Köln-Meschenich – Majestätisch erhebt sich das vierfüßige Stahlgerüst auf Betonfundamenten aus dem Boden. 13 Meter mal 13 Meter Grundfläche hat der Koloss. Ein Bagger neben dran weckt Playmobil-Erinnerungen. Aber das ist noch längst nicht alles. Was man an der Brühler Landstraße zwischen Rondorf und Meschenich in diesen Tagen sieht, ist lediglich der Fuß. In wenigen Wochen wird er einen 75 Meter hohen Mast tragen, so riesig wie das Hochhaus an der Bonner Straße 211 neben dem Rewe.
Der Mast ist Teil der neuen 110-/380-Kilovolt-Leitung, die zwischen Rommerskirchen und Sechtem gebaut wird. Diese sogenannte Höchstspannungsleitung überquert bei Hermülheim die Kölner Stadtgrenze im Süden und verläuft entlang der bereits bestehenden Leitungstrasse südlich am Konraderhof vorbei, dann östlich am Ortsrand von Meschenich in Richtung Brühl und verlässt dort das Stadtgebiet.
Bauherrin ist die Amprion GmbH aus Dortmund, eine von vier Übertragungsnetzbetreiberinnen in Deutschland und unter anderem für das Höchstspannungsnetz in Nordrhein-Westfalen zuständig. Die Bezirksregierung Köln hat das Vorhaben mit dem Planfeststellungsbeschluss am 30. Dezember 2016 genehmigt.
113 Maste werden im gesamten Abschnitt neu gebaut, 206 werden abgebaut. Die Leitung ist dringend nötig, sagt Joëlle Bouillon, Projekt-Sprecherin bei Amprion. Die Verteilung von Strom in Deutschland werde nicht zuletzt im Rahmen der Energiewende grundlegend verändert.
Was passiert im Umspannwerk?
380.000 Volt möchte man natürlich nicht auf den Toaster oder den Föhn schicken. Die Höchstspannung kommt bei den Umspannwerke an, wie man eines beispielsweise am Bonner Wall findet. Dort wird die Spannung in Transformatoren in kleinere Pakete verpackt und verschickt, danach in kleineren „Trafo-Häuschen“ weiter verkleinert und schließlich über Hausanschlüsse in die Wohnungen weitergeleitet.
Das Prinzip folgt dem Trafo der Modelleisenbahn. Aus der Steckdose kommen 220 Volt, die Bahnen indes fahren lediglich mit zehn bis 22 Volt. (Foto: Propach)
„Zur Zeit wird sehr viel Strom fernab von Gegenden produziert, in denen viele Menschen und Industrie angesiedelt sind. Windenergie wird im Norden gewonnen. Gebraucht wird aber viel Strom im Süden“, erklärt Bouillon die Sinnhaftigkeit aus der Sicht der Netzbetreiberin. Begonnen haben die Arbeiten an der neuen Leitung im Herbst vergangenen Jahres. Auch rund um Meschenich wurden Gehölze entfernt, um Wege für die Baufahrzeuge anlegen zu können.
Bis zu zehn Wochen für einen Mast
Bagger mussten die Flächen für die Mastfüße erreichen können. Betonmischwagen, Lastwagen für die Mastteile und nicht zuletzt ein Kran fahren die Baustellen an. Die Mitarbeiter von Amprion rechnen mit insgesamt acht bis zehn Wochen Bauzeit pro Mast, die sich auf verschiedene Bauphasen verteilen.
Zunächst kommt das Fundament des Mastes in den Boden. Der dafür gegossene Beton benötigt vier Wochen zum Abbinden. Pro Mast werden durchschnittlich 80 Tonnen Maststahl benötigt, der mit Sattelschleppern oder LKW zu den Arbeitsflächen transportiert wird. Der Mast wird an der Baustelle vormontiert und anschließend Segment für Segment mit einem Autokran in die Höhe gebaut. Das dauert etwa eine Woche.
110 Kilovolt über Meschenich
110-/380-Kilovolt-Leitung heißt, dass auf dem gleichen Mast Höchstspannung mit 380.000 Volt durch einige Leiterseile fließt, durch andere „nur“ Hochspannung mit 110.000 Volt. Die bestehende Leitung
bei Meschenich führt 110 Kilovolt. Teilweise werden auf der gesamten Trasse die alten Seile mit 110 Kilovolt auf die neuen Maste übernommen. Für die neuen Seile mit 380 Kilovolt richtet Amprion an den sogenannten Abspannmasten Trommel- und Windenplätze ein. Abspannmasten stehen an Stellen, an denen die Leitung die Richtung ändert. Das ist beispielsweise an der Bödinger Straße der Fall.
Zuerst wird ein Vorseil über Rollen eingezogen, das später die eigentlichen Leiterseile auf die Maste zieht. Die Seile werden mit Hilfe von Isolatoren-Ketten an den Traversen genannten Querstreben der Maste befestigt. Früher waren die Isolatoren aus brauner Keramik. Aber das ist lange her. „Heute verwenden wir gehärtetes Silikon“, sagt Bouillon. Das muss nicht so oft gereinigt werden.
Entschädigung für Eigentümer
Wenn alle Seile hängen, werden alle Baustellenspuren beseitigt und die Wege und Flächen an die Eigentümer übergeben. Die erhalten übrigens einmalige Entschädigungen dafür, dass sie ihr Land zur Verfügung stellen. Entschädigt werden sie auch, weil die Leiterseile über ihren Feldern hängen. Für die Rückgabe der Flächen legt sich Amprion fest: „Mindestens der ursprüngliche Zustand wird hierbei hergestellt.“