Der BUND Köln ist schockiert von der geplanten neuen Dombeleuchtung. Zur Abmilderung der Lichtverschmutzung haben die Naturschützer konkrete Vorschläge.
„Lichtsünde“ Kölns?Naturschützer klagen neue Illumination am Kölner Dom an

Die Rheinenergie erprobt die neue LED-Beleuchtung des Kölner Doms.
Copyright: Joachim Frank
Gegen das neue Beleuchtungskonzept für den Dom regt sich heftiger Widerstand von Naturschützern. Die Pläne, das Äußere der Kathedrale von Ostern an mit insgesamt 800 LEDs in bisher ungekannter Intensität erstrahlen zu lassen, seien „ein richtiger Schock“, sagte Manuela Franke, Vorstandsmitglied des BUND Köln und Mitglied der „AG Lichtverschmutzung“. Sie sprach von einer weiteren „Lichtsünde“ Kölns.
Dass der Dom am Wochenende Teil der „Earth Hour“-Aktion mit zeitweiliger Verdunkelung der Städte war, sei „ein gutes Signal, über das wir uns gefreut haben, bis die Nachricht von der neuen Beleuchtung die Stimmung heruntergezogen hat“. Die Energie sparende LED-Technik führe dazu, dass der öffentliche Raum und besondere Gebäude nachts immer stärker erleuchtet seien. „Jahr für Jahr wird es auf der Welt um sechs Prozent heller. Köln macht da keine Ausnahme.“
Lichtverschmutzung verantwortlich für Insektensterben
Die Lichtverschmutzung sei neben dem Flächenverbrauch und dem Einsatz von Pestiziden der Hauptgrund für das Insektensterben mit seinen dramatischen Folgen für die Ökosysteme. „Die Insekten fliegen die Lichtquellen an und sterben vor Erschöpfung. Wenn wir jetzt lesen, dass die Beleuchtung des Doms künftig bis in die Turmspitzen vorgesehen ist, dann ist damit völlig klar, dass alles nur noch schlimmer wird.“ Der Dom sei kein „totes Gestein“, sondern ein eigener Lebensraum.
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Tatsächlich haben die Biologen Iris Günthner und Bruno P. Kremer von der Universität zu Köln vor Jahren die Flora und Fauna des Doms akribisch erforscht und dazu die Broschüre „Die Ökologie des Kölner Doms“ veröffentlicht. Die Experten ermittelten unter anderem eine Gesamtbiomasse von 1000 Tonnen – vornehmlich niedere Gewächse, die auf dem Mauerwerk siedeln und zu dessen charakteristischer Patina beitragen. Dazu ist der Dom Heimat zahlreicher Tierarten, von Insekten über Mäuse und Fledermäuse bis hin zu Rotschwänzen, Krähen, Möwen, Falken und Eulen. Kremer beschreibt den Dom als „sehr schönes, geschluchtetes Felsenbiotop mitten in der Großstadt“.
Wissenschaftler empfiehlt reduzierte Beleuchtung
Das neue Beleuchtungskonzept sieht auch Kremer nach eigenen Worten sehr kritisch, zumal die Ergebnisse seiner Arbeit am Dom dem Domkapitel und dem Dombaumeister bekannt seien. „Für die Pflanzen und Flechten ist es irrelevant, aber nachtaktive, lichtempfindliche Tiere wie Fledermäuse und Eulen leiden massiv unter der künstlichen Beleuchtung.“ Sie würden vertrieben, wenn der Dom die ganze Nacht angestrahlt wäre. Im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ empfahl der pensionierte Wissenschaftler, der zurzeit eine eigene Publikation zum Natur- und Artenschutz an Kirchengebäuden vorbereitet, „dringend eine reduzierte Beleuchtung“.
Am Niederrhein, berichtete Kremer, gebe es gerade von kirchlicher Seite derzeit Bestrebungen mit dem Ziel, Kirchen als Lebensraum etwa für die gefährdeten Fledermäuse zu erhalten. „Gotteshaus für Fledermaus“ nennt sich eine entsprechende Initiative der biologischen Station im Kreis Wesel.
Ein Minimalkompromiss bestünde auch aus Sicht des BUND darin, die Beleuchtung zu dimmen und sie phasenweise ganz abzuschalten. „Damit wäre schon mal viel geholfen.“
Naturschutz-Organisation Nabu sieht Dombeleuchtung entspannt
Entspannter als der BUND sieht die Schwester-Organisation Nabu die Planungen für das neue Beleuchtungskonzept. Grundsätzlich sei die Lichtverschmutzung in Großstädten tatsächlich „der Irrsinn“, sagte die Geschäftsführerin des Nabu Köln, Birgit Röttering, auf Anfrage. Das Problem in Köln aber nun ausgerechnet am Dom als „dem Highlight“ der Stadt festzumachen, halte sie für eine falsche Beschränkung. In unmittelbarer Umgebung des Doms würden zum Beispiel die Rheinbrücken intensiv angestrahlt, ebenso die City selbst. „Da macht der Dom den Braten nicht fett“, so Röttering.
