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Eklat um SEG-GeschäftsführerpostenUmstrittener Ratsbeschluss in Frechen ist rechtswidrig

Lesezeit 4 Minuten
Auf dem Bild sind die Gebäude des alten und neuen Rathauses in Frechen zu sehen.

Im Rathaus Frechen sorgt ein Ratsbeschluss für Streit.

Der Ratsbeschluss auf Antrag von CDU, SPD und Perspektive für Frechen widerspricht geltendem Recht und muss aufgehoben werden.

Das Urteil fällt eindeutig aus: Die Kommunalaufsicht hat einen Beschluss der Frechener Politik als rechtswidrig bewertet und der Verwaltung und Bürgermeisterin Susanne Stupp (CDU) Fehler bescheinigt - der Ratsentscheid muss in Teilen aufgehoben werden. CDU, SPD und Perspektive für Frechen hatten im Dezember die Schaffung einer hoch dotierten Geschäftsführerstelle der Stadtentwicklungsgesellschaft (SEG) mit einem Jahresbruttogehalt von rund 140.000 Euro beschlossen. Eine solche B3-Dotierung ist für eine Stadt in der Größenordnung von Frechen allerdings nicht zulässig.

Erftstädter Dezernent Jörg Breetzmann soll Geschäftsführer werden

Unter „Beanstandung eines Ratsbeschlusses“ geht es nun am 18. Februar im Rat erneut um den Posten, der schon im Dezember für Streit gesorgt und in den vergangenen Wochen auch die Kommunalaufsicht des Kreises beschäftigt hatte.

Auf dem Bild ist ein Schwarz-Protrait eines Mannes zu sehen.

Jörg Breetzmann, Erster Beigeordneter der Stadt Erftstadt, soll zum 1. April 2025 die Geschäftsführung der Stadtentwicklungsgesellschaft in Frechen übernehmen.

In der Dezember-Sitzung war der Antrag von CDU, SPD und Perspektive verteilt worden, um die Position im Stellenplan-Nachtrag einzurichten. Die Refinanzierung durch die SEG stelle dies als haushaltsneutral dar, so die Verwaltung. Kandidat ist der Erste Beigeordnete aus Erftstadt, Jörg Breetzmann.

Fragenkatalog an die Bürgermeisterin geschickt

In der damaligen Sitzung hatten die drei Oppositionsfraktionen sowohl die Vorgehensweise „als Überraschungscoup“ als auch den Inhalt beanstandet. Sie wiesen auf eine Rechtswidrigkeit und mögliche strafrechtliche Relevanz hin und verließen aus Protest vor der Abstimmung ihre Plätze. Ihr Antrag auf Vertagung wurde mit den Stimmen von Bürgermeisterin Susanne Stupp, CDU, SPD und Perspektive abgelehnt, der Antrag für die Stelle mehrheitlich beschlossen.

Auf dem Bild ist das Portrait einer Frau, der Bürgermeisterin von Frechen, zu sehen.

Frechens Bürgermeisterin Susanne Stupp wünscht sich eine dritte Amtszeit, um weiterhin ihre Heimatstadt zu vertreten.

„Diese rechtswidrige Beschlussfassung sehenden Auges haben wir als geradezu verstörend wahr genommen“, so die Fraktionen FDP, Grüne und BSW. Zwei Tage später schickten sie daher einen Fragenkatalog an die Bürgermeisterin, „bei dessen Beantwortung einem die Rechtswidrigkeit des Beschlusses nachgerade hätte anspringen müssen“. Da eine Antwort ausgeblieben sei, hätten sie sich Ende Januar wie angekündigt an die Kommunalaufsicht gewandt.

Frechen: Kommunalaufsicht wurde aufgrund von Presseberichten aktiv

Diese hatte allerdings bereits am 2. Januar aufgrund von Presseberichten die Bürgermeisterin um eine Stellungnahme gebeten. Am 31. Januar habe Stupp mitgeteilt, sie habe die Rechtsmäßigkeit mit fachanwaltlicher Beratung überprüfen lassen und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beschluss insoweit rechtswidrig sei, als die B3-Stelle geschaffen worden sei, heißt es in einem Schreiben der Kommunalaufsicht. Sie werde den Beschluss in der nächsten Ratssitzung beanstanden. Eine B3-Stelle kann auf kommunaler Ebene nur in Städten mit mehr als 600.000 Einwohnern geschaffen werden, Frechen hat rund 53.000 Einwohner.

Das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit von Verwaltungshandeln wurde mit Füßen getreten und eine mögliche Untreue steht im Raum
Frechener Fraktionen von FDP, Grüne und BSW

Der Kreisdirektor Michael Vogel konstatierte: „Diese Rechtsauffassung teile ich im Ergebnis. Soweit die Bürgermeisterin angibt, dass eine B3-Stelle für einen Laufbahnbeamten nicht hätte geschaffen werden dürfen, ist dies eine stark verkürzte Wiedergabe der Rechtslage.“

Auf dem Bild sind die Portraits von drei Fraktionsvorsitzenden zu sehen.

