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„Wie der Braten bei Oma“Deshalb schlachten immer weniger Metzger in Rhein-Erft selbst

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Erftstadt Metzger

Wolfgang und Melanie Axer aus Erftstadt-Gymnich betreiben eine der letzten Schlachtereien im Kreis.

Rhein-Erft-Kreis/Erftstadt – Die akkurat halbierten Schweine hängen kopfüber an Haken im Kühlhaus, und im Räucherschrank nebenan erhalten mehrere Fleischwürste ihren ganz eigenen Geschmack . Es war wieder Schlachttag in der Metzgerei an der Gymnicher Hauptstraße in Erftstadt.

Wolfgang Axer schlachtet noch zweimal die Woche – und gehört damit zu den wenigen verbliebenen Fleischermeistern im Kreis, die ihre Ware aus eigener Schlachtung herstellen und ihr Fleisch nicht von einem Schlachtgroßbetrieb beziehen.

Kurze Wege halten den Stress der Tiere niedrig

„Die Anforderungen für die eigene Schlachtstätte sind hoch, und der Aufwand ist groß“, sagt Axer, der seit 22 Jahren auch Obermeister der Fleischer-Innung Rhein-Erft ist, über die Schwierigkeiten, denen sich die Fleischer gegenübersähen. Zudem fehlten Viehzüchter in der Gegend, von denen man Rinder und Schweine beziehen könne. Und auch das Personal sei immer schwieriger zu finden.

CDU will Gebühren senken

Handwerksbetriebe müssen kämpfen

Die CDU will die Schlachtbetriebe im Rhein-Erft-Kreis finanziell entlasten und die Gebühren für Schlachtungen und die behördliche Fleischbeschau senken. Es gebe keinen Schlachthof im Kreis, nur kleinere Schlachtereien. „Kleinen Handwerksbetrieben fällt es immer schwerer, sich am Markt zu behaupten“, sagt CDU-Kreistagsmitglied und Landwirt Willi Liesenberg. „Die Konzentration auf Großschlachtbetriebe führt jedoch für die Tiere zu immer länger werdenden Transportwegen.“

Nach Angaben des Kreises gibt es noch 19 Schlachtbetriebe im Rhein-Erft-Kreis. Neben vier Metzgereien zählen dazu landwirtschaftliche Direktvermarkter wie Georg Mödder vom Gertrudenhof in Bergheim-Rheidt, der selbst schlachtet und seine Produkte im Hofladen verkauft, und auch Schafschlachtbetriebe.

„Diese unterscheiden sich von den klassischen Metzgereien dadurch, dass sie in der Regel nur schlachten, die Tiere zerlegen und frisches Fleisch verkaufen, aber keine Produkte, wie Wurstwaren, Schinken und ähnliches herstellen“, teilt der Kreis mit. „Teilweise wird dort auch nur saisonal geschlachtet.“

Fleischbeschaugebühren fallen laut Kreisverwaltung auch bei zwei im Kreis ansässigen Wildbearbeitungsbetrieben an, in denen das angelieferte Wild untersucht werden muss. „Hinzu kommen einzelne Hausschlachtungen bei Landwirten, die in unterschiedlicher Häufigkeit stattfinden, im Schnitt 25 bis 30 pro Jahr, Tendenz steigend.“ (dv)

Der 51-Jährige selbst bekommt die Bullen und Schweine von Höfen im Weiler Brüggen und in Euskirchen. „Die kurzen Wege halten den Stress für die Tiere niedrig“, sagt Axers Frau Melanie, die ihrem Mann im Betrieb zur Seite steht. Montags würden 25 Schweine, freitags ein bis zwei Bullen geschlachtet. „Mit den Bullen redet der Bauer immer noch.“

Rund 80 Prozent Stammkunden

Die Fleisch- und Leberwurst von Wolfgang Axer sind hochprämiert, und für das Schweinemett würden die Kunden viele Kilometer weit fahren. „Die Leute kommen sogar aus Köln“, sagt Axer, der den 1894 gegründeten Familienbetrieb im Jahr 2000 in vierter Generation übernommen hat.

Rund 80 Prozent der Käufer seien Stammkunden, berichtet Axer. Es seien überwiegend Leute, „die den Braten bei Oma gegessen haben und das so fortsetzen wollen“, sagt Melanie Axer. Die Kunden kauften ganz bewusst beim Metzger. In Zeiten, in denen eine gesunde Ernährung und Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt rücke, richte sich der Blick nicht nur auf vegetarisches oder veganes Essen, sondern auch auf gute Qualität beim Fleisch. „Es rufen Leute an und fragen, woher ich die Tiere beziehe oder womit sie gefüttert werden“, sagt Wolfgang Axer.

Heute nur noch 19 Innungsmetzgereien in Rhein-Erft

Die Zahl der Metzgereien und Schlachtereien hat im Kreis im Lauf der Jahre deutlich abgenommen. Im Jahr 2000 habe es noch rund 35 Innungsmetzgereien an Rhein und Erft gegeben, berichtet Axer. „Heute haben wir noch 19 Innungsbetriebe und vielleicht noch zwei oder drei Metzgereien, die nicht in der Innung sind.“ Schon jetzt sei abzusehen, dass in den nächsten fünf Jahren „drei oder vier weitere Betriebe schließen werden, weil es keinen Nachfolger gibt“.

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Fleischermeister, die noch selbst schlachten, gibt es kaum mehr. Außer dem Betrieb von Wolfgang Axer in Gymnich gibt es solche Metzgereien nur noch im Nordkreis: Elmar Schmitz in Bedburg, Heinz Schmitz und Söhne in Kerpen-Sindorf und Frank Prill in Bergheim Fliesteden, allesamt Betriebe mit jahrzehntelanger Tradition.