Auf eine Bitte um Stellungnahme der Dombauhütte zur Kritik des BUND reagierte Sprecherin Pia Modanese mit dem vertröstenden Hinweis, alle Fragen zur neuen Dombeleuchtung würden kurz vor der Inbetriebnahme zu Ostern beantwortet. In Sachen Umwelt- und Tierschutz verwies sie auf die Rheinenergie als erste Adresse.
Rheinenergie sucht Bedenken zu zerstreuen
Deren Sprecher Eugen Ott suchte die Bedenken zu zerstreuen. Mit der neuen Beleuchtung würden sich die Verhältnisse für die Tierwelt am Dom verbessern, statt verschlechtern. Die LED-Technik ermögliche nicht nur eine punktgenaue Illumination mit weit weniger Streuverlusten als mit den bisherigen Halogenstrahlern, die in teils großer Entfernung vom Dom angebracht sind. Auch lasse sich die Lichtfarbe besser anpassen. Eine warmweiße Tönung von 3000 Kelvin sei für Insekten deutlich weniger anziehend. Das sei auch im Bundesnaturschutzgesetz ausdrücklich festgehalten. Unter dem Strich, so Ott, „haben wir ökologisch ein reines Gewissen“.
Die Stadt erklärte, die künftige Illuminierung des Doms berücksichtige den negativen Einfluss der Lichtverschmutzung auf Insektenbiomasse und -vielfalt. Ziele im Hinblick auf Klima und Umwelt seien ein verbesserter Insektenschutz sowie weniger Energieverbrauch und geringere Lichtemissionen. „Die zukünftige Illuminierung berücksichtigt dies und wird an den neuesten Maßstäben der Stadtbeleuchtung und den Vorgaben des aktuellen Lichtmasterplans ausgerichtet sein“, so Stadtsprecher Robert Baumanns. Die Auswirkungen der neuen Beleuchtung auf die Tierwelt am Dom könnten „nicht seriös abgeschätzt“ werden. „Einige Arten kommen trotzdem vor.“
Geteilte Finanzierung der Stromkosten
Zur Finanzierung der neuen Beleuchtung erklärte Baumanns, bis 1 Uhr nachts würden die Stromkosten über das Budget für Straßenbeleuchtung beim städtischen Amt für Verkehrsmanagement gedeckt. Danach komme der Verein „Leuchtendes Köln“ dafür auf. Beträge nannte der Sprecher nicht. Der Stromverbrauch werde sich erst nach Inbetriebnahme der Beleuchtung genau beziffern lassen.
Der BUND kritisierte zudem die Planungen für die neue Dombeleuchtung. Das von Domkapitel und Dombauhütte, Stadt Köln und Rheinenergie getragene Konzept sei nicht mit der Unteren Naturschutzbehörde abgestimmt. Einer Genehmigung habe es zwar nicht bedurft, räumte Franke ein. „Aber wir hätten uns mehr Rücksicht auf den Natur- und Artenschutz gewünscht.“ Auch forderte sie eine verbindliche Lichtlinie für Köln. Der „Lichtmasterplan“ von 2020 habe Aspekte wie Nachhaltigkeit und Umweltschutz nicht im Blick. „Da gibt es kaum Vorgaben. Die Rheinenergie macht im Grunde, was sie will.“
Auch dieser Darstellung trat die Stadt entgegen. In die Erstellung des Lichtmasterplans sei die Untere Naturschutzbehörde eingebunden gewesen. Zu Frankes Vorwurf, andere Städte seien im Kampf gegen Lichtverschmutzung sehr viel weiter als Köln, räumte Baumanns ein, in Köln stünden die Bemühungen tatsächlich „noch sehr am Anfang“. Bei der „Konkretisierung und Fortschreibung“ des Lichtmasterplans werde das Umweltamt „eine maßgebliche Rolle spielen“.
Ungeachtet dieser vagen Angaben zeigte Franke vom BUND sich überzeugt, „dass wir das auch in Köln hinkriegen. Wir sind dazu im Gespräch mit der Politik.“ Ob Ergebnisse noch vor der Kommunalwahl im September zu erwarten sind? Das, sagt Franke verhalten, „wird ein bisschen schwierig“.