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Rhein-Erft-KreisWelche Konsequenzen drohen unangemeldeten Corona-„Spaziergängern“?

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Teilnehmer einer Kundgebung von Kritikern der Corona-Maßnahmen der Bundesregierung gehen beim „Montagsspaziergang“ durch die Stadt. Auch in Rhein-Erft sind diese noch aktiv. (Symbolbild)

Rhein-Erft-Kreis/Erftstadt – Ein Montag in Erftstadt. Einer wie so viele andere in den vergangenen Monaten. Menschen versammeln sich, stehen lose in kleinen Gruppen zusammen. Es mögen um die 40 sein. Zu Jahresbeginn waren es deutlich mehr gewesen. Der Grund, weshalb sie sich zu einem so genannten „Spaziergang“ treffen, ist geblieben: Es sind die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung.

Dass es fast keine Beschränkungen mehr gibt, dass Maskenpflicht nur noch an wenigen Orten gilt, und dass die ursprünglich geplante Impfpflicht so nicht kommen wird: Die Frauen und Männer, die an diesem Abend wieder durch Lechenich ziehen, scheint das nicht zu interessieren.

Rhein-Erft-Kreis: „Spaziergänger“ sehen Medien kritisch

Unverändert ist auch ihre Haltung gegenüber den Medien. Wie schon bei früherer Berichterstattung reagieren die „Montagsspaziergänger“ mit Ablehnung bis hin zu Anfeindungen. „Keine Fotos! Wir wollen nicht, dass hier fotografiert wird, auch nicht von hinten“, rufen einige. Fragen nach ihren Beweggründen bleiben unbeantwortet. Irgendwo fällt das Wort „Lügenpresse“. Und schon macht sich die Gruppe vom Parkplatz an der Klosterstraße auf, um durch Lechenich zu gehen.

Wie jeden Montag zuvor auch werden die Corona-Leugner von Polizisten begleitet. Zwar war das Treffen nicht angezeigt worden, wie es das Versammlungsgesetz vorschreibt, aber die Beamten halten trotzdem ein wachsames Auge auf die Gruppe. Andere Polizistinnen und Polizisten sind unweit dieses Treffens im Einsatz.

Erftstadt: Gegendemonstranten gegen Rechts

Am anderen Ende der Bonner Straße haben sich wie jeden Montagabend seit Mitte Januar diejenigen versammelt, die den Corona-Gegnern und „Spaziergängern“ die Straße nicht überlassen wollen. Ihre Botschaft hatten sie auch für alle Passanten sichtbar auf Plakate und Schilder geschrieben: „Null Toleranz für Neonazis und Feinde der Demokratie“ und „Stoppt Putins verbrecherischen Krieg“ zum Beispiel, aber auch: „Nein zu Coronaleugnern, Rechtsradikalen und Gewalt“.

Monika Bollin vom Aktionsbündnis Erftstadt sagt: „Ich mache hier mit, weil ich gegen Rechts bin.“ Den „Spaziergängern“ gehe es gar nicht ums Impfen. „Dahinter steckt eine demokratie- und staatsverachtende Gesinnung“, ist sie überzeugt. „Die haben sich von den in der Gesellschaft vorhandenen Regeln verabschiedet.“ Deutlich war auch die Botschaft von Angelika Steinschulte. Auf ihrem T-Shirt steht: „Omas gegen Rechts.“ Um Flagge zu zeigen, sind seit Mitte Januar auch Beate Liedemann vom Erftstädter Aktionsbündnis und Gehäd Steins aus Liblar jeden Montagabend dabei. Und wie jede Woche zuvor haben die Gegendemonstranten ihre Versammlung bei der Polizei angemeldet, was im Behördendeutsch „angezeigt“ heißt.

Verstöße in Hürth, Pulheim und Frechen

Auch an diesem Montag hat die Polizei nach Versammlungen in Hürth, Frechen und Pulheim Anzeigen geschrieben. Dort hatten sich Bürger getroffen, ohne dies anzumelden – ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz. Mittlerweile laufen mehr als 50 Verfahren gegen „Montagsspaziergänger“, sagte ein Sprecher der Kölner Polizei auf Anfrage dieser Zeitung. An ihn hatte eine Polizeisprecherin aus dem Rhein-Erft-Kreis verwiesen – was darauf hindeutet, dass der Komplex „Montagsspaziergänge“ bei den Behörden höher gehängt wird als die alltägliche Polizeiarbeit.

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Die Aussagen des Sprechers bleiben dennoch unkonkret. Die Staatsanwaltschaft entscheide, welche Schritte ergriffen werden, um die Verantwortlichen dieser „Versammlungen“ ausfindig zu machen. Fakt ist: Für keine der mehr als 50 Versammlungen wurden juristische Konsequenzen gezogen. Und vermutlich wird sich daran nichts ändern. Hinter vorgehaltener Hand sagen Polizeibeamte, die den „Spaziergängern“ Montag für Montag Geleitschutz geben, dass es intern heiße, dass das Versammlungsrecht in der Bundesrepublik ein hohes Gut sei – und die Behörden daher auch jene gewähren ließen, die ihre Treffen vorher nicht anmelden.