Nach langer Corona-PauseSchausteller im Rhein-Erft-Kreis atmen auf
Frechen – Als sie ihr Kinderkarussell Anfang Januar 2020 wie immer um diese Zeit in den Winterschlaf legten, ahnten die Zillkens noch nichts Schlimmes. „Doch plötzlich war Corona da – und aus den üblichen acht oder zehn Wochen Kirmespause wurden schließlich volle 21 Monate Zwangspause.
Da war wirklich eine verdammt harte Zeit für uns, nicht nur wegen des Verdienstausfalls, sondern auch vom ganzen Lebensgefühl her“, sagte der Frechener Schausteller Reinhard Zillken mit Blick auf den für seine Branche besonders harten Lockdown.
Rhein-Erft: Kirmesleute aus Leidenschaft
„Wir sind nun mal Kirmesleute aus Leidenschaft“, ergänzte seine Frau Nicole, „es ist schon schwer, wenn du 25 Jahre lang fast jedes Wochenende auf dem Rummelplatz zugebracht hast und dann plötzlich zu Hause Däumchen drehen musst.“
Am Samstag war die Leidenszeit vorbei: Auf der Frechener Herbstkirmes durfte sich das auf Hochglanz polierte Kinderkarussell zum ersten Mal seit fast zwei Jahren wieder drehen, und den Betreibern gingen die Herzen auf: „Endlich wieder strahlende Kinderaugen, endlich wieder buntes Treiben. Es tut auch gut, die ganzen Kolleginnen und Kollegen von den anderen Kirmesgeschäften wiederzusehen“, sagte Nicole Zillken, als sie den Blick über den Rathausvorplatz schweifen ließ, wo am späten Samstagnachmittag bei da noch gutem Wetter ziemlich großer Andrang herrschte.
Frechen: „Es herrscht eine ganz besondere Stimmung"
„Man merkt, wie sehr sich die Leute danach gesehnt haben, wieder feiern und Spaß haben zu dürfen. Es herrscht eine ganz besondere Stimmung. Alle genießen die neue Freiheit und die unbeschwerte Atmosphäre in vollen Zügen“, schilderte der Schausteller.
Zillken bringt nicht nur das Kinderkarussell auf Touren, sondern ist auch der Organisator der kleinen, aber feinen Herbstkirmes und konnte sich in dieser Funktion unmittelbar vor Veranstaltungsbeginn über frohe Kunde von den Behörden freuen: „Die am Freitag in Kraft getretene neue Corona-Schutzverordnung gewährt für Veranstaltungen im Freien einige Lockerungen etwa in Hinblick auf die Maskenpflicht. Das kommt uns natürlich sehr gelegen. Doch die Leute sind nach meinem Eindruck weiterhin diszipliniert. Wo es sich knubbelt, setzen viele ihre Maske freiwillig auf und achten von sich aus auf Abstände in den Warteschlangen.“
Rhein-Erft-Kreis: Mit Aushilfsjobs über Wasser halten
Bei der Vorbereitung hatte Zillken erleichtert festgestellt, dass fast alle Stammschausteller noch am Start sind und die Zwangspause offenbar überstanden haben, obwohl sich die staatliche Unterstützung in sehr überschaubaren Grenzen gehalten hatte. „Viele von uns mussten sich während des Lockdowns mit Aushilfsjobs in anderen Branchen über Wasser halten; ich selbst habe als Verkäuferin im Supermarkt gearbeitet“, berichtete Nicole Zillken.
Auch Wilfried Hoffmann aus Leverkusen, dessen „American Dream“-Autoscooter seit Langem zu den Hauptattraktionen der Frechener Herbstkirmes gehört, berichtete von Kollegen, die als Lkw-Fahrer oder Paketauslieferer gearbeitet haben. „Das ist in unserer Branche auch nicht unüblich. Die kleineren Schausteller haben oft noch ein zweites Standbein. Am Wochenende sind sie auf dem Kirmesplatz, unter der Woche verdienen sie sich in anderen Bereichen etwas dazu.“
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Hoffmann selbst musste allerdings auch seine finanziellen Rücklagen angreifen. „Da ist einiges an Geld draufgegangen, dass ich eigentlich fürs Alter angespart hatte.“ Während die Zillkens erst jetzt wieder durchstarten konnten, ist der Autoscooter-Spezialist schon seit Juli wieder auf Achse, auf sogenannten Pop-up-Jahrmärkten. Die seien aber das Gelbe vom Ei, meinte er.