Ein Hürther Unternehmen hat ein Punktesystem entwickelt, das Kunden zu umweltfreundlichem Verhalten motivieren soll.
„Twyst“Hürther entwickeln Punktesystem – werden wir bald für klimafreundlichen Konsum belohnt?
Warum funktioniert der Klimaschutz so schlecht? Wieso sind die CO2-Zertifikate nicht wirklich nützlich? Warum wird nicht schon im Vorhinein CO2 gespart, anstatt nach dem Verbrauch kompensiert? Fragen, die sich der Arzt Alexander Frost und der Maschinenbauingenieur Dr. Dr. Markus Zeis stellten.
Sie waren davon überzeugt, dass es möglich sein müsste, ein nachhaltiges, weltweites System zur Einsparung von Kohlenstoffdioxid zu schaffen, das einfach für alle zugänglich ist. „In den Geburtsstunden dieser Idee bin ich da zu gestoßen“, berichtet Dr. Daniel Trauth, der Zeis aus seinen Promotionszeiten an der TH Aachen kennt. „Wir wollten nicht die Symptome, sondern die Ursachen behandeln und ein nachhaltiges Produkt entwickeln. Es muss sich etwas auf dieser Welt verändern, so kann es nicht bleiben“, waren sich die drei Gründer schnell einig.
„Twyst“: Für klimafreundlichen Konsum belohnt werden
Sie entwickelten das Produkt „Twyst“ und riefen dafür im April 2022 im Hürther Blockchain Reallabor die BlackFourier GmbH ins Leben. „Wir machen etwas sichtbar, was zuvor verborgen war, und können das Sichtbare dazu nutzen, einen nachhaltigen Konsum zu bewirken“, erläutert Trauth das Konzept, das den Kunden für einen klimafreundlichen Konsum belohnt.
Für jedes eingesparte Kilogramm CO2 erhält der Nutzer einen „Twyst-Punkt“. Diese Punkte werden fälschungssicher auf einer Blockchain, einer Art Register, gesammelt und können dann in Boni umgewandelt werden. Dafür muss der Nutzer einfach nur eine spezielle Karte beim Einkaufen vorlegen, die gescannt und automatisch abgerechnet wird. Je größer der Betrag an eingespartem CO2, desto größer die Belohnung.
Die gesammelten Punkte können beispielsweise gegen vegane, klimafreundliche Lebensmittel oder gegen Spenden in klimaschützende Bau-, Moor- oder Plastikprojekte umgetauscht werden. Privatpersonen können ihre Punkte aber auch untereinander tauschen und so an einem privaten CO2-Handel teilnehmen. CO2-Emissionen könnten so zu einer weltweiten Währung werden, hoffen die Gründer.
Viele Vorteile – nicht nur beim Kauf der Hafermilch
„Es ergeben sich viele Vorteile“, erläutert Trauth, „Kunden werden über das System für klimafreundlichen Konsum belohnt, Einzelhändler steigern ihren Absatz an klimafreundlichen Produkten und auch Kommunen können ihren CO2 -Fußabdruck reduzieren.“
Als Beispiel nennt der 40-Jährige das Produkt Milch: „Wer statt einer Kuhmilch einen Haferdrink kauft, muss erstmal fast 40 Prozent mehr zahlen. Noch sind klimafreundliche Produkte oft Luxusartikel. Aber der Käufer von Hafermilch spart über 500 Prozent CO2 ein, für diese Einsparung wird er durch die „Twyst-Punkte“ belohnt. Wenn immer mehr Konsumenten CO2-arm einkaufen, weil sie davon einen finanziellen Vorteil haben, dann verändert sich auch das Angebot der Produzenten und der Haferdrink wird langfristig billiger. Damit gewinnen alle.“
Zurzeit gibt es Projektrunden mit einem großen Lebensmittelhändler, einem regionalen Bäcker und auch der Kommune Dormagen, die Interesse daran hat, nachhaltiges Verhalten zu belohnen und Unternehmenswettbewerbe auszuschreiben. „Wir bieten maßgeschneiderte Anwendungen für jeden Bedarf“, so der Gründer.
Finanzierungsrunden für Investoren werden geplant, auch Privatleute können ab 9,50 Euro einen digitalen Anteilsschein kaufen. In Halle 6 des Euronova Campus in Hürth gibt es unterschiedliche Ausschnitte der Großprojekte und Produktdemos anzuschauen. „Aktuell müssen wir auch viel Energie in Vorträge und Auftritte stecken, um über unser Produkt zu informieren. Unser Konzept ist ganz anders als bei Bitcoins“, berichtet Trauth.
„Vorurteile müssen abgebaut werden, wir wollen niemand etwas wegnehmen, sondern nur belohnen“, fährt er fort. Er sieht das Problem, dass Deutschland digital und nachhaltig noch nicht wirklich so weit wäre: „Das ist unsere größte Hürde.“ Hilfreich sei, dass sich die drei Unternehmer seit Jahren kennen: „Gründer sein ist wie eine Beziehung, das muss blind funktionieren und man muss sich vertrauen – das klappt bei uns“, analysiert Trauth.