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LesermeinungenGeht die Dom-Illumination zulasten von Natur- und Umweltschutz?

Lesezeit 5 Minuten
Vor schwarzem Nachthimmel zeigen sich die Spitzen des Kölner Doms, die bis in alle Verzierungen und Erker ausgeleuchtet und klar zu erkennen sind.

Bis in die Domspitzen erhellt die neue Beleuchtung den Kölner Dom.

Kritiker des neuen Beleuchtungskonzepts für den Kölner Dom sehen Nachholbedarf beim Thema Lichtverschmutzung.  

Ab Ostersonntag erstrahlt der Dom in neuem Licht: 800 LED-Lampen anstelle der bisherigen Halogenstrahler ermöglichen dann eine spektakuläre Nachtansicht des Doms, der erstmals bis in die Spitzen ausgeleuchtet sein wird. Naturschutzverbände wie der BUND kritisieren die damit einhergehende Lichtverschmutzung, die zahlreiche Insekten und Tierarten bedrohe, die in Domumgebung leben. Leserinnen und Leser äußern ihre Meinung zum neuen Lichtkonzept:

„Lasst dem Dom seine Aura, das Numinose“

Der Anblick der Domspitzen, wie sie im Dunkel des nächtlichen Himmels fast verschwinden, hat sogar bei mir als Nichtgläubigem Gefühle von Erhabenheit und Ehrfurcht ausgelöst. Die neue Beleuchtung wirkt gerade an den Türmen wie vom Rummelplatz, aufdringlich und banal. Und das jede Nacht bis morgens früh? Bumsfallera? Um Himmels willen! Lasst dem Dom seine Aura, das Numinose. Zurückhaltung wäre auch im Sinne des Naturschutzes. Welche Auswirkungen hat diese Lichtverschmutzung etwa auf Fledermäuse und Greifvögel? Berthold Bell Köln

Köln: Nachholbedarf beim Thema Lichtverschmutzung

Vielen Dank für Ihren Bericht zum Thema Dombeleuchtung. Interessant ist die sehr unterschiedliche Gewichtung des Themas Lichtverschmutzung bei BUND und Nabu Köln. Gibt es beim BUND Köln eine eigene AG Lichtverschmutzung, so zieht sich der Nabu auf die fahrlässige Position „Da macht der Dom den Braten nicht fett“ zurück. Eben weil der Dom „das Highlight der Stadt ist“, wird hier die Chance vertan, ein Zeichen zu setzen, auf das Thema „Lichtverschmutzung“ hinzuweisen und die negativen Folgen für Gottes Schöpfung nicht zu ignorieren und kleinzureden.

Frau Modanese verweist bei dem Thema der Dombeleuchtung an die RWE und deren Sprecher versucht die Bedenken zu zerstreuen – Verantwortung geht anders. Mit 3000 Kelvin liegt die Beleuchtung übrigens im obersten Bereich der Lichtfarbe „warmweiß“ und es kommt zusätzlich auch auf die Helligkeit „Lumen“ an, davon ist leider nicht die Rede.

Warum wurde die Untere Naturschutzbehörde außen vor gelassen und warum wurden keine natur- und umweltschutzorientierten Lichtplaner einbezogen? Mir als Kölnerin fällt es nicht leicht, auf Düsseldorf als Vorbild zu verweisen, aber beim Thema Lichtverschmutzung ist uns Düsseldorf ein großes Stück voraus. Heidrun Lieder Köln

Dombeleuchtung: Beim Natur- und Umweltschutz noch „Luft nach oben“

Wenn Rheinenergie-Sprecher Eugen Ott mit Verweis auf das Bundesnaturschutzgesetz sagt, eine warmweiße Lichttönung von 3000 Kelvin sei für Insekten deutlich weniger anziehend als die bisherigen Halogenstrahler, so ist das nur die halbe Wahrheit. Das Bundesamt für Naturschutz empfiehlt, Lichtemissionen von Außenbeleuchtungen sollten allgemein und zwingend innerhalb und in der Nähe von Natur- und Landschaftsschutzgebieten eine korrelierte Farbtemperatur von maximal 3000, bestenfalls von maximal 2400 Kelvin aufweisen.

