50 Gruppen aus dem kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Leben waren gekommen. 1400 Teilnehmende demonstrierten friedlich.
Stephan Brings dabeiErftstädter setzen Zeichen für Demokratie und Vielfalt
Stephan Brings musste nicht lange nachdenken: „Nachdem ich im Stadt-Anzeiger gelesen hatte, was hier heute passieren soll, habe ich einfach bei den Organisatoren angerufen und mich quasi selber eingeladen.“
Denn weil er oft mit dem Fahrrad durch den Rhein-Erft-Kreis fahre und Lechenich ganz gut kenne, sei es ihm ein Herzensanliegen,„ bei dieser so wichtigen Veranstaltung mit dabei zu sein“. Es tue gut zu sehen, dass die Menschen nicht nur in den Großstädten, sondern auch in den kleineren Orten auf dem Land, wo sich die Massen erfahrungsgemäß nicht so leicht mobilisieren ließen, gemeinsam für Demokratie einstünden.
Sprach es, griff zur Gitarre, stimmte den bestens zum Anlass passenden Song „Wir sin all, all, all nur Minsche“ an – und prompt hatte Stephan Brings, Sänger und Bassist bei der bekannten Kölschrock-Band Brings, einen mehr als tausendstimmigen Chor hinter sich.
Doch einem verschlug es bei dem beeindruckenden Anblick auf dem rappelvollen Lechenicher Marktplatz fast die Sprache – Thommy Mewes. Er hatte die Kundgebung organisiert: „Diese Resonanz hätte ich mir nicht träumen lassen. Wir senden hier heute ein wirklich kraftvolles Signal des Zusammenhalts und der Hoffnung aus. Ich freue mich so sehr, dass es gelungen ist, alle demokratischen Kräfte in Erftstadt zu vereinen. Dieser Zusammenhalt über Parteigrenzen hinweg ist ein Beispiel dafür, wie Demokratie gelebt werden kann.“
Unter dem erschreckenden Eindruck des rechtsextremistischen Treffens in Potsdam hatte Mewes nicht als grüner Kommunalpolitiker, sondern als Privatmann erst Anfang vergangener Woche die Initiative „Erftstadt für Demokratie – Vielfalt vereint“ gestartet. Die Liste der Unterstützerinnen und Unterstützer wurde von Tag zu Tag länger, und am Ende waren fast 50 Gruppen aus dem kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Leben beisammen.
Zu den demokratischen Parteien gesellten sich Pfadfinder, Karnevalisten, Sportvereine, Kirchengemeinden, Sozialverbände, Flüchtlingsinitiativen, Schützenbruderschaften und viele mehr. Mit dabei waren aber auch zahlreiche Erftstädterinnen und Erftstädter ohne Partei- oder Vereinsbindung.
Die vorsichtige Polizeischätzung lag bei 1200 bis 1400 Teilnehmenden. Doch in der Spitzenphase der gut zweistündigen Kundgebung könnten es augenscheinlich noch ein paar Hundert Menschen mehr gewesen sein. Viele hielten selbstgemachte Plakate mit Botschaften für Demokratie und ein gutes Miteinander und gegen Rechtsextremismus und Rassismus in die Höhe. Dabei grenzten sie sich vor allem klar und deutlich von der AfD ab, die immer mehr zur Gefahr für die Demokratie an sich werde.
Dieser Tenor zog sich auch durch ein rundes Dutzend immer mal wieder durch Musikbeiträge aufgelockerte Redebeiträge, wobei die Sprecherinnen und Sprecher ganz unterschiedliche Schwerpunkte setzten. Einige erinnerten am Holocaust-Gedenktag mahnend an die historischen Gräueltaten der Nationalsozialisten; andere äußerten ihre Besorgnis über das aktuelle Erstarken rechtsextremer Strömungen.