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Kaplan Carl HavenithDer unangenehmste Gegner der Frechener Nationalsozialisten

Lesezeit 3 Minuten

Carl Havenith im Jahr 1921, noch vor seiner Priesterweihe.

  1. Heimatforscher Egon Heeg hat sich mit dem Wirken von Kaplan Carl Havenith beschäftigt.
  2. „Er wurde von den Frechener Nationalsozialisten als ihr unangenehmster Gegner angesehen“, berichtet Heeg.
  3. So beeinflusste der Kaplan vor dem Zweiten Weltkrieg das Leben in Frechen.

Frechen – Als Geistlicher hat er nur kurze Zeit in Frechen gewirkt. Doch Spuren hat Carl Havenith allemal hinterlassen. Von 1931 bis 1934 war er Kaplan an St. Audomar, und er kämpfte vehement gegen Terror und Gewalt, insbesondere gegen den aufkommenden Nationalsozialismus.

Carl Havenith ist vor mehr als 40 Jahren gestorben, am 12. Mai 1980 im Alter von 84 Jahren. Der Frechener Heimatforscher Egon Heeg hat sich intensiv mit dem Wirken des Geistlichen in Frechen befasst.

Heimatforscher Egon Heeg

Dazu wertete er unter anderem Haveniths Tagebücher aus. „Er war ein Mann, der ohne Wenn und Aber gegen den hereinbrechenden Ungeist antrat und bald von den Frechener Nationalsozialisten als ihr unangenehmster Gegner angesehen wurde“, berichtet Heeg.

Carl Haveniths Erlebnisse im Ersten Weltkrieg

Havenith, der 1896 in Oberhausen geboren wurde, gehörte im Ersten Weltkrieg zum Fliegergeschwader Richthofen. Das Erlebnis des schrecklichen und sinnlosen Krieges habe ihn in einen glühenden Kämpfer für den Frieden und in einen Pazifisten verwandelt, so Heeg. 1928 wurde er als Priester geweiht, 1931 trat er seinen Dienst als Kaplan in Frechen an. Dort kümmerte er sich intensiv um die Jugend.

Im Heft „Katholische Jugend“ wurde im Juni 1933 auch über die Eröffnung des neuen Jugendheim berichtet.

So habe er binnen weniger Monate einen katholischen Jungmännerverein geschaffen, dem die Mitglieder nur so zuströmten. Die katholische Jugend sei zahlenmäßig so stark gewesen, dass der Kaplan sie auch öffentlich auftreten lassen konnte – den ständigen Aufzügen der die Straße beherrschenden Nationalsozialisten und Kommunisten zum Trotz. Wie Heeg recherchiert, gab es am Abend des 10. Oktobers 1931 einen Schweigemarsch der katholischen Jugend in Frechen. Hunderte Teilnehmer zogen mit Fackeln durch die Straßen. Heeg: „Sie wollten damit zeigen, dass die Straße nicht länger nur den lautstarken Kräften des Terrors und der Gewalt gehörte.“

Frechen: Alle 14 Tage erschien die „Katholische Jugend“

Havenith war auch Schriftleiter des Organs „Katholische Jugend“, das alle 14 Tage als Beilage des Frechener Tageblattes erschien. Unermüdlich schrieb er Artikel gegen Kommunismus und Nationalsozialismus. Diese Haltung behielt er laut Heeg auch bei, als Hitler und seine Gefolgsleute 1933 an die Macht kamen: „Während sonst in Frechen jedwede Opposition gegen die neuen Machthaber schnell erloschen war, erschienen weiterhin seine kompromisslosen Artikel im Frechener Tageblatt.“ In seinen Artikeln wandte sich Havenith gegen die nationalsozialistische Rassenideologie, in Glossen nahm er das Tagesgeschehen aufs Korn.

Wie bei diesem Ausflug im Jahr 1932 bot der Kaplan (l.) den Frechener Jugendlichen viele Freizeitaktivitäten an.

Gegen den Alleinvertretungsanspruch der Hitlerjugend, so Heeg, setzte Havenith weiter auf die Stärkung der katholischen Jugend. So wurde am 31. Mai das neue katholische Jugendheim an der Alte Straße eingeweiht und provokativ „Christi Stürmer-Haus“ genannt. Heeg: „Der Mann in der schwarzen Soutane wurde zum roten Tuch für die braunen Machthaber.“

Katholische Jugend: 1933 schlug die Gestapo zu

1933 schlug erstmals die Gestapo zu. Das Vermögen der katholischen Jugend wurde beschlagnahmt, das Jugendheim geschlossen. Ein Erfolg war die Aktion nicht: Das Ansehen der Jugend von St. Audomar wuchs dadurch noch, so dass die Nazis die Repressalien schon eine Woche später wieder rückgängig machten. Havenith und die katholischen Jugend verstärkten ihre Aktivitäten noch.

Havenith war später Pfarrer in Büderich und Merten an der Sieg.

„Jeder NS-Jugendveranstaltung wurde durch gleichzeitige konfessionelle Angebote das Wasser abgegraben“, so Heeg. Im Vergleich zu den katholischen Jugendgruppen sei die Hitlerjugend der Bevölkerung immer mehr als „rüpelhafte Horde“ erschienen. Heeg: „Die NSDAP musste befürchten, den Kampf um die Frechener Jugend zu verlieren.“

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Aufgrund des massiven Drucks der NSDAP versetzte die Kirche den Kaplan am 31. Januar 1934 schließlich nach Essen. Die katholische Jugend bot den Nazis in Frechen weiter die Stirn. Durch immer neue Verordnungen wurden ihre Aktivitäten eingeschränkt, bis sie schließlich 1938 verboten wurde.

Carl Havenith wurde 1939 erneut versetzt, diesmal nach Düsseldorf-Oberkassel. Als Pfarrer war er später in Büderich und in Merten an der Sieg tätig. Dort blieb er bis zu seinem Tod.