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Anwohner sind empörtHürther klagen gegen Bau von „Monstermasten“

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Strommasten Meschenich

Die Trasse verläuft in Meschenich unmittelbar entlang der Wohnbebauung.

Köln/Hürth – In Meschenich schafft der Netzbetreiber Amprion bereits Fakten: Dort werden zurzeit neue Masten für die 110- und 380-Kilovolt-Höchstspannungsleitungen errichtet. In Hürth sollen die Bauarbeiten im November beginnen. Bis 2024 will Amprion die letzte Lücke zwischen Frechen und Brühl auf der Trasse von Rommerskirchen nach Bornheim-Sechtem schließen – dann soll die Leitung in Betrieb gehen. Doch der Widerstand gegen die bis zu 90 Meter hohen „Monstermasten“ – so die Kritiker – ist ungebrochen.

Im Wohnzimmer von Rose-Marie Hoeksema-Dahlhoff in Meschenich sitzen Wolfgang Holz und Klaus Herrmann von der Interessengemeinschaft (IG) „Hürth gegen Hochspannung“. Und sie sind empört angesichts dessen, was sich auf den Feldern im Kölner Süden gerade abspielt. 13 mal 13 Meter große Mastfüße wurden bereits gesetzt. An einigen Stellen wurden die nächsten vorgefertigten Teile bereits aufgesetzt. An etlichen Masten liegt das Material, das man braucht, um den Mast dort schließlich auf 75 Meter Höhe zu bringen.

Zwischen Brühl und Frechen werden 36 neue Masten errichtet

Die Bezirksregierung hat das Vorhaben mit dem Planfeststellungsbeschluss bereits am 30. Dezember 2016 genehmigt. Die Genehmigung umfasst die Errichtung von 113 neuen Masten im gesamten Abschnitt und den Abbau von 206 Stahltürmen. Zwischen Brühl und Frechen werden laut Amprion-Sprecherin Joelle Bouillon 36 neue Masten errichtet, 68 alte Masten seien bereits demontiert.

In Meschenich hat Amprion mit dem Bau der neuen Masten begonnen.

Auf Hürther Gebiet ersetzt die große Leitung zwei parallele Mastreihen durch weniger, aber höhere Masten, eine dritte Leitung bleibt unverändert. In Meschenich werden die alten durch weniger, aber höhere Masten ersetzt.

Doch für die Mastgegner ist das letzte Wort über die Höchstspannungsleitung noch nicht gesprochen. Die IG Hürth hat im Juli 2020 stellvertretend für zahlreiche Anrainer erneut vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig geklagt. „Leider hat die Klage keine aufschiebende Wirkung. Deshalb baut die Amprion dort auf eigenes Risiko“, so Holz. „Wann unser Fall vor dem Bundesverwaltungsgericht behandelt wird, wissen wir nicht.“

Bereits 2018 hatten die Mastgegner einen Erfolg erzielt

Hinter dem Haus von Rose-Marie Hoeksema-Dahlhoff in Meschenich verläuft die bestehende 110-Kilovolt-Leitung. Ein kurzer Besuch im Garten ergibt: Die Leitung knistert. Als würde man mit sehr feinem Papier eine Holzplatte abschmirgeln. Die Meschenicherin befürchtet, dass die Geräuschbelästigung demnächst noch zunehmen könnte. Denn auf die bestehenden Masten sollen bis 2026 weitere Leitungen aufgesetzt werden, mit denen als Pilotprojekt „Ultranet“ neben der üblichen Wechselspannung auch noch Gleichspannung über weite Strecken hinweg transportiert werden kann. „Wir wehren uns gegen eine noch nicht erprobte Höchstspannungs-Hybridleitung mit 96 dicken Leiterseilen direkt über unseren Hausgärten“, so Hoeksema-Dahlhoff.

Rose-Marie Hoeksema-Dahlhoff, Wolfgang Holz und Peter Herrmann wollen die neuen Masten verhindern.

Die Klage der Hürther vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich erst mal gegen die Wechselspannungsleitung. Bereits 2018 hatten die Mastgegner in Leipzig einen Erfolg erzielt und den Bau neuer Masten zumindest vorläufig gestoppt. Damals hatten die Bundesrichter entschieden, dass Amprion alternative Trassen für die Leitungen um Hürth herum nicht ausreichend geprüft habe. Mit der Forderung nach einem Erdkabel konnten sich die Gegner allerdings nicht durchsetzen. „Damals hatte ein Gutachter festgestellt, dass die Verlegung von Erdkabeln durchaus möglich ist. Das war der Amprion aber zu teuer“, schimpft Holz.

„Kann meine Wäsche irgendwann vom Balkon an Leitungen aufhängen“

Zwischenzeitlich hat Amprion die Trassenführung neu abgewogen – allerdings mit dem gleichen Ergebnis. Die Bezirksregierung stellte fest, dass die Trasse nicht geändert werden muss. Dagegen hat die IG Hürth wieder geklagt. Holz ärgert sich weiter: „Für jedes seltene Tier werden Straßen verlegt. Im Bereich der neuen Leitungstrasse wohnen über 5000 Menschen. Aber das interessiert niemanden.“

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Die Gegner legen Wert auf die Feststellung, dass sie weder die Energiewende noch die neuen Leitungen ablehnen, die Windenergie aus dem Norden in den Süden transportieren. Ihre Kritik gilt der Trasse, die zu nah an der Wohnbebauung entlang führe. Noch hoffen sie auf einen weiteren Erfolg vor dem Bundesverwaltungsgericht. Aber ein Hauch Skepsis mischt sich dazu. Holz: „Wenn das so weiter geht, kann ich irgendwann meine Wäsche vom Balkon an den Leitungen aufhängen.“