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Ohne BehandlungNach drei Stunden in Notaufnahme fährt 82-jährige Frechenerin mit Taxi nach Hause

Lesezeit 5 Minuten
Auf dem Bild ist der Haupteingang des St. Katharinen-Hospitals in Frechen zu sehen.

Das Frechener St.-Katharinen-Hospital gehört mit rund 1000 Mitarbeitenden zu den größten Arbeitgebern in Frechen. (Symbolbild)

Elisabeth Vetter kam mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus. Dort kümmerte sich lange niemand um sie. Ihre Beschwerden laufen ins Leere.

Lange Wartezeiten in Notaufnahmen gehören zum Alltag in Krankenhäusern. Personalengpässe im pflegerischen und ärztlichen Bereich sind ein Grund. Die Lebensretter arbeiten am Limit. Und jeder Patient, der auf welchem Weg auch immer die Notaufnahme aufsucht, sieht sich selbst als Notfall.

Einer Forsa-Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse zufolge waren aber im Durchschnitt nur sechs von zehn Hilfesuchenden akute Notfälle. Wartezeiten auf den Fluren sind die Folge und führen oft zu unschönen Situationen. Viele Patienten fühlen sich alleingelassen. So auch eine 82-Jährige, die von ihren Erfahrungen im Frechener Krankenhaus berichtet.

82-Jährige fühlte sich im Krankenhaus vergessen und alleingelassen

Eine nächtliche Taxifahrt im Schlafanzug durch die Frechener City – eigentlich eher ein surrealer, schlechter Traum für Edeltraud Vetter. Doch der eleganten 82-Jährigen erschien dies an einem späten Freitagabend als der einzige Ausweg aus einer Situation, die ihr Angst machte – sie wollte zurück zu ihrem fürsorglichen Mann Lothar, zurück ins gemütliche Zuhause.

Zuvor hatte sie mit starken Schmerzen im Bein fast drei Stunden in der Notaufnahme des Frechener St. Katharinen-Hospitals verbracht, in die sie in einem Rettungswagen gebracht worden war, und sich dort vergessen und alleingelassen gefühlt. „Ich hatte schon seit dem frühen Nachmittag fürchterliche Schmerzen, mich überhaupt nicht wohlgefühlt, auch eine Tablette und Massagen haben nichts geholfen. Es wurde immer schlimmer“, berichtet die Frechenerin.

Ich habe gewartet und gewartet und immer mehr Angst bekommen, ich fühlte mich abgestellt.
Elisabeth Vetter, Patientin

Da sie eine Herzschwäche hat, befürchtete das rüstige Ehepaar eine Thrombose oder andere Komplikationen und rief gegen 19 Uhr einen Rettungswagen. Die Sanitäter kümmerten sich um Edeltraud Vetter und nahmen sie zu weiteren Untersuchungen mit ins Krankenhaus – im Schlafanzug. „In der Notaufnahme wurde ich auf eine Liege im Flur gelegt, die Schwestern liefen immer nur an mir vorbei und beachteten mich nicht. Ich habe immer wieder auf meine Herzschwäche und Schmerzen aufmerksam gemacht und gefragt, was nun mit mir passiert und ob ein Arzt kommt. Es hieß lapidar, dass gleich jemand käme“, erzählt die 82-Jährige, „ich habe gewartet und gewartet und immer mehr Angst bekommen, ich fühlte mich abgestellt“.

Nach rund drei Stunden und dem Handykontakt mit ihrem Mann beschloss sie, sich ein Taxi zu rufen und auf eigene Verantwortung nach Hause zu fahren. „Was mag nur der Taxifahrer gedacht haben, als ich da im Schlafanzug stand“, fragt sich Edeltraud Vetter noch heute. Das Ehepaar hat zwar Verständnis für die Situation im Krankenhaus, die Notaufnahme sei voll gewesen, aber dennoch: „Es muss doch ein Unterschied gemacht werden, ob man von alleine dort hin geht oder man im Rettungswagen kommt.“

Auf dem Bild ist der Ehemann der Patientin, Lothar Vetter, zu sehen.

Der Frechener Lothar Vetter äußert sich besorgt über die Notaufnahme des St. Katharinen-Hospitals, in die seine Ehefrau Edeltraud eingeliefert wurde.

