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Kölner SpeckgürtelWie Hürth mit dem hohen Druck auf dem Wohnungsmarkt umgeht

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Ein Bündnis aus CDU und Grünen sowie ein Bürgermeister mit CDU-Parteibuch geben im Rathaus den Ton an.

Hürth – Hürth steht unter Druck: Die Nachfrage nach Wohnraum – Baugrundstücke wie Mietwohnungen – im Speckgürtel um Köln ist riesig; auch die Gewerbeflächen sind knapp. Die Einwohnerzahl wächst und damit die Anforderungen an die städtische Infrastruktur. Kitas und Schulen müssen neu- oder ausgebaut, Verkehrsangebote geschaffen werden.

Die Herausforderungen zwingen den Stadtrat in einen Spagat: Wie kann die Stadt wachsen und gleichzeitig lebens- und liebenswert bleiben?

Deutlich wird der Zielkonflikt am Baugebiet Efferen-West, dem größten Neubaugebiet in der Stadt. Hart wurde darum gerungen, wie dicht die 14 Hektar Acker an der Stadtgrenze zu Köln bebaut werden, wie viel und welcher Wohnraum dort entstehen soll – selbst innerhalb der schwarz-grünen Kooperation. In letzter Minute zurrten CDU und Grüne einen Kompromiss fest. Er sieht große Grundstücke für betuchte Häuslebauer ebenso vor wie Geschosswohnungsbau, dazu viel Grün. 300 Wohneinheiten werden entstehen, darunter 15 Sozialwohnungen – nicht eben viel für eine Fläche dieser Größe und in dieser Lage.

„Selbst wenn wir ganz Hürth zubauen würden, wären die Probleme auf dem Wohnungsmarkt damit nicht gelöst. Das Thema muss regional angegangen werden“, meint Bürgermeister Dirk Breuer, der seit 2015 als erster Christdemokrat nach fast vier Jahrzehnten an der Stadtspitze steht. So dient ein Wohnbaulandkonzept, das mögliche Flächen für Neubaugebiete auflistet, auch einer Beschränkung des Wachstums auf die Innenlagen der Stadtteile. Es soll auch Raum für vernetztes Grün quer über das Stadtgebiet bleiben. Um zehn Prozent – also 6000 Einwohner – soll Hürth bis 2030 wachsen. Die SPD kritisiert, dass zu wenig Wohnraum für einkommensschwache Familien geschaffen werde.

Neubaugebiet als Bewährungsprobe

Efferen-West war die Bewährungsprobe für das schwarz-grüne Bündnis, das seit der Kommunalwahl 2014 die Mehrheit im Stadtrat stellt. Die Grünen treten durchaus selbstbewusst auf. „Wir reden auf Augenhöhe“, sagt die Fraktionsvorsitzende Friederike Seydel. Die Jahre vorher im Bündnis mit der SPD sei das anders gewesen. Die größten Knackpunkte haben die neuen Partner im Kooperationsvertrag ausgeklammert: die Ortsumgehung Hermülheim, die von den Grünen abgelehnt wird, und die Braunkohle.

Einig sind sich die Partner bei der Haushaltspolitik. „Wir setzen auf Nachhaltigkeit“, sagt Björn Burzinski, der die CDU-Fraktion seit Oktober 2017 führt. Vor allem bei Schulen und öffentlichen Gebäuden müssten viele Versäumnisse aus der Vergangenheit aufgearbeitet und Millionen ausgegeben werden. Über Sparvorschläge wie eine Privatisierung der Sauna im Familienbad und den Einsatz von Honorarkräften an der städtischen Musikschule wird im Rat gestritten. SPD und Linke werfen dem Mehrheitsbündnis unsoziale Politik vor. Tatsächlich stellen sich die Hürther Finanzen aktuell viel besser da als erwartet. Das liegt aber vor allem an den sprudelnden Gewerbesteuerquellen.

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Auf der Strecke geblieben ist die Fraktionsgemeinschaft aus FDP und Piraten. Der Liberale Saleh Mati hat sich der SPD-Fraktion angeschlossen, Ex-Piratin Alexandra Osburg hat zwar inzwischen ein grünes Parteibuch, gehört aber nicht zur grünen Ratsfraktion.

Unterdessen signalisiert Dirk Breuer große Lust aufs Weitermachen. „Es gibt viele wichtige Vorhaben, die ich gern realisieren würde. Dafür ist eine Wahlperiode zu kurz.“ Als Beispiele nennt er die städtebauliche Entwicklung von Hermülheim und Efferen, die Grünraumvernetzung und den geplanten Stadion-Park in Alt-Hürth.

Wer den Amtsinhaber 2020 herausfordern wird, ist unklar. Die SPD sucht noch einen Kandidaten. „Wir werden uns die erforderliche Zeit lassen und uns nach allen Seiten umschauen“, sagt Lukas Gottschalk. Der 25 Jahre alte Student ist seit Dezember Parteichef. Fest steht nur, dass Fraktionschef Stephan Renner nicht wieder gegen Breuer kandidieren wird. Personalprobleme haben die Sozialdemokraten auch in den Stadtteilen. Anfang des Jahres wurden Distrikte zusammengelegt; aus acht wurden vier Parteigliederungen.