V.l.n.r.: Peter Singer (Linke), Uta Spork (Grüne) und Angela Lindemann-Berk (FDP) formulieren scharfe Kritik an der Verwaltung und Bürgermeisterin Susanne Stupp.

Die Begründung Stupps kritisieren FDP, Grüne und BSW: „Wir sind fassungslos, weil der Versuch unternommen wird, vorzutäuschen, der Beschluss kranke lediglich an einem relativ kleinen Fehler, der ja mal vorkommen kann. Dieser Beschluss aber ist rechtswidrig, weil die Stelle nicht ausgeschrieben wurde, weil die Ratsmitglieder über die Haushaltsneutralität der Stelle getäuscht wurden, weil das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit von Verwaltungshandeln mit Füßen getreten wurde und eine mögliche Untreue im Raum steht.“

Ich hätte schon erwartet, dass die Stadtverwaltung die komplizierten beamtenrechtlichen Fragen richtig bewerten würde
Hans Günter Eilenberger, Fraktionsvorsitzender der SPD

Auch bei SPD und Perspektive ist nun Kritik an der Verwaltung aufgekommen: „Natürlich können wir keine rechtswidrigen Beschlüsse fassen. Ich hätte schon erwartet, dass die Stadtverwaltung die komplizierten beamtenrechtlichen Fragen richtig bewerten würde“, so der SPD-Fraktionsvorsitzende Hans Günter Eilenberger.

Unter dem Strich bleibt festzuhalten, dass die Verwaltung offensichtlich ihren Job nicht gründlich gemacht hat
Dieter Zander, Fraktionsvorsitzender der Perspektive für Frechen

Dieter Zander, Fraktionsvorsitzender der Perspektive: „Es bleibt zu konstatieren, dass das gesamte Verfahren aus Sicht unserer Fraktion nicht gerade optimal verlaufen ist. Unter dem Strich bleibt festzuhalten, dass die Verwaltung offensichtlich ihren Job nicht gründlich gemacht hat, insbesondere was die Prüfung der Rahmenbedingungen anbetrifft.“

Wir sind überzeugt, dass in der nächsten Ratssitzung unsere Verwaltung eine Möglichkeit zur Umsetzung dieser Ziele vorstellen wird
Karla Palussek, CDU-Fraktionsvorsitzende

Karla Palussek, CDU-Fraktionsvorsitzende, zeigt sich optimistischer: „Nach unserem damaligen Kenntnisstand war die von uns beantragte Aufnahme im Stellenplan eine Möglichkeit, den Wohnungsbau und somit die Entwicklung der Grube Carl voranzubringen. Wir sind überzeugt, dass in der nächsten Ratssitzung unsere Verwaltung eine Möglichkeit zur Umsetzung dieser Ziele vorstellen wird.“

Stand heute ist, dass wir uns noch in Beratungen befinden und zu einem späteren Zeitpunkt sagen können, welche Lösung wir haben werden
Susanne Stupp, Bürgermeisterin Frechen

Noch scheint diese Möglichkeit aber nicht gefunden: „Stand heute (12. Februar) ist, dass wir uns noch in Beratungen befinden und zu einem späteren Zeitpunkt sagen können, welche Lösung wir haben werden“, teilt Bürgermeisterin Susanne Stupp mit. Ausschlaggebend für eine Überprüfung des Ratsbeschlusses sei ein Hinweis der Kommunalaufsicht gewesen. „Es ist beanstandet, dass die Aufnahme einer zusätzlichen B 3-Stelle unter Berücksichtigung gültiger Verordnungen in Frechen nicht möglich ist. Dabei geht es um die Position im Stellenplan der Stadt, nicht um den möglichen Stelleninhaber“, so Stupp.

Mit Stupps Begründung wollen sich FDP, Grüne und BSW nicht zufrieden geben: „Sowohl die Ratsmitglieder als auch die Öffentlichkeit haben einen Anspruch darauf, dass Rechtsverstöße vermieden, beseitigt, aber auch vollumfänglich aufgeklärt werden. Das ist eine Ignoranz, eine Missachtung, die einfach nur noch fassungslos macht.“

Der „mögliche Stelleninhaber“ Jörg Breetzmann bittet auf Anfrage dieser Redaktion darum, dass er in Anbetracht eines noch laufenden Verfahrens derzeit keine Stellungnahme abgebe. Letztlich könnten nur die in Frechen handelnden Verantwortlichen dies beantworten, so der Erftstädter Dezernent.