Der Brauch des Raspelns zu Ostern soll aus dem Mittelalter stammen. Doch die Tradition ist nicht bei allen Königsdorfern beliebt.
Krach machen aus TraditionGesellschaften halten das „Raspeln“ in Königsdorf lebendig
Wer an den ersten drei Osterfeiertagen morgens früh um 6 Uhr in Königsdorf von einem lauten, knatternden Geräusch wach wird, braucht sich nicht zu erschrecken. Im Gegenteil, beim Blick aus dem Fenster gibt es einen guten Grund zur Freude: Königsdorfer Kinder lassen die alte Tradition des „Raspelns“ wieder aufleben und ziehen mit den hölzernen Instrumenten durch das Dorf, um so auf das höchste Fest des Kirchenjahres aufmerksam zu machen.
Der Hintergrund: In den Kartagen vor Ostern läuteten bis ins 20 . Jahrhundert traditionell von Gründonnerstag bis zur Osternacht keine Kirchenglocken. Stattdessen zogen früher die Messdiener mit den Raspeln durch den Ort, um zu den einst üblichen Osterandachten aufzurufen und die Tageszeit zu vermitteln.
Denn der Brauch soll aus dem Mittelalter stammen, in dem sich das Leben nach dem Läuten der Kirchenglocken richtete, da niemand Uhren oder Wecker besaß. Noch suchen die Organisatoren des traditionellen Brauchtums, die Maigesellschaft 1448 und die Dorfgemeinschaft 1948 St. Magdalena weitere Kinder im Alter von sechs bis 13 Jahren, die mitmachen wollen.
Auch nichtkatholische Kinder sind willkommen
Dabei spielt die Religionszugehörigkeit keine Rolle, auch nichtkatholische Kinder sind willkommen. „Bis in die 60er-Jahre war die Aktion ein Selbstläufer“, erinnert sich Manfred Heck von der Dorfgemeinschaft. Der 60-Jährige hat selbst als Kind in Kleinkönigsdorf geraspelt und war sieben Jahre lang dabei.
Ab 1999 ließ das Interesse an der Tradition dann nach. Nur vier Jahre später wurde die Aktion jedoch wiederbelebt. „Wir hatten erkannt, dass wir etwas für den Nachwuchs tun müssen“, erläutert Heck, „wer mit sechs Jahren nicht raspelt, der stellt auch mit 16 Jahren keinen Maibaum auf“.
Ein Vorbild ist Marius Kurth: Der 22-Jährige war bereits als Fünfjähriger beim Raspeln dabei. „Ich hatte gerade genug Kraft, die Raspel zu drehen“, erinnert er sich lachend, „ich habe mich immer darauf gefreut, Krach machen zu können und den ganzen Tag mit anderen Kindern zu verbringen.“ Kurth blieb bis heute dabei. Er ist sowohl Anführer der Truppe als auch Helfer, und er ist auch der Maigesellschaft treugeblieben, bei der er das Amt des Schriftführers inne hat.
An Gründonnerstag gibt es für die Raspelkinder zwei Termine, an Karfreitag drei und am Karsamstag zwei, wobei der erste jeweils um 6 Uhr losgeht. „6 Uhr hört sich vielleicht etwas früh, entspricht aber eben der Tradition des Kirchenfestes. Warum soll man also nicht einmal einen Frühlingstag bei Sonnenaufgang genießen“, fragt sich der Raspel-Beauftragte. Am Karsamstag steht dann ab 10 Uhr noch der „Heischegang“ auf dem Programm. In kleinen Gruppen ziehen die Kinder von Tür zu Tür und singen ein traditionelles Osterlied: „He kumme die Jonge; Kinder, die jeraspelt han; die wulle och jän e Osterei han. Eins, och zwei, zwei, och drei; un ene decke Weck dobei.“
Das Sammeln von Ostereiern, Süßigkeiten und kleinen Geldbeträgen ist einer der Gründe, warum die Raspel-Tradition auch in früheren Jahren fortgeführt wurde. Denn als Dank für ihre Mühe wurden den Jungen früher für die Ostertage von den Pfarrern und Küstern die Entlohnung durch die Dorfbewohner mit Naturalien abgetreten. Sie durften selbst bei den Dörflern Eier und kleine Spenden sammeln und unter sich aufteilen. Auch als die Zeit der festen Osterandachten vorbei war, behielten die Dorfjungen die Tradition des Raspelns bei, um weiter in den Genuss der kleinen Gaben zu gelangen.
