„Wir sind keine Umweltvergifter“Landwirte zeigen Einsatz für Naturschutz
Rhein-Erft-Kreis/Erftstadt – Mit einer ungewöhnlichen Aktion machen Landwirte in Erftstadt, der größten Flächenkommune im Kreis, seit Dienstag auf ihre Anliegen aufmerksam. Sie wollen sich nicht nachsagen lassen, den Umweltschutz zu vernachlässigen oder ihm gar zu schaden. Vielmehr sollen Bürger überzeugt werden, dass gerade die Landwirte einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt von Natur, Artenvielfalt und Kulturlandschaft leisten. An verschiedenen Kreuzungen im Stadtgebiet stehen daher fortan große Strohpuppen. An ihnen sind Texttafeln befestigt, die zum Nachdenken anregen sollen.
„Wir lassen uns nicht als Umweltvergifter hinstellen“
Anlass ist eine Unterschriftenaktion des „Bündnisses pestizidfreies Erftstadt“. Ein Flyer, der bei der Aktion verteilt wird, betont, dass auch Landwirte das Bündnis unterstützten. „Den Bürgern wird suggeriert, als ob wir da einfach so mitmachen. Das ist unlauter“, erklärt Stadtlandwirt Friedrich Schneider. Man gehe nicht in allen Ansichten des Bündnisses konform.
Tatsächlich passiere schon sehr viel für den Naturschutz. Nicht die Landwirtschaft trage Schuld am Klimawandel und Insektensterben. Schneider verweist als Beispiel auf die vielen Blühstreifen. „Wir lassen uns nicht als Umweltvergifter hinstellen.“ Der Erper Ortslandwirt Robert Odenthal ergänzt: „Tatsächlich leisten wir sehr viel für die Natur. Wir leisten Ernteverzicht auch zugunsten von Lerchen, Feldhamstern und Kibitzen, legen Honigweiden an.“ „Würden die Bürger so handeln wie wir, sähe es mit der Natur noch besser aus“, stützt Kreislandwirt Willi Winkelhag die Argumente seiner Berufskollegen.
Weniger Viehzucht als Grund für weniger Insekten
Der Rückgang der Insektenzahl sei auch wirtschaftlichen Veränderungen in der Landwirtschaft geschuldet. So gebe es im Kreis nur noch 600 bis 700 Betriebe, von denen nur noch ganz wenige Viehwirtschaft betrieben. Wo es kein Vieh gebe, fehlten auch Insekten. Landwirtschaft bedeute auch Pflege des Kulturraumes. Würden Weiden nicht gemäht, verschwinde auch blühende Vegetation. Die Flächen würden mit der Zeit verholzen, gibt der Ahremer Landwirt Jörg Hoffsümmer zu Bedenken.
Die Ergebnisse von Proben verschiedener Wasserstellen ergebe, dass in landwirtschaftlichen Flächen kein Glyphosat enthalten sei, wohl aber in jenen aus städtischen Abwassern. Gleichwohl machen die Landwirte klar, dass es ohne Düngung und Spritzen nicht gehe. „Wenn die Pflanze krank ist, müssen wir reagieren“, so Robert Odenthal. Und auf Düngung mit natürlichen Stoffen könne ebenfalls nicht verzichtet werden.
Gemeinsam Schritt für Schritt
Wichtig sei, dass Landwirte, Bürger und das Bündnis für ein pestizidfreies Erftstadt Schritt für Schritt gemeinsam in die richtige Richtung gingen, so Willi Winkelhag. Blinder Aktionismus hingegen bringe niemandem etwas. „Wir Landwirte brauchen verlässliche Partner, mit denen wir erfolgreich und gerne zusammenarbeiten können“, sagt Landwirt Odenthal. Dazu gehöre, die Bürger aufzuklären. Auch mittels einer größeren Informationsveranstaltung der Landwirte, kündigt Jörg Hoffsümmer.
„Wir können nicht gezwungen werden, zu produzieren, was der Markt nicht hergibt“, warnt Landwirt Hoffsümmer all jene, die glaubten, ein Wechsel auf biologischen Anbau sei die große Lösung. Denn dieser Anbau erfordere die doppelte Anbaufläche und bringe die Hälfte des Ertrags. Von der vermeintlichen Qualitätssteigerung des Produktes ganz abgesehen. Wer wirklich Fortschritt in der Ökobilanz wolle, müsse die Landwirtschaft vor Ort unterstützen und regional kaufen, regt Stadtlandwirt Schneider an.
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Ulrich Eckhoff, Sprecher des Aktionsbündnisses, zeigt sich verwundert über die Kritik. Im Flyer des Bündnisses seien keine Namen von Landwirten genannt. Inzwischen werde bereits versucht, gemeinsam eine Vermarktungsstrategie für biologisch angebaute Produkte zu finden. Es gehe zudem nur um städtische Flächen. Das sieht Landwirt Hoffsümmer anders. Alle Flächen seien gemeint. „Wir wollen aber den Dialog mit dem Bündnis“, stellt er klar. Eine Vereinbarung gebe es nicht. Ein Umbau in der Landwirtschaft auf biologische Produktion funktioniere keineswegs so, wie sich viele das vorstellten.