Sechs Leserinnen und Leser hatten eine exklusive Führung des Energiekonzerns Statkraft gewonnen
EnergieLeser blicken in Hürth hinter Kulissen eines Gastkraftwerks
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Reiner Staubach (2. von links), Standortleiter der Gaskraftwerke von Statkraft im Chemiepark Knapsack, führte eine kleine Gruppe von Leserinnen und Lesern durch eines der Kraftwerke und erläuterte seine Funktionsweise.
Copyright: Michael Henke
„Als Anwohner wollten wir gerne einmal hinter die Kulissen schauen“, erzählt Dirk Kirschenhofer, der zusammen mit seiner Frau Gaby und vier weiteren Leserinnen und Lesern dieser Zeitung eine Führung durch das Gaskraftwerk des norwegischen Energiekonzerns Statkraft in Hürth-Knapsack gewonnen hatte. Und ihre Erwartung wurde nicht enttäuscht, denn Standortleiter Reiner Staubach hatte sich mehr als zwei Stunden Zeit genommen, um die kleine, technisch interessierte Gruppe herumzuführen und die zahlreichen Fragen ausführlich zu beantworten.
Genauer gesagt sind es zwei Kraftwerke mit 880 und 430 Megawatt Leistung, die Statkraft im Chemiepark Knapsack betreibt. Ansonsten ist der in 20 Ländern tätige Energieerzeuger fast ausschließlich im Bereich der regenerativen Energien tätig – auch in Deutschland mit Windparks, Laufwasserkraftwerken, Biomassekraftwerken, einem Pumpspeicherwerk und zwei Solarparks.
Gaskraftwerke in Hürth helfen, Überlastungen und Engpässe zu vermeiden
Auch die Gaskraftwerke in Hürth hängen eng mit den regenerativen Energien zusammen. Denn sie laufen nicht dauerhaft, um die Grundlast im Stromnetz zu sichern, sondern werden gezielt zugeschaltet, wenn z.B. witterungsbedingt zu wenig Wind- und Solarenergie erzeugt wird – die sogenannte Dunkelflaute.
Sie werden darüber hinaus benötigt, um die Netzstabilität zu gewährleisten, etwa wenn im Norden Deutschlands zu viel Windstrom produziert wird und die Einspeisung ins Netz abgeregelt werden muss, um das Stromnetz nicht zu überlasten. Dann helfen die Gaskraftwerke in Hürth, Überlastungen und Engpässe zu vermeiden, indem Ströme im Netz umverteilt werden.
Nur 45 Minuten dauere es, um eins der Kraftwerke komplett hochzufahren, erläutert Staubach. Ob, wann und wie lange es hochgefahren wird, gibt die Leitzentrale in Düsseldorf vor, die anhand des jeweils aktuellen Gas-, CO2- und Strompreises kalkuliert. Wobei diese wiederum von Stromangebot und -nachfrage abhängig sind. Zusätzlicher Strombedarf bezüglich der Netzstabilität wird vom Netzbetreiber Amprion übermittelt.
Die Kraftwerke in Hürth haben einen aktuellen Wirkungsgrad von nahezu 60 Prozent. Der CO2-Ausstoß pro erzeugter Megawatt/Stunde betrage laut Staubach circa ein Drittel eines durchschnittlichen Braunkohlekraftwerks. Erreicht wird diese Effizienz durch die Kombination von Gas- und Dampfturbinen.
Und das funktioniert im Prinzip so: Das vorgewärmte Gas verbrennt mit komprimierter Luft in der Brennkammer. Die bis zu 1500 Grad heißen Verbrennungsgase treiben die Gasturbine an, mit den heißen Abgasen wird im Anschluss aus Wasser bis zu 560 Grad heißer Dampf erzeugt, der wiederum eine Dampfturbine antreibt.
Die Last, die auf den Fuß der Turbinenschaufel wirkt, entspricht dem Gewicht eines vollgetankten Airbus A 380
„Die Last, die bei Nenndrehzahl dabei auf den Fuß der Turbinenschaufel der letzten Stufe wirkt, entspricht dem Gewicht eines vollgetankten Airbus A 380“, veranschaulicht Reiner Staubach, welche Kräfte in so einer riesigen Turbine auf das Material wirken. Auch die durch das Abschalten und Hochfahren wechselnden Temperatursprünge muss das Material verkraften. Hinter der Turbine wird der abgekühlte Dampf schließlich in einem Kondensator verflüssigt und dem Kreislauf von neuem zugeführt.
Überwacht und nach den Vorgaben gesteuert wird die Anlage in einer Leitzentrale, die mit vier Schichten 24 Stunden am Tag besetzt ist. Auf großen Bildschirmen sind die Kurven zu erkennen, die anzeigen, in welchem Zustand die Kraftwerke gerade laufen bzw. in Kürze wie hochgefahren werden sollen. Auch hier konnte die kleine Gruppe Einblick nehmen und sich zum Beispiel über die Ausbildungen informieren, die Voraussetzung für die Steuerung eines Kraftwerks sind.
Am Ende verließen alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Führung zufrieden das Werksgelände. „Ein gelungener Vormittag“, wie es eine von ihnen ausdrückte.