„Eigentlich eine Schnapsidee“Hürther Grundschullehrer wird Schulleiter in Costa Rica
Hürth – Drei Koffer, viel mehr nimmt der Hürther Grundschullehrer Jens Erner nicht mit in sein neues Leben. Die Wohnung in Efferen ist längst gekündigt, der Hausstand aufgelöst. Aktuell wohnt Erner bei einer Bekannten. Wenn die Corona-Lage es zulässt, wird der 51-Jährige Mitte Januar den Flieger nach Costa Rica besteigen – ohne Rückflugticket.
Lange Jahre war der gebürtige Siegerländer Leiter der Bodelschwinghschule in Alt-Hürth, bevor ihn vor zehn Jahren das Fernweh packte. Jetzt oder nie, dachte sich der Schulleiter im Jahr seines 40. Geburtstags. Mit Frau und drei Kindern zog er nach Peru; von 2009 bis 2016 leitete er dort eine Grundschule in der Hauptstadt Lima. „Damals wussten wir nicht, worauf wir uns einlassen“, berichtet der Auswanderer. „Niemand von uns sprach Spanisch.“ Die familiäre Situation sei anfangs schwierig gewesen – besonders für seine Frau, die aufgrund ihres Aufenthaltsstatus’ nicht arbeiten durfte.
Hürth: Jens Erner bricht nun alleine nach Mittelamerika auf
Doch rückblickend sei der Auslandsaufenthalt „eine tolle Erfahrung für die ganze Familie“ gewesen, berichtet Erner, der 2016 nach Hürth zurückkehrte und eine Stelle in der Schulaufsicht bei der Bezirksregierung antrat. Die Kinder, heute 18, 20 und 22 Jahre alt, wuchsen zweisprachig auf, der älteste Sohn blieb mit seiner Mutter ein Jahr länger in Südamerika und machte dort sein Abitur. „Die Erfahrung war so positiv, dass wir gesagt haben, wir wollen das noch mal machen, uns auf ein neues Land, eine neue Kultur einlassen. Es fühlt sich gut an, wenn man das geschafft hat.“
Erner wird nun allerdings allein nach Mittelamerika aufbrechen. Der Aufbruch sei also auch „ein Abschied von einer Lebensphase. Das ist jetzt der richtige Zeitpunkt für einen Schnitt“.
Jens Erner: „Eigentlich war es eine Schnapsidee“
Diesmal weiß Erner besser, worauf er sich einlässt. Über einen Lehrerverband hat er Kontakt zu Auslandsschulen gehalten. Auf der Bildungsmesse Didacta in Köln lernte Erner 2019 die Leiterin des Grundschulbereichs an der Humboldt-Schule in San José, der Hauptstadt von Costa Rica, kennen, die er nun demnächst ablösen wird. „Das war eigentlich zuerst eine Schnapsidee“, erinnert er sich. Doch nach dem Vorstellungsgespräch im Januar 2020 war die Sache dann klar.
Als Grundschulleiter ist Jens Erner künftig für 400 Jungen und Mädchen aus den Klassen eins bis sechs verantwortlich. Insgesamt hat die deutsche Schule in San José 900 Schüler. Sie werden von 80 Lehrkräften unterrichtet, 20 Lehrer davon wie Erner auf Vermittlung der deutschen Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA). Für bis zu acht Jahre kann sich Erner als Beamter an die Auslandsschule abordnen lassen; er will aber auch darüber hinaus in Mittelamerika bleiben und nicht wieder nach Deutschland zurückkehren.
Aktuell hat der Hürther nicht mal eine Wohnung in Costa Rica
Trotz aller Vorbereitung wird der Beginn seines neuen Lebens für Jens Erner ein Abenteuer. Er war noch nie in Costa Rica. Eine Wohnung hat er noch nicht, zunächst will er sich über ein Online-Portal eine Bleibe suchen. „Ich hoffe auch, dass mein Flug Mitte Januar wirklich geht, der wurde wegen der Pandemie schon zweimal umgebucht.“ Corona wird auch den Start an seiner neuen Schule beeinflussen. Nach zehn Monaten Heimunterricht wird erst im Februar jeweils die Hälfte der Schüler wochenweise wieder in die Klassen zurückkehren.
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Neben seinen Koffern mit den Habseligkeiten wird Jens Erner bei seiner Reise nach Mittelamerika einige rheinische Traditionen im Gepäck haben. Schon in Peru konnte er die Kinder für den Karneval begeistern. „In Lima halten mich alle für Prinz Karneval“, erzählt er lachend. Auch einen Martinszug hat er in Südamerika etabliert.