Es sind neue Details aus dem Bericht des Rechnungsprüfungsamts bekannt geworden. Die Politik verlangt rasche Aufklärung, warnt aber vor Vorverurteilung.
Fragwürdige Aufträge vergebenAffäre um die Erftstädter Feuerwehr weitet sich aus
Wut und Entsetzen in Erftstadt hat der Bericht des Rechnungsprüfungsamts ausgelöst. Darin heißt es, bei der Feuerwehr bestünden „deutliche Schwachstellen und Defizite im Bereich der Leitungsorganisation“. Interne Organisationsstrukturen wiesen erhebliche Wissens- und Regelungslücken auf, der Dienstaufsicht werde nur unzureichend nachgekommen, zentrale Vorschriften seien nicht beachtet worden.
Wie berichtet, sind mehr als 10.000 Euro Bargeld aus dem Tresor der Feuerwache spurlos verschwunden. Zudem wurden offenbar Spenden angenommen, ohne sie ordnungsgemäß bei der Stadt anzugeben und über die Verteilung zu berichten. Besonders sauer stößt den örtlichen Politkern auf, dass etwa 50 Aufträge mit einem Volumen von rund 50.000 Euro zur Beschaffung von Einsatz- und Berufskleidung an eine Frau vergeben wurden, die die Lebensgefährtin einer Person in zentraler Stellung der Wehr ist. Das Prüfungsamt merkt kritisch an, dass es hier unweigerlich einen Interessenkonflikt gebe.
Feuerwehr solle nicht unter Generalverdacht gestellt werden
Dass Erster Beigeordneter Jörg Breetzmann für die Feuerwehr zuständig sei und es hier wohl Kommunikationsdefizite mit der Wehr gab, wird in der Politik ebenfalls kritisch gesehen. Aber auch die Rolle von Kämmerer Dirk Knips wird hinterfragt. Im Prüfungsbericht heißt es klar: „Die Kämmerei wurde angehalten, die Listenübersicht bestehender Sonder- und Barkassen dringend auf aktuellen Stand zu bringen und künftig regelmäßig zu aktualisieren.“
Die Chefs der Ratsfraktionen sind sich einig, dass die Wehr nicht unter Generalverdacht gestellt werden dürfe, wenngleich der Imageschaden durch Fehlverhalten einiger weniger beträchtlich sei. Die Wehr habe gerade in der Flutkatastrophe Hervorragendes geleistet, hebt etwa CDU-Fraktionschef Stephan Bremer hervor.
„Wir gehen davon aus, dass die Staatsanwaltschaft auf allen Ebenen transparent und vorbehaltlos die Vorfälle untersucht“ erwartet SPD-Fraktionschef Axel Busch. Das Ausmaß der Unregelmäßigkeiten zeige, dass es schon lange „erhebliche Missstände“ in den Führungsstrukturen der Stadt geb.
Die schwerwiegenden Vorwürfe gegen die Wehr müssten kompromisslos und über Strafanzeigen und Disziplinarverfahren aufgearbeitet werden. Die dazu begonnenen Schritte der Verwaltung seien begrüßenswert, so Grünen-Fraktionsvorsitzende Stephanie Bethmann. Wie berichtet, erstattete Bürgermeisterin Carolin Weitzel (CDU) Strafanzeige gegen Unbekannt.
Die FDP sei nicht nur entsetzt über das, was sie an Missständen und Versäumnissen erfahren habe, so Fraktionschef Franz Holtz. „Wir waren vor allem überrascht, dass die Vorgesetzten so lange in Unkenntnis blieben.“ Nach einer bedingungslosen Aufklärung dürfe keine Zeit verstreichen, sondern müssten sofort Konsequenzen gezogen werden, fordert Ray Pieper, Fraktionschef der Freien Wählergemeinschaft.
Fraktion Aufbruch 22 fragt nach personellen Konsequenzen
„Aufklärung ja, Vorverurteilung nein“ sagt Marvin Kirchner, stellvertretender Fraktionschef der Linken. „Wir müssen uns die strukturellen Fehler anschauen, die zugelassen haben, dass sowas passieren konnte, und herausfinden, warum niemand das zügig festgestellt hat.“
„Der RPA-Bericht hat uns wütend gemacht“, sagt Bernd Bohlen von der Fraktion Aufbruch 22. Die Verwaltungschefin müsse sich fragen lassen, ob sie die Leitungs- und Führungsebene der Feuerwehr in der Verantwortung belasse oder ihnen neue Verantwortlichkeiten zuweise.
Die Stadtverwaltung äußert sich nicht zum laufenden dienstrechtlichen Verfahren, ebenso hält es der seinerzeitige Chef der Feuerwehr.