Streit um ein Grundstück: Die Fraktionen von FDP, Grünen und BSW sehen sich in ihrer politischen Arbeit von der Verwaltung in die Irre geführt.
„Völlig unerklärlich“Politiker in Frechen fordern Aufklärung über städtischen Immobilienbesitz

Die Königsdorfer Manfred Krumpf, Tilo Frank und Volker Friederichs (v.l.) haben das Grundstück (im Hintergrund) an der Pfeilstraße in den Fokus gerückt.
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Eigentlich sieht das große Grundstück an der Pfeilstraße in Königsdorf nahe der Gerhard-Berger-Halle relativ unspektakulär aus, und doch ist darum ein heftiger Streit zwischen Politikern und Verwaltung entstanden.
Das seit Jahren brachliegende Gelände ist dicht mit wilden Sträuchern und Bäumen bewachsen, ein kleiner Trampelpfad führt durch die rund 7.600 Quadratmeter große Fläche. Kinder haben sich als Unterschlupf ein Tipi aus großen Ästen gebaut, vereinzelt liegt Sperrmüll und Abfall herum. Der Grund für den Zwist: Das Grundstück gehört der Stadt, doch ein Großteil der Ratspolitiker war bislang wohl nicht darüber informiert.
Frechen: Bürger rückten das Gelände in den Fokus
Es tauchte bisher auch nicht in Aufstellungen über städtische Flächen auf, die zum Beispiel für die Unterbringung von Geflüchteten untersucht wurden. Erst auf Initiative einiger Königsdorfer rückte das Gelände kürzlich in den öffentlichen Fokus. So schlug Volker Friederichs von der Elterninitiative der Johannesschule es für die Errichtung einer mobilen Schulsporthalle vor. Tilo Frank und Manfred Kumpf von der IG Marienhofer Weg sehen es als gute Alternative zu den Bauplänen der Stadt für Wohnungsbau oberhalb ihrer Straße.
Ein Teil des Geländes ist an einen benachbarten Gartenbaubetrieb verpachtet, der hinter einem Zaun Pflanzen anbaut und einen privaten Beachvolleyplatz aufgebaut hat. Dieser Pachtvertrag sei nun fristgerecht zum 31. Dezember gekündigt, so Kämmerin Gudrun van Cleef. Es gebe bisher keine Planung zur anschließenden Nutzung des Grundstücks, so die Stadt.
Die Fraktion der Perspektive hat nun für die Ratssitzung im Mai beantragt, die Aufstellung von Containern auf dem Grundstück zu prüfen, sofern es nicht für die Errichtung einer mobilen Sporthalle benötigt werde. Sie schlägt dafür auch die Basketballfläche am Rande des Sportparks Königdorf vor, die kaum mehr genutzt werde. Dies solle „die Zweckentfremdung der Sporthallen zur Unterbringung künftig unbedingt vermeiden“.
Auf dieser Fläche hätte eine mobile Turnhalle und auch eine Unterkunft für geflüchtete Menschen rein theoretisch schon lange errichtet sein können
Die „überraschende Information“ über den städtischen Immobilienbesitz erzürnt die Fraktionen der FDP, Grüne und BSW – sie fordern nun von Bürgermeisterin Susanne Stupp (CDU) und der Verwaltung „eine umgehende und umfassende Aufklärung über die städtischen Liegenschaften inklusive bestehender Pachtverhältnisse und Nutzungen“.
„Bis auf die CDU Fraktion waren offenkundig alle anderen anwesenden Fraktionen überrascht, dass die Stadt Frechen Eigentümerin der Liegenschaft an der Pfeilstraße ist. Auf dieser Fläche hätte eine mobile Turnhalle und auch eine Unterkunft für geflüchtete Menschen rein theoretisch schon lange errichtet sein können“, beklagen die drei Fraktionen in ihrer Anfrage an Stupp.

Auf dem verwilderten Grundstück an der Pfeilstraße haben Kinder ein Tipi gebaut, zum Teil liegt Abfall und Spermüll herum.
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„Das jetzt in Rede stehende Grundstück wurde nicht erwähnt, obwohl es auf Grund seiner Größe und Lage optimal für eine Flüchtlingsunterkunft erscheint. Dies erweckt Zweifel, ob die insoweit gefassten Beschlüsse überhaupt Bestand haben können. Eine politische Arbeit ohne verlässliche Informationen ist nicht möglich und eine Vorauswahl der Informationen durch die Verwaltung führt den Rat in seiner Entscheidung - bewusst oder unbewusst sei an dieser Stelle dahin gestellt – in die Irre.“
Es kann nicht sein, dass der Politik solche Informationen vorenthalten werden
Stand heute erscheine es völlig unerklärlich, warum trotz des enormen Handlungsdrucks in den vergangenen Jahren angesichts der massiven Migrationsbewegungen bis heute entweder keine gründliche Analyse der Liegenschaften der Stadt Frechen erfolgte – oder diese erfolgte und deren Ergebnisse nicht offengelegt wurden, klagen die Politiker.
„Es kann nicht sein, dass der Politik solche Informationen vorenthalten werden“, erklärte Uta Spork, Fraktionsvorsitzende der Grünen. „Eine transparente Verwaltung ist die Grundlage demokratischer Entscheidungen – und dazu gehört selbstverständlich auch eine vollständige Übersicht über städtisches Eigentum.“
Dass ein offenbar geeigneter Standort wie das Grundstück an der Pfeilstraße dabei nicht einmal erwähnt wurde, ist nicht nachvollziehbar und wirft Fragen auf
Angela Lindemann-Berk, Vorsitzende der FDP-Fraktion, betonte: „Wir haben im Rahmen des Gesamtkonzepts zur Unterbringung von Geflüchteten viele Flächen diskutiert. Dass ein offenbar geeigneter Standort wie das Grundstück an der Pfeilstraße dabei nicht einmal erwähnt wurde, ist nicht nachvollziehbar und wirft Fragen auf.“
Auch Peter Singer, Fraktionsvorsitzender der BSW, äußert sich kritisch: „Wenn politische Entscheidungen auf unvollständiger oder selektiver Informationsbasis getroffen werden müssen, ist das eine Missachtung unserer Arbeit im Rat. Der Eindruck entsteht, dass bewusst Einfluss auf die Richtung der Debatte genommen wird.“
Lasst uns ruhig links und rechts der Stadtgrenzen davon lernen, was andere Kommunen tun und wie das gut gelingen kann
Der CDU-Bürgermeisterkandidat Gerd Koslowski hatte sich vor einigen Tagen in den sozialen Medien zu der Kommunikation rund um die Unterbringung von Geflüchteten in Sinnersdorf zu Wort gemeldet und die Stadt Pulheim als Vorbild gepriesen: „Kompliment an die Stadt Pulheim. Wir in Frechen wissen ja, wie anspruchsvoll es ist, die Bürgerinnen und Bürger bei der Unterbringung von Geflüchteten gut mitzunehmen und auf ihre Anliegen einzugehen.“
Und weiter: „Lasst uns ruhig links und rechts der Stadtgrenzen davon lernen, was andere Kommunen tun und wie das gut gelingen kann. Der Fall Pulheim zeigt: Offene und ehrliche Kommunikation gehört dazu! “