„Schnelles Lorchen“Hürtherin Hannelore Werner war die erste erfolgreiche Rennfahrerin
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Hürth – Ihre männlichen Kollegen hat sie am liebsten im Rückspiegel gesehen. Hannelore Werner war in den 60er Jahren die erste deutsche Rennfahrerin, die die männliche Konkurrenz hinter sich ließ. Als die gebürtige Hürtherin anfangs in einen AU 1000 S stieg und über den Nürburgring bretterte, galt sie als Exotin. Der Kommentar eines Reporters zeugte dennoch von Hochachtung ob ihrer Kühnheit: „Im Rennen kollidierte sie mit einem Teilnehmer. Danach blockierte der schleifende Kotflügel das rechte Hinterrad. Hannelore Werner löste auf der Strecke mit bloßen Händen den Kotflügel und machte sich danach auf die Verfolgungsjagd. Sie konnte das Rennen noch auf dem fünften Platz in ihrer Gruppe beenden.“
Argwöhnisch beäugten selbst die Mechaniker das „schnelle Lorchen“, wie man sie später respektvoll nannte. Zu Beginn ihrer Karriere sei es schwer gewesen, sich bei den Monteuren durchzusetzen, erinnert sich die heute 78 Jahre alte Seniorin an die temporeichen Zeiten. „Die dachten immer, ein Mädchen hat überhaupt keine Ahnung vom Auto. Aber im Laufe der Zeit bekam man doch eine ziemliche Routine und konnte schon sagen, wo es ungefähr dran lag, wenn das Auto ausfiel.“
Siegerin auf dem Nürburgring
An der Box als nette Staffage für die männliche Rennelite zu posieren, war nicht ihre Sache. Mit großem Erfolg raste Hannelore Werner in der Formel V, Formel 3 und bei der Europameisterschaft der Formel 2 über die Rennstrecken. 1969 mit 27 Jahren gewann sie den Vorläufer des 24-Stunden Rennens auf dem Nürburgring. Im Jahr darauf kam sie auf ihrer Hauspiste in der Eifel mit ihrem March 702 beim Großen Preis von Deutschland auf Platz zwei.
Hannelore Werners Liebe zum Nürburgring mit seiner legendären Nordschleife begann vor mehr als 50 Jahren. Der neue Star am Formel-1-Himmel, Graf Berghe von Trips aus Kerpen, begeisterte die junge Hannelore. Die Gazetten waren voll mit Berichten über den Ferrari-Piloten. Irgendwann schlug ihr Vater vor: „Fahr doch mal hin zum Nürburgring, ich kenne jemanden, der nimmt dich mit!“
Der Startknopf für die Motorsportkarriere bis in die frühen 70er Jahre hinein war gedrückt. „Und dann ging das los mit dem Rennen“, sagt Hannelore Werner. Bei jedem Boliden, der um die Kurve schlitterte, ging ihr das Herz auf.
Völlig fasziniert vom Sound der Motoren belegt die junge Frau einen Kurs am Nürburgring. „Und da habe ich Leute kennengelernt, die sagten „Komm doch zu uns in den Club“. Von da an gab es kein Halten mehr. Die Rennstrecke beherrschte mehr als eine Dekade lang ihr Leben.
Eine Reportage aus dieser Ära belegt die Irritation über verletzte Rollenklischees, aber auch den harten Konkurrenzkampf in der Männerdomäne: „Start, mitten in der im Rundkurs hetzenden Meute, die offensichtlich nicht nur zart besaitete Amazone, die sich bereits durch gute Trainingszeiten einen vorderen Startplatz sicherte. So in die Mitte genommen ist sie sich aber darüber im Klaren, dass ihre Mitstreiter das Kavalierskostüm an der Box abgegeben haben.“
„Sauer waren die immer“
Hannelore Werner erinnert sich gut an die rüden Umgangsformen im Wettstreit: „Die Männer waren nicht nett.“ Wenn das „schnelle Lorchen“ sie überholte, fühlte sich so mancher in seiner Rennfahrerehre gekränkt. „Sauer waren die immer. Wir hatten einen in der Formel 3, der fuhr sogar bei uns in der gleichen Gruppe. Und wenn der einen Platz vor mir war oder einen Platz hinter mir lag, flog er raus. Der hat erst gewonnen, als ich nicht mehr gefahren bin.“
Mitunter führte sie die Gegner im Training vor. „Ganz oben war eine kleine Gerade auf der Strecke. Und da habe ich ein bisschen Gas weggenommen.“ Ihre Widersacher dachten dann, sie könne nicht schneller fahren. Hämische Kommentare folgten: „Ich bin schneller zu Fuß als du mit dem Auto“. Ein Irrtum. Kaum war das Training vorbei, gab sie im ersten Rennen Gas. „Und dann war ich die Schnellste. Da hätten Sie die Leute mal sehen müssen.“
Bis heute dominieren Männer den Rennsport. Nur selten gelang Frauen etwa der Sprung in die Königsklasse der Formel 1. Hannelore Werner sah sich aber nie als Vorreiterin. Sie hat einfach nur getan, was ihr Spaß machte: Rennen zu fahren.