Selbstversuch in ErftstadtWie erfrischend das Arbeiten im Kühllager wirklich ist
- Thomas Weber arbeitet bei Temperaturen um minus 24 Grad.
- Er ist Lagerist bei Bofrost in Erftstadt.
- In der Tiefkühltruhe muss er immer besonderes Handy bei sich tragen: Das löst Alarm aus, wenn es in die Waagerechte geht.
Erftstadt-Köttingen – Die Luft flimmert, der Asphalt glüht und Mensch, Tier und Natur sehnen sich nach Abkühlung. Derweil zieht sich Thomas Weber für seine Arbeit an, als wolle er zum Nordpol aufbrechen: Thermohose und Jacke, Handschuhe, Mütze und speziell isolierte Schuhe. Aus gutem Grund: Der 51-Jährige arbeitet in einer riesengroßen Tiefkühltruhe – im Bofrost-Warenlager der Vertriebsniederlassung in Erftstadt-Köttingen. Das Thermometer zeigt dort konstant minus 24 Grad.
„Es ist ein eiskalter Job“, sagt Bezirksverkaufsleiter Douglas Warrington (40). Zu beneiden seien Thomas Weber und seine Kollegen allerdings auch an Tagen wie diesen nicht. Denn es macht schon einen gewaltigen Unterschied, sich in der überdimensionalen Gefriertruhe kurz abzukühlen, oder bei minus 24 Grad tagein, tagaus zu arbeiten. Wenn ein Lagerist allein im kalten Warenlager sei, müsse er stets ein sogenanntes Totmann-Handy bei sich tragen. Automatisch werde damit sofort Alarm ausgelöst, wenn das Handy in die Waagerechte gehe.
Eine kleine Pause aus der Kälte ist alle 20 Minuten angesagt – „spätestens nach zwei Stunden ist eine längere Pause Vorschrift“, erklärte der Bezirksverkaufsleiter.
Selbstversuch
So kalt ist das doch gar nicht, dachte ich im ersten Augenblick. Viel zu warm verpackt kam ich mir sogar vor, als ich in meinen Winterklamotten – Wollmütze, Schal, Winterjacke und sogar den Fellstiefeln – ins Kühllager stiefelte. Es dauerte jedoch keine fünf Minuten, da spürte ich, wie die Kälte meinen ganzen Körper im Griff hatte.
Langsam kroch der Frost die Beine hinauf, die Fingerspitzen begannen zu kribbeln, das Gesicht fing an zu jucken. Die Kälte war bei mir angekommen. Der Hochsommer vor der Tür war vergessen. Auch der Gedanke an den heißen Sonnenschein draußen schaffte es nicht, mich innerlich aufzuwärmen. »Gleich erfriere ich«, ging mir durch den Kopf und »Der arme Herr Weber, wie hält er diese Kälte nur jeden Tag aus?«
Dann jedoch hörte ich ihn freudig verkünden: Feierabend! Er öffnete die schwere Tür und ich konnte zurück in den Sommer. Respekt vor Menschen wie Thomas Weber, dachte ich auf der Heimfahrt. Meine frostige Stippvisite war geschafft. Für Thomas Weber und seine Kollegen hingegen beginnt mit jedem Morgen erneut ein Arbeitstag bei arktischen Temperaturen. (mkl)
„Im Sommer erschlägt einen beim Schritt aus der Kälte dann erst einmal die Hitze“, beschreibt Weber sein Empfinden. Im Winter fühle sich die oft nasse und unselige Kälte draußen sogar noch viel kälter an, als der Dauerfrost im Gefrierlager. Denn dort sei die Luft trocken. Dennoch: Ohne Schutzkleidung halte man es keine fünf Minuten im Lager aus. „Und man muss sich bewegen, sonst friert man trotz Thermokleidung“, sagt Weber.
An Bewegung mangelt es ihm nie. Sein Arbeitstag beginnt zwischen 3 und 5 Uhr am Morgen. „Ich komme bei meiner Arbeit sogar regelmäßig ins Schwitzen“, sagt er. Aber er liebe seinen Job und das inzwischen seit 22 Jahren.
Drei Kühlanlagen sorgen für die Kälte
Getrennt voneinander halten drei hochmoderne Kühlanlagen den ständigen sibirischen Winter im Warenlager aufrecht. „Bei diesem Wetter haben die Kompressoren natürlich ordentlich zu tun“, sagt Warrington. Im Lager werden die Waren kommissioniert. Nachdem die Auslieferer ihre Bestellungen in ihre Fahrzeuge geladen haben, werden die Regale wieder mit Tiefkühlwaren aufgefüllt.
Thomas Weber kennt alle der rund 550 verschiedenen Artikel. Hundertprozentig weiß er auch, wo sie in den Regalen liegen. „Einmal in der Woche werden zudem rund 30 Paletten neue Waren angeliefert“, berichtet er. Die gelte es dann in die Regale im Tiefkühllager einzusortieren.
„Die Waren werden tiefgefroren geliefert und in der Vertriebsniederlassung tiefgefroren zwischengelagert“, sagt Douglas Warrington. 35 Verkaufsfahrer beliefern von Köttingen aus die etwa 21.000 Kundinnen und Kunden im Rhein-Erft-Kreis und der Region und stellen mit ihren fahrenden Gefrierschränken die Kühlkette sicher, bis die Ware die Gefrierschränke ihrer Kunden erreicht hat.
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Eis isst auch Thomas Weber übrigens immer noch sehr gern. Dieses Vergnügen könne ihm auch seine eiskalte Arbeit nicht drüben. Wenn er jedoch aus dem Gefrierbereich tritt, dann trinkt er zurzeit am liebsten gut gekühltes Wasser. „Im Winter ziehe ich allerdings heißen Tee oder Kaffee vor“, sagt er.
Bevor er bei Bofrost angefangen hat, war Thomas Weber Bäcker. Auch da sei er immer recht früh aufgestanden, sagt er. Und extreme Temperaturen, allerdings in die andere Richtung, habe er auch in der Bäckerei immer gut weggesteckt.