Vor rund zwei Wochen hat das Veterinäramt einen Schlachthof in Hürth geschlossen. Videos von Tierschützern zeigen, wie brutal die Tiere gequält wurden. Hinweis: Dieser Text enthält Bildmaterial, das auf Sie möglicherweise verstörend wirken könnte.
Kritik am KreisVersteckte Kameras filmen Tierquälerei und brutale Schlachtungen in Hürth
In dem stillgelegten Schlachthof in Hürth sind nach Einschätzung des Deutschen Tierschutzbüros mindestens 100 Tiere pro Woche geschlachtet worden. Eine Vielzahl von ihnen unsachgemäß, andere wiederum illegal geschächtet. Dies belege das Videomaterial aus Kameras, die Tierschützer aus St. Augustin in dem Betrieb angebracht hatten. Die Aufnahmen stammen aus Dezember vorigen und Januar dieses Jahres.
Darauf werde dokumentiert, wie Rindern, Schafen und auch einer Ziege bei vollem Bewusstsein mit einem Messer die Kehle durchtrennt wird. Auch beim zugelassenen Schlachtbetrieb habe es schwere Verstöße gegen das Tierschutzgesetz gegeben, sagt Jan Peifer vom Deutschen Tierschutzbüro.
Schlachthof in Hürth: Fotos zeigen, wie Tiere geschlagen und getreten werden
So ist auf den Aufnahmen zu sehen, wie Tiere geschlagen und getreten werden; zudem, wie ein Mitarbeiter ein Rind mit Einsatz einer Mistgabel in den Schlachthof treibt. Ein anderes wurde mit einer Seilwinde vom Transporter gezogen worden. Fotos, die dies belegen, sind unserer Redaktion zugespielt worden.
Auch die Tötung der Schlachttiere durch einen Bolzenschuss sei „stümperhaft“ ausgeführt worden. Einige Tiere hätten noch gelebt – sie wedelten mit dem Schwanz und bewegten ihre Füße.
Rhein-Erft-Kreis soll seit Jahren von Problem-Schlachthof gewusst haben
Schon 2021 habe es Hinweise auf den Hürther Schlachthof gegeben, sagt Peifer. Im Zuge der Stilllegung eines anderen Schlachthofs in Brühl – dort waren Tiere illegal geschächtet worden – hatten sich Bürger ans Tierschutzbüro und die Kreisverwaltung in Bergheim gewandt, und das gleich dutzendfach, sagt er.
Peifer wirft dem Veterinäramt vor, es habe den Betrieb dennoch nicht geschlossen. Thomas Schweinsburg, Sprecher der Kreisverwaltung, weist den Vorwurf zurück. Die Tierärzte seien jedem Hinweis nachgegangen, konnten bei den Untersuchungen vor Ort aber keine Beweise für Verstöße gegen das Tierschutzgesetz sammeln.
Hürth: Schlachtlizenz soll Inhaber nicht entzogen worden sein
Nach Sichtung des Videomaterials hat das Veterinäramt den Schlachthof noch am selben Tag, am 9. Januar, geschlossen. Es wurde Anzeige erstattet. Den rund zehn Mitarbeitern und dem Inhaber seien die Sachkundenachweise entzogen worden. Nicht aber die Schlachtlizenz, kritisiert Jan Peifer. Womit der Betreiber den Schlachthof theoretisch weiterführen könnte. Weder dazu noch zu den Vorwürfen wollte sich der Beschuldigte auf Anfrage dieser Redaktion äußern.
Er ist nach Angaben des Deutschen Tierschutzbüros sein eigener Lieferant gewesen. Der Mann betreibt in der Eifel seinen eigenen Viehhandel. Dort kaufe er ausgediente Tiere auf, die er dann in seinem Schlachtbetrieb in Hürth weiterverarbeitet hatte. „Das wird sich für ihn schon gerechnet haben“, sagt Tierschützer Peifer. Denn normalerweise dürfen in Deutschland kranke und verletzte Tiere nicht geschlachtet werden, und ein Bauer, der sein Tier zum Schlachthof bringt, „kriegt nichts dafür“.
Wer kaufte auf dem Schlachthof in Hürth Fleisch?
Darüber, wer in dem nur eine holprige Stichstraße erreichbaren Schlachthof Fleisch gekauft hat, kann Peifer nur spekulieren. Die Videoaufnahmen zeigten private Pkw, er wolle aber nicht ausschließen, dass Ware auch an die Gastronomie verkauft worden ist. Nur so viel könne er sicher sagen: „Das wird nicht das qualitativ beste Fleisch gewesen sein.“
Über das systematische illegale Schächten in dem Hürther Schlachthof hat heute Abend auch das ARD-Magazin „Report Mainz“ berichtet. Dort wurde zudem ein zweiter Fall aus Baden-Württemberg geschildert. Nach Einschätzung von Jan Peifer stehen sie stellvertretend für eine Vielzahl von Betrieben, in denen Tiere bei vollem Bewusstsein getötet werden. Überwiegend geschieht dies aus religiös-kulturellen Gründen.