Die Stadtwerke Hürth wollen 710.000 Euro an Investitionen sparen. Die Vorsitzende des Beirats für Menschen mit Behinderungen kritisiert das scharf.
Stadtwerke stoppen AusbauElf Haltestellen in Hürth werden nicht barrierefrei
Die meisten Bushaltestellen auf Hürther Stadtgebiet sind bereits barrierefrei ausgebaut, so dass dort auch Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, ein- und aussteigen können. Nun aber stoppen die Stadtwerke das Ausbauprogramm. Elf Haltestellen, die nach Angaben der Stadtwerke nur selten genutzt werden, sollen nicht mehr umgebaut werden. Damit sollen 710.000 Euro an Investitionskosten eingespart werden.
Das Haltestellenausbauprogramm läuft – mit Unterbrechungen – bereits seit 1998. Bislang wurden nach Angaben der Stadtwerke 188 Haltestellen so ausgebaut, dass der barrierefreie Einstieg in den Bus möglich ist. So wurden Rampen für Rollstühle und Rollatoren eingerichtet, die Einstiegsfläche angehoben und die Haltestellen mit taktilen Streifen ausgestattet, an denen sich Blinde und Sehbehinderte auch mit Blindenstock orientieren können.
Stadtwerke haben bislang 3,9 Millionen Euro ausgegeben
Bis 2010 wurden zunächst nur die Stadtbus-Haltestellen ausgebaut, ab 2016 wurde das Ausbauprogramm auf alle Haltestellen ausgedehnt, auch die der Regionalbusse. Insgesamt haben die Stadtwerke bislang 3,9 Millionen Euro ausgegeben, davon gut die Hälfte aus Zuschüssen.
In diesem Jahr soll das Ausbauprogramm abgeschlossen werden. Auf dem Plan stehen noch die Haltestellen Heinrich-Imig-Straße, Gildenweg und Ernst-Reuter-Straße (alle Gleuel), Kalscheuren Bahnhof, Sauerstoffwerk (Hemülheim), Winterstraße (Kalscheuren) und Am Wolterskreuz (Kendenich). Die Haltestelle Fritz-Räcke-Straße soll erst im Zuge der Umgestaltung der Luxemburger Straße in Hermülheim umgebaut werden.
Stadtwerke bemühen neues Kriterium fürs Ausbauprogramm
Nicht mehr umgebaut werden sollen fünf Haltestellen in Knapsack. Dort hält werktags zweimal die Linie 717 im Schülerverkehr. Aber auch die Haltestellen entlang der Luxemburger Straße sowie im Gewerbegebiet Nordost werden aus dem Ausbauprogramm gestrichen.
Die Stadtwerke verweisen darauf, dass diese Haltestellen im Außenbereich lägen und dort nur Regionalbusse im Halbstunden- oder Stundentakt hielten. Zuständig für den barrierefreien Ausbau seien die Straßenbaulastträger, betont Stadtwerkevorstand Stefan Welsch – in diesem Fall der Rhein-Erft-Kreis und der Landesbetrieb Straßen.NRW. Allerdings war das bislang kein Kriterium beim Ausbauprogramm.
Bürgermeister Dirk Breuer, Vorsitzender des Verwaltungsrats der Stadtwerke, verwies in der jüngsten Sitzung des Aufsichtsgremiums darauf, dass das Gesetz nicht unbedingt einen barrierefreien Ausbau der Haltestellen vorschreibe. Es reiche aus, wenn der Bus für mobilitätseingeschränkte Personen anders zu erreichen sei, etwa über eine Rampe oder eine Niveauregulierung. Allerdings musste Stadtwerkechef Welsch einräumen, dass die Stadtbusse absenkbar seien, aber nicht bis zum Boden.
Die Vorsitzende des Beirats für Menschen mit Behinderungen, Judith Steffen, kritisiert die Entscheidung zum Ende des Ausbauprogramms, die der Verwaltungsrat der Stadtwerke einstimmig bestätigt hat, als „klaren Rückschritt“.
„Für Menschen mit Behinderung ist der Nahverkehr lebensnotwendig“, sagte Steffen auf Nachfrage. Dabei sei nicht entscheidend, wie häufig eine Haltestelle genutzt werde. Steffen bemängelte auch, dass der Beirat vor der Entscheidung nicht angehört worden sei.