Verhalten allerdings oft als tödlich. Im landwirtschaftlichen Betrieb der Forschungsstelle sei man dazu übergegangen, Kitze mit Wärmebildkameras zu orten und die Wiesen erst Ende Juli zu mähen. Als einzigartiges Versuchslabor und als Chance, Lebensräume für Arten zu gestalten, die vom Verschwinden bedroht ist, empfindet Melanie Gutmann die Rekultivierung der Tagebaue. Auf der Sophienhöhe wachse die Artenvielfalt stetig.

Ein wenig davon erleben die Besucher beim nächtlichen Abstieg im Licht vieler Smartphones, sie kreuzen den Weg wandernder Kröten, hüpfender Frösche und feucht glitzernder Schnecken.

www.forschungsstellerekultivierung.de