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Einstige InnovationErftstädter Solarradweg ist abgebaut – Erfinder insolvent

Lesezeit 3 Minuten
Die Solarmodule sind abgefräst, der Radweg ist neu asphaltiert. Nur Kabel am Wegesrand erinnern noch an die Teststrecke.

Die Solarmodule sind abgefräst, der Radweg ist neu asphaltiert. Nur Kabel am Wegesrand erinnern noch an die Teststrecke.

2018 war das Projekt, mit großen Hoffnungen versehen, eingeweiht worden. Nun hat Erftstadt die Notbremse gezogen.

Knapp 90 Meter neue Asphaltdecke, ein paar lose Kabelenden, die aus dem Erdboden ragen – mehr ist nicht übrig geblieben vom Erftstädter Solarradweg. Ach ja, ein immer noch nicht beendeter Rechtsstreit gehört auch noch zum Erbe des Projekts, das 2018 mit großen Hoffnungen eingeweiht worden war. Die Stadt hat nach fünfeinhalb Jahren die Notbremse gezogen, die Solarmodule abgefräst und eine neue Asphaltdecke aufgetragen.

„Wir mussten handeln“, sagt Stadtsprecher Christian Kirchharz. Es sei um die Verkehrssicherheit gegangen. Denn die gläsernen Teile, die das Sonnenlicht einfangen und in Strom umwandeln sollten bröckelten, die Scherben wurden zu Gefahr vor allem für Radfahrer. „Da war auch mit regelmäßigem Kehren nichts mehr zu machen“, so Kirchharz.

Für den Erfinder hat das Scheitern der Teststrecke gravierende Folgen

Der finanzielle Schaden für die Stadt ist gering. Denn der Solarradweg war Teil eines größeren Projektes, für das es Geld vom Bund gegeben hat. Die Strecke mit den kleinen, quadratischen Kacheln hat rund 140.000 Euro gekostet, Erftstadt hat nur zehn Prozent beigesteuert. Für das Gesamtpaket sind rund 800.000 Euro an Zuschüssen geflossen. Der „Infrastrukturring“, ein Radweg, der Einkaufszentrum, Innenstadt und Bahnhof anbindet, war damals im Rahmen der nationalen Klimaschutzinitiative des Bundesumweltministeriums gefördert worden.

Deutlich gravierendere Folgen hat das Scheitern der Teststrecke für den Erfinder des Solarradwegs. Donald Müller-Judex musste für sein Unternehmen Solmove im April 2023  Insolvenz anmelden. Er nimmt den Abbau der Solarmodule gelassen, wirkt aber resigniert: „Ich weiß nicht, warum die Stadt das Projekt blockiert hat.“ Irgendwann habe die Verwaltung nicht mehr auf seine Vorschläge zur Lösung der Probleme reagiert.

So sah es bis vor kurzem noch aus: die Module des Radwegs zerbrochen. Splitter liegen auf der Fahrbahn.

So sah es bis vor kurzem noch aus: die Module des Radwegs zerbrochen. Splitter liegen auf der Fahrbahn.

Und Probleme gab es reichlich. So richtig Strom produziert hat das Vorzeigeprojekt eigentlich nie. Erst funktionierte der Zähler nicht, der an einer Säule den Ertrag anzeigen sollte. Als im Winter Schnee fiel, schmolz der nicht wie angekündigt auf den Modulen, sondern blieb drauf liegen. Es gab Schwelbrände in den Buchsen, mehrfach musste die Feuerwehr anrücken. Daraufhin wurden die Kacheln mit Folie zugedeckt, Radfahrer mussten auf ein Provisorium ausweichen. Donald Müller-Judex rückte mit Helfern an und fräste in Handarbeit sämtliche Buchsen aus.

Doch letztlich machte die Flut alle Bemühungen, den Solarradweg zum Funktionieren zu bringen, zunichte. Und schließlich begannen die gläsernen Kacheln zu bröseln. Nun also der letzte Akt, der Abbau.

Bei der Eröffnung radelten Donald Müller-Judex, Svenja Schulze (damals Umweltministerin) und Volker Erner (damals Bürgermeister).

Bei der Eröffnung radelten Donald Müller-Judex (v.l.), Svenja Schulze (damals Umweltministerin) und Volker Erner (damals Bürgermeister).

Insolvenz anzumelden sei ein schwerer Schritt gewesen, gesteht Müller Judex: „Ich habe viel Herzblut und privates Geld in Solmove investiert.“ Übrig bleibt ein Fehlbetrag von rund 270.000 Euro – Geld, mit dem Investoren das Start up unterstützt hatten.

Er selbst verdiene sein Geld derzeit mit der Projektierung von Solaranlagen. Und er habe neue Pläne, sagt der Erfinder. Das Scheitern des Solarradwegs verbucht er unter Erfahrung, aus der man lernen kann: „Ich bin mir sicher, dass Solarstraßen eines Tages ganz selbstverständlich sind.“ Er selbst bleibe motiviert daran zu arbeiten, seinen Kindern eine bessere Welt zu hinterlassen. Und er ist sicher, dass sein Pilotprojekt viele, vor allem junge Leute inspiriert hat.