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Helge Herrwegen (SPD)„Die Städte im Rhein-Erft-Kreis brauchen genug Geld“

Lesezeit 4 Minuten
Helge Herrwegen aus Wesseling jubelnd kurz nach seiner Wahl zum neuen Vorsitzenden der SPD Rhein-Erft.

Helge Herrwegen aus Wesseling kurz nach seiner Wahl zum neuen Vorsitzenden der SPD Rhein-Erft. Beim Parteitag in Kerpen wählten ihn die Mitglieder mit gut 91 Prozent der Stimmen zum Vorsitzenden des Kreisverbandes.

Der neue Vorsitzende der SPD im Rhein-Erft-Kreis spricht im Interview über seine Pläne für die Region.

Beim Parteitag in Kerpen am Wochenende wählten die SPD-Mitglieder Helge Herrwegen zum Nachfolger von Heike Steinhäuser an die Spitze der Kreispartei. Der Jurist aus Wesseling arbeitet als Gewerkschaftssekretär bei der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie. Seit 2009 ist er im Wesselinger Rat, seit 2020 zweiter stellvertretender Bürgermeister. Im Schulausschuss hat er den Vorsitz. Der 49-Jährige ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Sie sind seit dem Wochenende der neue SPD-Vorsitzende im Kreis. Es war ein harmonischer Parteitag mit deutlichen Ergebnissen – das war nicht immer so. Was hat sich in der Kreispartei in den vergangenen Jahren getan?

Wir erinnern uns alle noch an den turbulenten Parteitag 2022 in Frechen, als Heike Steinhäuser überraschend zur Vorsitzenden gewählt wurde. Sie hat danach viele Gespräche in der Partei geführt und Ruhe reingebracht. Sie wäre auch wieder angetreten, aber ein plötzlicher familiärer Grund zwang sie jetzt zum Rückzug – das ist verständlich und zu respektieren.

Was ändern Sie in der SPD Rhein-Erft?

Was mir am Herzen liegt, ist eine enge Zusammenarbeit mit den Ortsvereinen, denn dort findet das Parteileben statt. Als Kreisvorstand wollen wir auch wieder verstärkt nach außen wirken und unsere sozialen Bündnispartner wie die Arbeiterwohlfahrt oder die Gewerkschaften im Blick behalten, damit wir nicht im eigenen Saft schmoren. Auch sollten wir uns mehr mit Bundes- und Landesthemen auseinandersetzen – die Tarifbindung zum Beispiel spielt auch im Rhein-Erft-Kreis eine Rolle. Wenn das Land die Kommunen finanziell im Stich lässt und der Grundsatz „Stadt und Land – Hand in Hand“ nicht mehr gilt, dann ist das für uns auch ein Thema. In der Wirtschafts- und Energiepolitik ist gerade mit Blick auf den vorgezogenen Kohleausstieg noch viel zu machen, auch wenn wir auf einem guten Weg sind.

Was muss sich beim Strukturwandel tun?

Ich mache mir Sorgen um die Entwicklung von vielen energieintensiven Betrieben im Kreis, etwa dem Martinswerk oder auf dem Knapsacker Hügel. Eine gesicherte Energieversorgung und wettbewerbsfähige Energiepreise sind ganz wichtig. Die Unternehmen entscheiden jetzt über ihre Investitionen in den klimagerechten Umbau der Industrie – sie sollen hier investieren und nicht irgendwo anders. Von einem Landrat erwarte ich, dass er den Kreis als Ganzes sieht und sich entsprechend einsetzt. Einmal verlorene gut bezahlte und tarifgebundene Arbeitsplätze bekommen wir nicht zurück.

Seit 25 Jahren führt im Kreistag kein Weg an der Jamaika-Koalition vorbei. Wie bringt man als SPD-Chef da noch Motivation auf, wenn der Wähler über Jahrzehnte zeigt, dass ihm CDU, Grüne und FDP lieber sind?

Was die Motivation hochhält: Unsere Inhalte werden im Kreistag meist doch noch umgesetzt, wenn auch zeitversetzt und mit anderem Briefkopf. Wir arbeiten an neuen Mehrheiten. Wir streiten beispielsweise ständig über die Höhe der Kreisumlage und wollen, dass die Kommunen noch genug Geld zum Atmen haben. Die Bürgermeister im Rhein-Erft-Kreis stehen hier auf unserer Seite und sehen Erhöhungen sehr kritisch.

Ähnlich sieht es bei den Bundestagsmandaten aus – wie will die SPD Georg Kippels und Detlef Seif die Sitze in Berlin streitig machen?

Wir haben für beide Wahlkreise mit Andrea Kanonenberg und Aaron Spielmanns, die im November noch nominiert werden müssen, zwei überzeugende Kandidaten mit sozialdemokratischem Profil und neuen Ideen. Wir kämpfen im Wahlkampf für sozialdemokratische Inhalte und nicht für Koalitionen. Es wird darum gehen, dass wir unsere Themen präsentieren: Es werden enorme Investitionen etwa in die Schulen, die Transformation der Wirtschaft und die Infrastruktur zu stemmen sein, und daher muss die Schuldenbremse reformiert werden – sie darf keine Zukunftsbremse sein. Wir müssen eine gute Zukunft für unsere Kinder schaffen.

Gehen Sie als Vorsitzender Ihrer Partei auch ins Rennen um das Landratsamt?

Ich bin ganz frisch Kreisvorsitzender und ich arbeite mich jetzt ein. Der Plan ist, dass wir intern beraten und bis Ende des Jahres eine Kandidatin oder Kandidaten nominieren. Unter Zeitdruck sehe ich uns nicht. Der genaue Termin der Kommunalwahl, die am 14. September 2025 stattfindet, ist auch erst gerade festgelegt worden.