AboAbonnieren

„Ziehen die Reißleine“Nächstes Kino im Rhein-Erft-Kreis schließt auf unbestimmte Zeit

Lesezeit 4 Minuten
Berli Hürth

Im Rhein-Erft-Kreis schließt das nächste Kino auf unbestimmte Zeit. (Archivbild)

  1. Vor allem die Kinos im Rhein-Erft-Kreis leiden unter der anhaltenden Corona-Krise.
  2. Am Freitag schließt nun auch das zweite der fünf kleinen Kinos im Kreis auf unbestimmte Zeit.
  3. Wir haben bei den Betreibern nachgefragt, wie ihre Geschäfte laufen und wie lange sie noch durchhalten können.

Elsdorf/Rhein-Erft-Kreis – „Das hat es in unserer mehr als 100-jährigen Kinogeschichte noch nicht gegeben, soviel ich weiß“, sagt Michael Burmeister. 200 leere Kinosessel, das ist der alltägliche traurige Anblick für den Betreiber des Elsdorfer Union-Service-Kinos an der Köln-Aachener Straße. Im März hat er die Vorführungen vorläufig eingestellt.

Das Berli-Kino in Hürth schließt am heutigen Freitag vorübergehend. Noch in Betrieb sind von den kleinen Kinos das Frechener Linden- und das Kerpener Capitol-Theater sowie das Brühler Zoom-Kino.

Keine aktuellen Filme für die Kinos im Rhein-Erft-Kreis

Eigentlich wollte Michael Burmeister zu den Herbstferien wieder öffnen. „Aber es gibt keine Blockbuster, abgesehen von »Jim Knopf und die wilde 13« oder »Tenet«“, sagt er. Das Union sei ein Mainstream-Kino und auf Kassenschlager angewiesen. Aber die sind zurzeit bei den Verleihfirmen fast alle auf Eis gelegt. „Der Kinostart des neuen James-Bond-Films ist schon zum x-ten Mal verschoben worden, jetzt gleich bis ins nächste Jahr“, sagt der Inhaber.

Im Union-Kino von Michael Burmeister in Elsdorf bleibt die Leinwand seit März dunkel.

Zudem sei derzeit nur von schlechten Besucherzahlen auszugehen. „Ich muss aber heizen und Personal vorhalten. Das geht nicht, wenn zu wenige Cineasten kommen“, sagt Michael Burmeister. Er sei zwar ein Idealist, „aber Geld verdienen muss ich schließlich auch, sonst brauche ich gar nicht erst aufzumachen“.

„Wiederholungen kann man auch im Fernsehen gucken“

Ohne mehrere neue, gute Filme sei „kein Denken“ an eine profitable Wiedereröffnung, da auch die Verleiher die Lizenzen nicht senkten, sondern lieber ihre Neuheiten als Internet-Stream anböten. „Wiederholungen kann man auch im Fernsehen gucken“.

Die 70 Besucherinnen und Besucher, die er für eine „schwarze Null“ benötige, seien schon vor Corona nicht immer gekommen, „und jetzt vermutlich erst recht nicht“. So bald sich die Situation ändert, will er wieder öffnen. „Ohne Kino fehlt mir was“, beschreibt er seine Gefühlslage.

Das Berli in Hürth schließt auf unbestimmte Zeit

Im Berli in Hürth-Berrenrath, in dem Donnerstag der vorerst letzte Vorhang fiel, sind zuletzt die Besucherzahlen „weggebrochen“, sagt Inhaber André Jansen, dessen Urgroßvater Jean Maronne das Kino 1946 gegründet hat. „Wir bräuchten Zugpferde“, sagt er. Spätestens im nächsten Jahr soll es an der Wendelinusstraße wieder losgehen. „Wir hoffen, dass wir dann mit frischer Kraft unser 75-jähriges Bestehen feiern können. Wir machen Kino mit viel Herzblut, aber jetzt ziehen wir die Reißleine und gehen erst mal in den Dornröschenschlaf.“

Im Kerpener Capitol-Kino läuft zurzeit unter anderem der Quotenbringer „Jim Knopf und die wilde 13“. (Archivbild)

Neben „Hybridkino“ aus Blockbustern und Arthouse-Programm, das im Berli gepflegt wird, fällt auch das Livekulturprogramm aus. Einzig das Gastspiel von J.P. Weber im November soll es im Berli noch geben.

Corona in Rhein-Erft: „Im Kino ist es sicherer als im Büro“

„Wir legen unsere ganze Kraft hinein, das Kino offenzulassen“, sagt Bernd Schmitz vom Kerpener Capitol-Theater. Die Akzeptanz fürs Kino sei zurzeit rückläufig. Viele fragten, ob überhaupt Filme gezeigt würden. Es müsse sich herumsprechen, „dass man im Kino sicherer ist als im Büro“. Laut Verbandsauskunft gebe es noch keinen einzigen Corona-Fall in NRW-Kinos. Ein Grund sei im Capitol die gute Entlüftungsanlage. Derzeit seien die Reihen auch im Capitol höchstens zu einem Drittel gefüllt. „Dennoch bleibe ich optimistisch“, sagt Schmitz, der auch Formate wie Filmfenster und Filmcafé weiterhin anbieten will.

Als vereinsgetragenes Kino muss das Frechener Lindentheater keine Gewinne einfahren. Auf den 400 Plätzen sind zurzeit 100 Zuschauer erlaubt. „Oft kommen aber nur 20 Leute“, beziffert Björn Goetze vom Vereinsvorstand das „maue“ Publikumsinteresse. „Aber wir halten durch, solange wir können.“ Von Schließung sei zurzeit keine Rede. Für die nächste Woche ist eine Kinderfilmwoche geplant.

Das könnte Sie auch interessieren:

„Wir fahren mit vollem Programm“, sagt Zoom-Vereinschef Hans-Jörg Blondiau. 34 der 70 Plätze des Brühler Kinos werden zurzeit genutzt, obwohl wegen der geringen Platzzahl alle Sessel belegt werden könnten, wie Blondiau erläutert. Mehr Gäste kämen ohnehin auch in Brühl zurzeit nicht, und auch vorher habe man oft mit der halben Belegung, etwa bei Art-House-Produktionen und Dokumentarfilmen, auskommen müssen. Zudem kann sich der Verein auf die 1700 Mitglieder stützen, die Jahresbeitrag und im Gegenzug ermäßigten Eintritt zahlen. „Die Mitglieder stehen hinter uns“, sagt der Kinopatron. Dennoch würden die Filme, die gutes Geld einspielten, vermisst.