Tradition stößt auch auf Unverständnis
„Bei uns kommt keiner zu kurz, auch wenn es hauptsächlich um den Spaß an der Freude geht, ist so eine Kleinigkeit oder etwas für das Sparschwein doch schön.“ Auch heute noch werden die Spenden gesammelt, fair aufgeteilt und in kleinen Tüten verpackt an die Kinder verteilt. Insbesondere die älteren Dorfbewohner freuten sich stets über den Besuch der Kinder, weiß Heck. Sogar aus Köln seien schon ehemalige Königsdorfer eigens zum Raspeln wieder in den Heimatort zurückgekehrt, um Kindheitserinnerungen aufleben zu lassen. Auch die Königsdorfer Geschäftsleute unterstützen die Aktion.
Dennoch sei es auch schon zu Protesten oder sehr unfreundlichen Kommentaren gekommen. Vor allem die Neuzugezogenen möchten die beiden Vereine erreichen: „Wir wollen mit unserer Arbeit alle Bürger in Königsdorf einbeziehen und ihnen Traditionen nahebringen, die diesen Ort erst ausmachen“, sagt Heck. Niemand sei gezwungen, den Kindern etwas zu spendieren – aber dass ihnen, wie in den Vorjahren mitunter geschehen, die Tür kommentarlos vor der Nase zugeknallt worden sei, könne er nicht verstehen: „Was für ein Benehmen sollen die Kinder daraus lernen?“ (aj)
Die Termine an den Kartagen in Frechen
Die Dorfgemeinschaft und die Maigesellschaft in Königsdorf sowie die Messdiener in Bachem haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Tradition des Raspelns lebendig zu halten. Jetzt werden Kinder gesucht, die diesen alten Brauch fortführen wollen.
Königsdorf Alle Kinder, die mindestens sechs und höchstens 13 Jahre alt sind, können in Königsdorf beim Raspeln mitmachen. Das erste Treffen findet am Gründonnerstag, 6. April, 11.30 Uhr, an der St. Magdalenen-Kapelle, Am Kapellchen, statt. Geraspelt wird in Königsdorf (Wald-, Grein-, Wildstraße/Triftweg, Hirsch- und Gemsenweg, Widderstraße, St. Elisabeth-Heim, Wald- und Franz-Lenders-Straße bis zur Schule). Es gibt jeweils mehrere Touren, ein Durchgang dauert rund eine Stunde. Termine sind am Gründonnerstag, 6. April, 12 und 18 Uhr, Karfreitag, 7. April, 6, 12 und 18 Uhr und Karsamstag, 8. April, 6 Uhr.
Am Karsamstag ab 10 Uhr findet der „Heischegang“ von Tür zu Tür statt, zum Abschluss gibt es ein geselliges Beisammensein mit Würstchen-Essen auf dem Waldfestplatz am Ende der Widderstraße. Wer mitmachen möchte oder Fragen hat, kann sich bei Manfred Heck von der Dorfgemeinschaft unter 01573/8201323 oder per E-Mail melden. Auch spontane Teilnehmer sind willkommen.
Bachem Im Stadtteil Bachem wird die Tradition des Raspelns von den Messdienern fortgeführt. Sie raspeln am Karfreitag, 7. April, 6, 12 und 18 Uhr, sowie am Samstag, 8. April, 6 Uhr. Wer sich für einen Osterbesuch von den Messdienern in Bachem anmelden möchte, kann sich bis Donnerstag, 6. April, per E-Mail oder per Post mit Namen und Adresse an Mauritiusstraße 94, 50226 Frechen, anmelden. Dann kommen die Messdiener für einen Ostergruß zu den Menschen nach Hause. Spenden für die Raspelaktionen sind den Bachemer Messdienern willkommen. (aj)