Und auch am nächsten Morgen, am Samstag, als Lothar Vetter noch einmal auf der Notaufnahme angerufen habe, um den Vorgang zu klären, sei er „abgespeist“ worden. „Es wurde nur gefragt, ob ich wüsste, was für ein Werktag sei und dass samstags kein Arzt da wäre“, empört sich der 85-Jährige, „das kann doch nicht wahr sein“.

Der bei allen in der Notaufnahme arbeitenden Kollegen bekannte „Freitags-Tsunami“ hatte auch an diesem Tag eine Rolle gespielt.
Jakob Schall, Verwaltungsdirektor St. Katharinenhospital

Das St. Katharinen-Hospital nimmt dazu ausführlich Stellung und weist auf die Probleme hin. Verwaltungsdirektor Jakob Schall: „Natürlich bedauern wir die Umstände der Vorstellung in unserer Klinik, leider stellt das aber an einem Freitagabend die Lebenswirklichkeit in den deutschen Notaufnahmen dar. Der bei allen in Notaufnahmen arbeitenden Kolleginnen und Kollegen bekannte »Freitags-Tsunami« hatte auch an diesem Tag eine Rolle gespielt. Bis 13/14 Uhr Ruhe, Ebbe, dann die Flutwelle!“

„Insgesamt wurden 88 Patientinnen und Patienten behandelt. Hier müssen lebensbedrohliche, abwendbare Verläufe erkannt und behandelt werden, hier können wir nur bedingt Rücksicht auf die Wartezeit und den Komfort von nicht so schwer erkrankten Patienten nehmen. Für alle Tätigen in der Notaufnahme sind das unbefriedigende Zustände, die extrem belasten, hier könnte nur die Politik Abhilfe schaffen, konkrete Lösungsansätze sehe ich hier aber noch nicht! Bei der Patientin ist bei Einlieferung eine ordnungsgemäße Triage erfolgt.“

Bei einer Triage wird der Patient nach der Schwere der Verletzung eingeteilt. Je schwerer ein Patient erkrankt beziehungsweise verletzt ist, desto rascher muss die ärztliche Behandlung erfolgen. „Die Patientin wurde ordnungsgemäß eingeschätzt. Das Ziel der Ärzte und Schwestern/ Pfleger ist es natürlich, niemanden unnötig warten zu lassen“, so Verwaltungsdirektor Schall.

Mehr als 30.000 Patienten im Jahr in Frechen

Das Paar ist besonders aufgebracht, da es schon einmal eine für sie nicht verständliche Erfahrung mit dem Krankenhaus gemacht hat. Ende November 2022 war Edeltraud Vetter an einem Wochenende bereits mit dem Rettungswagen in die Klinik gebracht worden – mit dem Verdacht auf einen Wirbelbruch: Sie war in der Küche von einer kleinen Leiter auf den Rücken gefallen. „Es hieß dann dort montags, dass erst am Freitag ein MRT-Termin für die Diagnose frei sei“, erinnert sich ihr Ehemann. „Fast eine Woche hätte meine Frau im Krankenhaus liegen und auf die Aufnahmen warten müssen.“

Auf eigene Kosten und durch Vermittlung der Schwiegertochter kam damals bereits am nächsten Tag ein Termin in einer radiologischen Praxis in Köln zustande, der Wirbelbruch wurde bestätigt und Edeltraud Vetter in Frechen operiert. „Die Operation hat sehr gut geklappt, der Arzt war top!“, lobt das Ehepaar das Krankenhaus.

Lothar Vetter war Berufssoldat, das Paar ist siebenmal umgezogen und kennt viele Krankenhäuser: „Wir wissen um die schwierige Lage der Schwestern und Ärzte, aber so wie hier in Frechen geht das doch nicht, man bekommt Angst. Es müsste sich etwas ändern! Vielleicht können wir mit unserem Erlebnis anderen helfen, das ist unser Anliegen“, hoffen die Senioren. Schall versichert: „Mehr als 30.000 Personen werden pro Jahr bei uns behandelt. Alle, die bei uns arbeiten, tun alles, um den Patienten zu helfen.“