„Eule“ verschweigt IdentitätBesetzerin aus dem Hambacher Forst muss ins Gefängnis
Kerpen – Viele hatten erwartet, dass die Angeklagte gegen Anrechnung ihrer Untersuchungshaft auf freiem Fuß gesetzt wurde. Doch es kam anders: Richter Peter Königsfeld und seine beiden Schöffen vom Amtsgericht Kerpen verurteilten eine junge Waldbesetzerin aus dem Hambacher Forst jetzt wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung zu neun Monaten Jugendhaft. Die Strafe, die ausdrücklich nicht auf Bewährung ausgesetzt wurde, führte zu Unruhe im Gerichtssaal. Viele Unterstützer aus der Waldbesetzerszene hatten die Verhandlung verfolgt, weshalb die Polizei wieder mit einem Großaufgebot am Amtsgericht erschienen war. Zwei Zuschauer wurden bei der Urteilsverkündigung, die unter lautstarken Protesten erfolgten, als Störer von Justizbeamten aus dem Gerichtssaal gezerrt.
Die Identität der Angeklagten steht nicht fest: Sie nennt ihren Namen nicht und wird innerhalb der Aktivistenszene „Eule“ genannt. Bei der Räumungsaktion des Waldes am 25. September im vergangenen Herbst hatte sie sich in einer Art Hängematte in der Nähe eines Baumhauses aufgehalten. Da sie trotz Aufforderung der Polizei nicht herunterkam, wurde sie von Spezialbeamten mit Hilfe eines Hubwagens heruntergeholt und dann in eine Gefangenensammelstelle nach Aachen gebracht. Wie am Einsatz beteiligte Polizisten als Zeugen vor Gericht aussagten, hatte sie sich dabei heftig gewehrt. Ein Polizist wurde getreten, eine andere Beamtin leicht an der Hand verletzt. Ein Fußtritt der Angeklagten verfehlte zudem nur knapp das Gesicht einer weiteren Beamtin.
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Verteidiger Christian Mertens plädierte auf Freispruch, allenfalls komme eine Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung für die Angeklagte in Frage. Mertens wies darauf hin, dass sich die Aussagen der beteiligten Polizisten teilweise widersprächen. Keiner könne wissen, was wirklich geschehen sei. Zudem stelle sich die Frage, ob die Vorgehensweise der Polizei überhaupt eine „rechtmäßige Diensthandlung“ gewesen sei. So habe es nur eine bauordnungsrechtlich begründete und verkündete Räumungsverfügung für die Baumhäuser gegeben. Die Angeklagte habe aber „in der freien Luft“ in einer Hängematte gelegen. Diese hätte, argumentierte der Verteidiger, erst gar nicht geräumt werden dürfen.
Das Gericht folgte dem aber nicht: Die Diensthandlungen der Polizei seien rechtmäßig gewesen. Auch bestehe – trotz teilweise unterschiedlicher Zeugenaussagen – kein Zweifel daran, dass sich die Angeklagte gegenüber der Polizei heftig gewehrt habe. Auch die Fürsprache einer Jugendgerichtshelferin führte nicht zu einem milderen Urteil: Wie diese ausführte, sei die schätzungsweise 18 bis 22 Jahre alte Angeklagte „keine ausgereifte, erwachsene Persönlichkeit“. Sie habe ein „jugendtypisches Verhalten“ an den Tag gelegt und den Aufenthalt im Hambacher Forst als eine Art „Abenteuer“ gesehen.
In der JVA Iserlohn verletzte „Eule“ einen Beamten
Auch Königsfeld hatte „keinen Zweifel“ daran, dass es der Angeklagten noch an Reife fehle. Ohne die erzieherische Wirkung einer Haftstrafe, die nicht zur Bewährung ausgesetzt wird, bestehe aber die Gefahr, dass sie neue Straftaten begehe. Dies zeige besonders das „Nachtat-Verhalten“ der Angeklagten: So hatte diese in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Iserlohn einen Beamten verletzt. Außerdem hatte sie Briefe aus dem Gefängnis geschrieben, die im Internet veröffentlicht wurden: Darin habe sie sich, so Königsfeld, ihrer Taten „gerühmt“, Beamte beschimpft und weiter Widerstand gegen die Staatsgewalt angekündigt. Leider sei die Angeklagte von Sympathisanten in ihrem Verhalten bestärkt worden. „Keiner hat den Versuch unternommen, sie von ihrem Weg abzubringen.“ Dabei gehe es in dem Urteil auch darum, ein „deutliches Signal“ zu senden, dass der Rechtsstaat die Radikalisierung im Hambacher Forst nicht dulde.