Aus diesem Grund sind für Schutzgebiete und nicht gesetzlich geschützte, aber naturschutzfachlich wertvolle Gebiete Leuchtmittel wie die orange leuchtenden Natriumdampf-Niederdrucklampen, Natriumdampf-Hochdrucklampen mit Beleuchtungsstärkeregulierung und LEDs mit möglichst geringem Blaulichtanteil, wie beispielsweise schmalbandige Amber oder PC Amber LED empfohlen, das heißt Farbtemperaturen von bis zu 1700 Kelvin. Hier wäre also bei gutem Willen noch deutlich Luft nach oben. Dazu gilt: Die Lichtemission oberhalb von 90 Grad sollte gleich null sein. Davon würden übrigens auch Zugvögel profitieren. Thomas Kamp Rheinbach

Dombeleuchtung maßvoll im Vergleich zu internationaler Illuminationspraxis

Ich bereise zurzeit den Irak. Hier, wie in anderen orientalischen Ländern, ist es gang und gäbe, die neue arabische Prächtigkeit der Architektur ins Licht zu stellen. Beispiel Dohuk: Nicht nur öffentliche Gebäude, auch Wohn-Hochhäuser werden hier nächtens spektakulär illuminiert und verwandeln die Großstadt nachts in ein gleißendes Lichtermeer. Angesichts solcher Welt-Praxis – in Asien ist es ähnlich – mutet es rührend an, wenn der BUND wegen „Lichtverschmutzung“ durch vergleichsweise lächerliche 800 LEDs am Kölner Dom den Untergang der Natur heraufbeschwört. Arno Kramer Bergisch Gladbach, zurzeit Dohuk, Irak

Dombeleuchtung: Moderne Urbanität sollte Lichtsmog reduzieren

Geradezu mit Entsetzen las ich über ein geplantes Beleuchtungskonzept, das den Kölner Dom demnächst mit 800 LEDs hell erleuchten soll, und dies von der Dämmerung bis zum Morgengrauen. Die Vogelwelt wird unstrittig von so einem nächtlichen Lichtsmog massiv in ihrem Tag-Nacht-Rhythmus gestört, den Tod der ohnehin gefährdeten Insekten nimmt man sehenden Auges hin.

Die Verantwortlichen sollten sich fragen, ob so eine durchgängige nächtliche Beleuchtung überhaupt noch modernen Stadtkonzepten und einem zukunftsweisenden, die Tierwelt berücksichtigenden Miteinander in einer modernen Metropole gerecht wird.

Bei einem Spaziergang flanierten wir Ende August 2019 kurz vor 23 Uhr die „Burgmauer“ entlang direkt auf den hell illuminierten Dom zu. Ein ohrenbetäubender Vogellärm war zu hören: Zahlreiche Vögel, offensichtlich in heller Aufregung, konnten wohl ihre Schlafplätze nicht erreichen, jedenfalls umschwirrten sie in chaotischem Flug den Dom. Dr. Sabine Czymmek Rösrath

Dombeleuchtung: Natur zahlt hohen Preis für Lichtverschmutzung

Die Anstrahlung des Doms bis in die obersten Spitzen mit mehr Lichtstärke und Helligkeit hat auch eine kritische Seite. Zur „Earth Night“ gab es eine einstündige Abschaltung des Doms und der Hohenzollernbrücke, um dem Nachhaltigkeitsgedanken Rechnung zu tragen. Lichtverschmutzung nimmt jährlich um 7 bis 10 Prozent zu. Die zunehmende Aufhellung des Nachthimmels hat deutliche Folgen für Menschen, Tiere und Umwelt.

Dr. Christopher Kyba, Uni Bochum und Helmholtz-Zentrum Potsdam, erhielt 2023 für seine Forschungen zu Lichtverschmutzung einen von der Bundesregierung geförderten Preis. Er konnte mithilfe der Auswertung von Beobachtungsdaten von zehntausenden Mithelfenden und anhand von Satellitendaten aufzeigen, dass sich etwa alle acht Jahre die Helligkeit des Nachthimmels verdoppelt.

Der Dom ist ein lebendes Biotop, der jährlich soviel Sauerstoff durch Photosynthese produziert wie ein kleiner Wald. Dort wachsen viele Pflanzen und es leben dort viele Tiere, Fledermäuse, Wanderfalken, Schleiereulen und der Hausrotschwanz als Gebäudebrüter. Hierzu gibt es eine Forschungsarbeit der Biologen Iris Günthner und Bruno P. Kremer, die 14 Jahre lang den Dom erforscht und das Buch „Die Ökologie des Doms“ veröffentlicht haben. Coletta Scharf Köln