Stadt Hürth prüft WohnortAfD-Mann Eugen Schmidt droht Verlust seines Kreistagsmandats
Rhein-Erft-Kreis – Dem AfD-Politiker Eugen Schmidt droht der Verlust seines Kreistagsmandats.
Auf Veranlassung der Kreisverwaltung ist das Hürther Ordnungsamt Hinweisen nachgegangen, wonach der 46-Jährige nicht mehr im Rhein-Erft-Kreis wohnen soll – dies ist aber Voraussetzung dafür, um Mitglied des Kreistags zu sein.
Nach Angaben von Landrat Frank Rock (CDU) hat das Ordnungsamt in Hürth ermittelt, dass der AfD-Politiker sich vom gemeinsamem Wohnsitz mit seiner Frau ab- und an einer anderen Adresse anmeldete – bei seinen Eltern, die eine 40 Quadratmeter große Wohnung bewohnen. „Nach Auffassung unserer Juristen kann er aufgrund des geringen Platzes dort nicht wohnen“, sagte Rock. Die mögliche Konsequenz: Schmidt soll nach Auffassung der Kreisverwaltung aus dem Melderegister gestrichen werden. Dann wäre er nicht mehr in Hürth – und somit nicht mehr im Rhein-Erft-Kreis – gemeldet.
Nach Recherchen dieser Zeitung sind die Prüfungen des Sachverhalts in Hürth noch nicht abgeschlossen. Falls Schmidt aus dem Melderegister entfernt wird, hat er die Möglichkeit, dagegen juristisch vorzugehen.
Anwalt des AfD-Politikers Eugen Schmidt weist Vorwürfe zurück
Landrat Rock liegen nach eigenen Angaben zudem Informationen vor, dass der in Kasachstan geborene AfD-Politiker seinen Lebensmittelpunkt seit mehr als einem Jahr im Rhein-Sieg-Kreis gehabt haben soll; zwischenzeitlich soll er im Oberbergischen Kreis Wohneigentum erworben haben.
Auf eine schriftliche Anfrage zu diesem Sachverhalt antwortete Schmidt nicht selbst. Stattdessen erreichte uns eine E-Mail von Roger Beckamp, Rechtsanwalt aus Köln und wie Schmidt AfD-Bundestagsabgeordneter. Schmidt habe ihn damit beauftragt, „seine rechtlichen Interessen zu vertreten“. Darin heißt es: „Sie behaupten, der Erstwohnsitz meines Mandanten sei nicht im Rhein-Erft-Kreis. Diese Behauptung ist falsch. Die zuständige Behörde wird Ihnen auch keine andere Auskunft erteilen. Ich bitte Sie um Verständnis, dass mein Mandant seinen Wohnort im Rhein-Erft-Kreis nicht öffentlich macht, da auf Anraten des Bundeskriminalamtes eine Auskunftssperre besteht. Eine öffentliche Bekanntgabe könnte zu einer Gefährdung meines Mandanten und seiner Familie führen.“
Eugen Schmidt erhält monatlich pauschal 415 Euro als Mitglied des Kreistags
Zudem weist Beckamp darauf hin, dass es unzulässig sei, „unwahre Tatsachen und/oder Eindrücke aufzustellen und/oder zu verbreiten, denn falsche Tatsachenbehauptungen fallen von vorn herein nicht in den Schutzbereich des Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetzes. Unrichtige Tatsachenbehauptungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowie des Bundesgerichtshofs kein schützenswertes Gut. Gleiches gilt für unvollständige Tatsachenschilderungen oder das Erwecken von falschen Eindrücken.“
Eugen Schmidt erhält monatlich pauschal 415 Euro als Mitglied des Kreistags; pro Sitzung werden zusätzlich 25 Euro fällig. Für ihn würde ein anderer AfD-Politiker nachrücken. Die Parteien hatten vor der Wahl des Kreistags im September 2020 eine Reserveliste aufgestellt. Die AfD ist mit vier Mitgliedern im Kreistag vertreten.
Von Schmidts Ausscheiden würde voraussichtlich Franz Pesch profitieren. Pesch war bis Januar Fraktionsvorsitzender, war aber abgelöst worden, nachdem die anderen Fraktionsmitglieder eine Neuwahl beantragt hatten. Im Kreishaus heißt es, dass er und Schmidt schon lange nicht mehr auf einer Wellenlänge lägen; Pesch, aktuell stellvertretender Fraktionsvorsitzender, könnte seinen Einfluss auf den Kurs seiner Fraktion im Kreistag wieder vergrößern.
Landrat Rock will im Kreistag über Eugen Schmidt sprechen
Rock kündigte im Gespräch mit dieser Zeitung an, dass er am Donnerstag in der Sitzung des Kreistags auf Schmidts umstrittene Äußerungen zum Ukraine-Krieg eingehen werde. Der 46-Jährige, der seit dem vergangenen Jahr auch Bundestagsabgeordneter ist, hatte Deutschland in den vergangenen Wochen wiederholt in russischen Medien als Unrechtsstaat dargestellt, in dem Andersdenkenden durch „die regierende Elite“ Zensur und körperliche Gewalt drohten. Dies hatte das ARD-Politikmagazin „Kontraste“ nach eigenen Recherchen berichtet.
Das könnte Sie auch interessieren:
Weiter bestreitet Schmidt, dass Deutschland ein Rechtsstaat sei. So nennt er es „illusorisch“ zu glauben, dass Gerichte in Deutschland faire und gesetzeskonforme Urteile fällen würden. Das Schmidt-Interview wurde veröffentlicht einen Tag, nachdem Russland per Gesetz die freie Berichterstattung über den Ukraine-Krieg unter hohe Strafen stellte. Schon vor Beginn des Krieges, am 17. Februar, beendete der AfD-Politiker eine Bundestagsrede auf Russisch mit den Worten „Wollen die Russen Krieg? Nein!“ Diese Äußerung deckte sich mit den damaligen Aussagen des Kreml und habe sich nach Einschätzung von „Kontraste“ als hilfreich für die Propaganda russischer Medien erwiesen, die Schmidts Zitat aufgriffen und vielfach zitierten.
Landrat Rock bezeichnet Schmidts Äußerungen als „ungeheuerlich“ und gegenüber den Opfern des Angriffs Russlands auf die Ukraine als „menschenverachtend“.