Biersommelière Julia Trunz möchte mit „Wit.ch“ an die Inquisition und die Ungleichstellung der Frauen erinnern.
Wit mit KräuternFrechenerin braut ein besonderes Bier zum Weltfrauentag
Es riecht süß, ein bisschen würzig und brummt laut. In den Gärtanks der gläsernen Brauerei am Alten Bahnhof wird gerade der nächste Lokstoff angesetzt, das Hausbier, ein obergäriges, unfiltriertes Wiess. In den Ausschank-Tanks lagert das ein Wit, fertig zum Anzapfen: Unter dem Namen „Wit.ch“ wird es ab dem Weltfrauentag angeboten – solange die vorhandene Menge von 840 Litern reicht. Das erste Glas wird um 17 Uhr gezapft, Bürgermeisterin Susanne Stupp (CDU) und Nina Herrmann, Frechens Gleichstellungsbeauftragte, werden dabei sein.
„Wit ist ein belgischer Bierstil, der in den 60er Jahren irgendwann ausgestorben ist, aber jetzt wieder entdeckt wurde“, berichtet Biersommelière Julia Trunz. Sie, ihr Mann und ihr Schwager betreiben den Alten Bahnhof und die dazugehörige Brauerei. Im monatlichen Wechsel gibt es hier neben dem Lokstoff und dem Finchen, das einem Kölsch entspricht, auch wenn es so nicht genannt werden darf, besondere Biere. Derzeit ist es eigentlich das „Märzen“, doch mit dem „Wit.ch“ hat es etwas Besonderes auf sich.
Ursprünge des Hexenkessels
„Damit möchte ich an die Inquisition und die Ungleichstellung der Frauen erinnern“, sagt Fachfrau Trunz. Im Mittelalter und schon lange davor sei das Bierbrauen eine traditionelle Frauenaufgabe gewesen, „zu jeder Mitgift gehört ein Braukessel.“ Durch hausgemachtes Bier hätten die Frauen einen wesentlichen Beitrag zur Gesundheit ihrer Familien geleistet, da mit dem Brauvorgang das Wasser lange abgekocht wurde, außerdem habe Hopfen eine antibakterielle Wirkung.
Mit der Hexenverfolgung wurde das Bild der Frau am Kessel zum Symbol des Bösen. „Wit.ch“ spielt mit dem Bild der Kräuterhexe: Die Gleisbrauer haben es mit Koriander, pfeffrigen Paradieskörnern und Bitterorangenschale sommerlich erfrischend abgeschmeckt. Außerdem bekomme es durch die Zugabe von Haferflocken ein cremiges Mundgefühl, verspricht die Bier-Expertin, die ein selbstgebrautes Wit anlässlich ihres Geburtstages im vergangenen Jahr erstmals im kleinen Kreis getestet hat.
Grünes Gold
Einmal in der Woche setzen Familie Trunz und Brauer Rolf Oster zwei Sude an. Zuerst wird Malz mit Wasser verkocht, entsteht daraus die Maische, später die Würze, der Pellets aus Hopfendolden vom Bodensee zugegeben werden. „Das ist grünes Gold“, schmunzelt Julia Trunz. In Gärtanks lagert das Bier drei bis vier Wochen lang, bevor es in die Ausschanktanks umgeleitet wird. Man kann es im Alten Bahnhof trinken, aber auch in Bügelflaschen zu ein oder zwei Litern kaufen.