„Für viele Familien kaum zu stemmen“Jugend-Hospizdienst hilft auch in der Corona-Zeit
Erftstadt – Sie leben in derselben Wohnung, und doch haben die beiden Kinder ihre Schwester seit Wochen nicht gesehen. Zu groß ist die Angst, sie könnten das schwerkranke Mädchen mit dem Coronavirus infizieren: Distanz aus Liebe.
Ein Zeichen der Hoffnung
Der bundesweite Tag der Kinderhospizarbeit findet immer am 10. Februar statt. Im vergangenen Jahr wurde in Erftstadt aus diesem Anlass ein Film gezeigt, diesmal werden Gebäude grün beleuchtet und mit grünen Bändern geschmückt: nicht nur der Sitz des Hospiz-Vereins an der Carl-Schurz-Straße, sondern auch das Historische Rathaus in Lechenich werden heute illuminiert. Die Aktion am Rathaus ist eine Spende des Unternehmens Licht- und Tontechnik Melzer. (uj)
Im ersten Lockdown hatten die beiden Mädchen das Haus überhaupt nicht verlassen, um die kleine Schwester zu schützen. Es ist ein berührendes Beispiel dafür, wie die Pandemie gerade Menschen trifft, die es ohnehin schwer haben – Familien, in denen ein Kind so krank ist, dass es sterben wird. Der ambulante Kinder- und Jugend-Hospizdienst Rhein-Erft-Kreis, angesiedelt beim Hospiz-Verein Erftstadt, begleitet und unterstützt diese Familien.
25 Ehrenamtlerinnen – ein paar Männer sind auch dabei – besuchen zu normalen Zeiten die Betroffenen. Eine dieser Ehrenamtlerinnen ist Alexandra Krause. Sie versucht, den Kontakt zu der Familie, die sie begleitet, über Video-Treffen aufrechtzuerhalten. Allerdings kann das schwer kranke Mädchen nicht sprechen und nur schlecht sehen. Beim Gespräch mit der Mutter sei die Tochter einfach nur dabei. Und doch merke sie, dass es ihr gut tue, erzählt Krause. Ein vollwertiger Ersatz für die Besuche sei das aber nicht: „Als ich noch durfte, habe ich Körperkontakt mit ihr gehabt. Wir haben zusammen auf dem Boden gesessen, ich habe ihr vorgelesen oder Musik vorgespielt .“
Aktuelle Lage
Der ambulante Kinder- und Jugendhospizdienst im Rhein-Erft-Kreis begleitet derzeit 13 Familien. Die Ehrenamtlerinnen kümmern sich nicht nur um die kranken Kinder, sondern auch um deren Geschwister. Und um junge Erwachsene bis zum vollendeten 27. Lebensjahr.
Die Koordinatorinnen halten auch in der Corona-Krise Kontakt zu den Familien, telefonieren regelmäßig. Zu Weihnachten haben sie Tüten mit Geschenken an die Haustüren gebracht. Und zum Tag der Kinderhospizarbeit haben sie grüne Bänder verschickt und gebeten, Fotos von der Aktion zu schicken. Die grüne Beleuchtung und die grünen Bänder sollen nicht nur auf die Kinderhospizarbeit aufmerksam machen, sondern auch ein Zeichen der Hoffnung setzen. (uj)
Vom Einsatz der Ehrenamtlerinnen sollen nicht nur die kranken Kinder profitieren, sondern auch deren Geschwister. Und die Eltern, die wenigstens für ein paar Stunden die Verantwortung abgeben können und mal Zeit für sich haben. „Für viele Familien ist die Belastung kaum zu stemmen“, sagt Anja Geisler, Vorsitzende des Hospiz-Vereins. Der Tag der Kinderhospizarbeit sei eine Gelegenheit, das Thema Sterben zu enttabuisieren und Menschen anzuregen, sich Gedanken darüber zu machen.
Ehrenamtler werden weiter gesucht
Susanne Leibig ist eine der vier hauptamtlichen Kräfte des Hopiz-Vereins. Sie koordiniert den Einsatz der Ehrenamtlerinnen, der jetzt aber pausiert. „Im ersten Lockdown hat der Verein die Begleitung komplett heruntergefahren, diesmal haben wir es den Beteiligten freigestellt, wie sie es handhaben wollen“, sagt sie. Meist seien es jetzt die Familien, die die Fremdkontakte auf ein Minimum reduzieren wollten. Die Koordinatorin plädiert dafür, alle Menschen, die mit einem lebensverkürzend erkrankten Kind zu tun haben, bevorzugt gegen das Coronavirus zu impfen.
Trotz der derzeitigen Einschränkungen wirbt der Erftstädter Hospiz-Verein um neue Ehrenamtler. Für die gibt es zunächst mal einen „Ermutigungskursus“ – zum ersten Mal online. Danach können sich die Teilnehmer entscheiden, ob sie Kinder oder Erwachsene begleiten wollen oder sich auf Trauerarbeit spezialisieren. Oder ob sie dem Verein auf irgendeine andere Art unter die Arme greifen müssen. „Wir lassen unsere Ehrenamtler nicht allein“, betont Susanne Leibig. 80 bis 100 Stunden umfasse die Vorbereitung, beim ersten Besuch in einer Familie sei eine der Koordinatorinnen dabei.
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Bei diesem Kennenlerngespräch merke man schnell, ob die Chemie stimme, beruhigt auch Alexandra Krause. „Es tut gut, Freude zu machen“, umschreibt sie ihre Motivation. „Man kann mit so wenig so viel erreichen.“